Quo vadis Cambodunum?

Kempten – Wie soll der neue Flächennutzungsplan 2040 aussehen?
Im Rahmen der Reihe „Bewegter Donnerstag“ luden das Kempten-Museum und das architekturforum allgäu zu einer Informationsveranstaltung mit nachfolgender Podiumsdiskussion ein. Thema war der neue Flächennutzungsplan 2040 der Stadt Kempten.
Unter den Besuchern waren auch Stadträte der Freien Wähler, der Grünen und der SPD und einige Mitarbeiter der Stadt Kempten auszumachen. Als Experten eingeladen waren der stellvertretende Amtsleiter und Sachgebietsleiter Bauleitplanung im Stadtplanungsamt Florian Eggert; der Dipl.-Ing. Architekt Martin Fladt, der über umfangreiche Erfahrungen in Bauforschung, Baudokumentation, Denkmalschutz, Sanierungsplanung, und Stadtentwicklung verfügt und die Dipl.-Ing. Architektin, Stadtplanerin und Regierungsbaumeisterin Annegret Michler, die 2015 in Kaufbeuren das Büro „Die Stadtentwickler“ gegründet hatte. Moderiert wurde die Diskussion von Franz G. Schröck vom architekturforum allgäu.
Kempten: Der Flächennutzungsplan 2040
Als karthographische Grundlage umfasst ein Flächennutzungsplan (FNP) alles, was die Bürger einer Stadt täglich nutzen: Existierende oder geplante Bauflächen, öffentliche Einrichtungen, Energieversorgungsanlagen, Verkehrswege und Grünflächen. Der FNP legt fest, welches Gesicht eine Stadt zeigt. 2009wurde der letzte erstellt, nun laufen die Vorbereitungen für einen Flächenutzungsplan 2040. So verstand sich die Veranstaltung auch als ein „Kick-offMeeting“, bei dem den Bürgerinnen und Bürgern der Ablaufplan vorgestellt wurde.
Florian Eggert zeigte, welche Fülle an Gutachten für einen FNP erstellt werden müssen. U.a. eine Starkregengefahrenanalyse, eine Bevölkerungsprognose und eine Stadtklimaanalyse. Darüber hinaus fließen bereits erstellte Gutachten in die Planung ein, wie das „Integrierte Stadtentwicklungskonzept“ (2014), das Einzelhandelskonzept (2020), das Mobilitätskonzept (2018) und die Voruntersuchung „Erweiterte Doppelstadt“.
Basis jedes FNP sei die Bevölkerungsprognose. Das Stadtplanungsamt geht von einem starken Bevölkerungswachstum von aktuell 71.000 Einwohner auf bis zu 78.000 im Jahr 2040 aus. Für Kempten bedeutet dies, dass bis 2040 Wohnbauflächen von 73.000 Quadratmetern benötigt werden. Der effektive Gewerbeflächenbedarf liegt bei 68.900 Quadratmetern. Beim Gewerbeflächenbedarf werde es laut Eggert zu einem Engpass kommen, da der Stadt hierfür rund 49.100 Quadratmeter Fläche fehlen. Eine Stadtklimaanalyse habe ergeben, dass es in Kempten lediglich eine moderate Übererwärmung im stark bebauten Innenstadtbereich gibt. Kempten profitiere hier von dem Durchfluss der Iller, die Kempten wie eine „Durchlüftungsbahn“ durchquert.
Bürger können sich beteiligen
Die Architekten und Städteplaner Annegret Michler aus Kaufbeuren und Martin Fladt aus Frankfurt gingen in Impulsvorträgen der Frage nach, wie Innenstädte weniger vom motorisierten Individualverkehr in Beschlag genommen werden, dagegen mehr Raum für nichtkommerzielle Nutzung entstehen kann.
Bei der Erstellung des FNP soll die Bürgerbeteilung eine Rolle spielen. Konkret bedeutet dies, dass im ersten Quartal 23 eine Online-Bürgerbeteilgung „e-Pin“ und im zweiten Quartal Perspektivwerkstätten für die vier Stadtbereiche stattfinden. Zum Ende des Jahres soll es öffentliche Informationsund Beteiligungsveranstaltungen geben. Für Ende 2024 ist vorgesehen, einen Feststellungsbeschluss zu fassen.
In der Diskussion mit dem Publikum zeigte sich, dass es in puncto Stadtentwicklung zwei Lager gibt. Für die einen scheint eine klimaneutrale Weiterentwicklung höchste Priorität zu besitzen, während andere wie u.a. Stadtrat Andreas Kibler (FW), aber auch anwesende Immobilienmakler den Fokus auf die Bereitstellung bezahlbaren Wohnraums und Wohneigentums legen wollen.
Von einem Vertreter der Immobilienbranche wurde die Befürchtung geäußert, Kempten könnte sich zu einem grünen Idyll ohne Individualverkehr und Einzelhandel entwickeln, „bezahlbar dann allerdings nur von einer reichen Oberschicht“.