Impfpflicht im Gesundheitswesen: Wer versorgt die Bedürftigen?

Ottobeuren – Seit 27 Jahren ist Susanne Vonier im Gesundheitswesen tätig: Sie ist gelernte Krankenschwester mit 35-jähriger Berufserfahrung und Inhaberin/Betreiberin des Pflegeheims Hafner Villa in Ottobeuren. Der KURIER hat sich mit ihr unterhalten.
Warum sehen Sie die Versorgung der Pflegebedürftigen in Gefahr?

Vonier: „Die Versorgung der Pflegebedürftigen, ob ambulant oder stationär, ist schon seit vielen Jahren durch den bestehenden Pflegenotstand schwer zu schultern. Durch die Coronakrise und die geplante Verordnung einer Impfpflicht im Gesundheitswesen hat sich die Situation noch zugespitzt. Ich bekomme täglich fünf bis zehn Anfragen nach einem Pflegeplatz bzw. Kurzzeitpflegeplatz. Die Angehörigen und auch Mitarbeiter der Sozialdienste von Kliniken und Rehaeinrichtungen sind bei der Suche geradezu verzweifelt und kommen an ihre Grenzen. Besonders tragisch ist es, wenn Angehörige wichtige, geplante Operationen nicht wahrnehmen können, da sie die benötigte Versorgung ihrer pflegebedürftigen Angehörigen nicht sicherstellen können. Immer mehr Einrichtungen müssen auf Leihpersonal zurückgreifen oder Betten abbauen. Dies kann keine Lösung für die Zukunft sein! Ich würde sogar so weit gehen, dass wir aktuell schon eine selektierende Triage bei der Versorgung von Pflegebedürftigen im ambulanten wie im stationären Bereich vorliegen haben.“
Und deshalb halten Sie die Impfpflicht im Gesundheitswesen für fatal?
Vonier: „Ich denke es ist nicht ausschlaggebend, was ich persönlich von der Sinnhaftigkeit einer Impfpflicht halte. In diesem Zusammenhang stellt sich doch viel eher die Frage, was kann der Impfstoff überhaupt und was bringt er für das Gesundheitswesen? Lassen wir doch kurz das letzte Jahr Revue passieren. Uns wurden vier weiterhin bedingt zugelassene Impfstoffe von der Politik und ihren Experten präsentiert, die als sogenannte ‚Gamechanger‘ der Pandemie dargestellt wurden. Alle wurden als ausnahmslos sicher, wirksam und ohne großartige Nebenwirkungen oder Spätfolgen dargestellt. Zweimal ‚Piksen‘ und die Welt ist wieder in Ordnung und weil die Impfstoffe so gut schützen, tragen wir alle trotzdem weiter Masken und halten Abstand zueinander! Aktuell werden interessanterweise ausschließlich die sogenannten mRNA Impfstoffe priorisiert. Wir sind nun schon bei der Notwendigkeit einer dritten Impfung angelangt und weitere Impfdosen wurden als absolut nötig in den Raum gestellt. Allein in meinem beruflichen Umfeld kenne ich derzeit fünf Personen, die doppelt geimpft und zudem ‚geboostert‘ sind. Dennoch erkrankten sie an der Corona-Variante Omikron und können ihre Mitmenschen anstecken.“
Sie zweifeln also an der Wirksamkeit des Impfstoffes?
Vonier: „Omikron ist nachweislich ansteckender, die Verläufe sind dafür deutlich harmloser. Dies ist sehr gut zu erkennen an der aktuell hohen Inzidenz und der stetig fallenden, niedrigen Hospitalisierungsrate. Ich würde sagen, von anfänglich durch die Politik kleingeredeten Impfdurchbrüchen sind wir mittlerweile bei einem klaren Impfstoffversagen angekommen. Dass die Omikron Variante allgemein leichte Verläufe aufzeigt, ob ungeimpft, geimpft und geboostert‘, wird von den meisten Menschen nicht realisiert bzw. ignoriert. Fazit: Der Impfstoff trägt nicht zu einer entscheidenden Immunisierung bei und selbst bei einer Impfquote von 100 Prozent wäre ganz offensichtlich keine sterile Herdenimmunität erreichbar. Unter diesen Umständen ist eine Impfpflicht nicht mehr zu rechtfertigen und aus meiner Sicht obsolet. Sie verschärft lediglich den Pflegenotstand - unabhängig von der Tatsache, dass die Impfstoffe grundsätzlich nur mäßig bis überhaupt nicht bei der derzeitigen Variante wirken.“
Was werfen Sie der Politik vor?
Vonier: „Politiker und Medien haben über viele Monate Ängste verbreitet und damit die Menschen geradezu in eine Panik getrieben. Die Politiker zeigen keinen Weg zur Überwindung oder Beruhigung auf, was eigentlich ihre Aufgabe wäre. Ich bin in großer Sorge, ob ein Teil unserer Gesellschaft dieses Trauma unbeschadet überstehen wird. Es gibt übrigens nicht nur Ängste vor einer Erkrankung, sondern vielerlei andere Themen wie Existenzängste, soziale Isolation oder Verlust der Rechtstaatlichkeit. Es kann in einer liberalen Gesellschaft auch nicht sein, dass eigentlich im Volksauftrag arbeitende Politiker oder Experten festlegen, welche Ängste richtig und welche falsch sind. Auch Menschen, die der neuen Impfung gegenüber kritisch eingestellt sind, müssen gehört werden. In meinem Leben habe ich viele Impfungen erhalten, diese herkömmlichen Impfstoffe hatten eine durchschnittliche Entwicklungszeit von zehn bis 15 Jahren. Diese neuen Impfstoffe wurden innerhalb von nur neun Monaten entwickelt. In den veröffentlichten Fachinformationen der European Medicines Agency (EMA), kann man dazu ganz offiziell lesen, dass es keinerlei Studien bezüglich Krebsrisiken oder möglicher Genschädigungen gibt. Auch über Langzeitschäden oder Spätfolgen liegen zur großen Verwunderung keinerlei Daten vor! Auf diese Dinge wird keinerlei Augenmerk gerichtet und sie werden nicht kommuniziert.“
Was wünschen sie sich von der Politik?
Vonier: „Ich würde eine grundlegende Deeskalation und Beruhigung der Bevölkerung begrüßen. Geradezu martialische Positionen und Aussagen, wie auch klare Ausgrenzung anderslautender Meinungen, müssen unverzüglich aufhören. Gesundheitsminister Karl Lauterbach würde ich eine klare Entschuldigung gegenüber den Menschen im Gesundheitswesen empfehlen. Diese hatte er wiederholt und lautstark attackiert, weil sie sich aus verschiedensten Gründen nicht impfen lassen möchten. Er stellte gar öffentlich in Frage, ob diese Personen überhaupt geeignet seien für ihren Beruf. Was wir aber alle sicher wissen, ist die Tatsache, dass diese Pflegekräfte während der gesamten Pandemie gut genug waren, für alle bedürftigen Menschen tagtäglich und ohne Unterlass rund um die Uhr da zu sein!“
Sie hatten im November 2020 ein Infektionsgeschehen mit SARS-CoV-2 in Ihrer Einrichtung. Was können Sie uns über Ihre Erfahrungen aus dieser Zeit berichten?
Vonier: „Wir haben die Infektionswelle gut überstanden. Die Mortalitätsrate in meinem Haus unterschied sich in keiner Weise zu den Vorjahren. Die große Herausforderung während dieser Wochen war das fehlende Personal durch angeordnete Quarantänen. Bis auf wenige Fälle hatte der Großteil der Infizierten im Heim leichte und unproblematische Grippesymptome und kam sehr gut durch die Erkrankung. Die wenigen Fälle mit Problemen hatten multiple Vorerkrankungen, die auch bei einer Influenza oder einer bakteriellen Atemwegsinfektion problematisch gewesen wären. Es hat den Anschein, dass das gesamte Konzept der natürlichen Immunität in der Politik weitgehend ignoriert wird, obwohl es wissenschaftliche Abhandlungen gibt, die über 100 Studien zur natürlichen Immunität gegen COVID-19 betrachten. Die heute verfügbaren Beweise zeigen, dass die natürliche Immunität real und beständig ist, besser als die Immunität, die durch den Impfstoff verliehen wird. Denn die natürliche Immunität erfasst das ganze Virus SARS- CoV-2 und der Impfstoff konzentriert sich lediglich auf das Spike-Protein. Aufgrund unserer umfassend durchgeführten, hauseigenen Antikörperstudie können wir in der Hafner Villa davon ausgehen, dass wir bereits eine Immunisierung von circa 65 Prozent haben. Diese Studie werden wir auch weiterhin fortführen.“
Das klingt, als zweifeln Sie nicht nur an der Wirksamkeit der Impfung, sondern auch an den Zahlen, die uns seitens der Politik präsentiert werden?
Vonier: „Wussten Sie, dass jeden Tag in Deutschland im Durchschnitt 2.600 Menschen versterben? In Pflegeheimen allein sind täglich circa 900 Menschen betroffen – also ungefähr ein Drittel. Seit Beginn der Pandemie im März 2020 bis Oktober 2021 (20 Monate) verstarben in Deutschland 95.882 Menschen mit oder an Corona (Quelle: RKI) – das bedeutet 157 pro Tag im Zusammenhang mit dem Virus. Laut RKI waren 85 Prozent dieser Verstorbenen über 79 Jahre, das entspricht wiederum in etwa der durchschnittlichen Lebenserwartung in Deutschland. Daran sieht man vielleicht einmal die wahre Relation zur Pandemie.“
Was war für Sie als Inhaberin und Betreiberin Ihres Pflegeheims am schwierigsten?
Vonier: „Die größten Schwierigkeiten ergaben sich aus Quarantäneanordnungen des Gesundheitsamtes. Alle Bewohner mussten daraufhin in ihrem Zimmer verweilen, egal ob gesund oder infiziert. Dies sorgte bei den symptomlosen, genesenen und den negativ getesteten Bewohnern verständlicherweise für großen Unmut und Traurigkeit. Eine betagte Bewohnerin äußerte dazu treffend: ‚dass die Menschen im Heim schließlich keinerlei Zeit zu verschenken haben. In meinem Alter ist mir Lebensqualität wichtiger als Lebensquantität‘. Für meine Mitarbeiter war das Arbeiten mit Schutzkleidung und FFP2-Masken, häufigen Zwölfstunden-Tagen bei teils schwerer körperlicher Arbeit, kaum freie Wochenenden, Kopfschmerzen, Schwindel und Bluthochdruck kaum tragbar. Die Belastungen standen im krassen Gegensatz zu den bisher geltenden Regeln und Vorgaben (Arbeitsschutz) zum Schutz der Mitarbeiter. Die Grundaufgabe unserer Einrichtung, nämlich das sinnvolle ‚Dasein‘ für unsere Bewohner, konnte nahezu nicht mehr gelebt werden. Man mag sich gar nicht vorstellen, wie viele Heimbewohner in Deutschland in dieser Zeit ohne jedweden Beistand durch die Familie oder das Pflegepersonal einsam und allein verstorben sind. Die Frage sei erlaubt: Geht es hier letztlich wirklich um den Schutz der Menschen und um Gesundheit?“
Interview: Melanie Springer-Restle