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Jahresrückblick 2022: Mindelheim hat sich trotz Weltkrisen die Freude nicht nehmen lassen

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Von: Marco Tobisch

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Das Ehepaar Frundsberg – Wolfgang Streitel als Georg von Frundsberg und Frau Regina als Anna von Lodron – tafelten bei der Eröffnung im „Zelt der Kaisergarde“ auf der Mindelburg.
Gelungene Generalprobe aber letztlich nur ein „Warmlaufen“ für das echte Frundsbergfest, das 2023 wieder stattfindet: Die Frundsbergs (Wolfgang und Regina Streitel) bei der „Heimkehr von Bicocca“. © Tobisch

Mindelheim – Wussten Sie, dass ein Mindelheimer in diesem Jahr eine Olympia-Medaille gewonnen hat? Oder könnten Sie beantworten, welche bedeutende Mindelheimer Institution heuer stolze 160 Jahre alt wurde? In einem Jahr, das mit so vielen Veranstaltungen, Highlights und Geschichten gefüllt war, will der Wochen KURIER an dieser Stelle nochmal einen Überblick geben.  

Gerade hatte man gedacht, Corona sei halbwegs überstanden, da brach mit dem Angriffskrieg auf die Ukraine die nächste Krise herein. Daran erinnerte Bürgermeister Dr. Stephan Winter zu Beginn seiner diesjährigen Weihnachtsansprache. Die „neue, nicht vorstellbare Katastrophe“ habe „unsägliches Leid“ und neue Flüchtlingsströme verursacht und nicht zuletzt spüre auch jeder einzelne Bürger die Kriegsfolgen am eigenen Geldbeutel (Stichwort Energiekrise).

Auch der Stadtrat, der erstmals nach 2019 wieder zu einer feierlichen Jahresschlusssitzung zusammenkam, musste sich der Krisensituation anpassen – so wurde heuer etwa darüber gesprochen, wie die Stadt im Fall eines Blackouts aufgestellt wäre. Und auch in Sachen Frei­flächen-Photovoltaik (unter anderem im Gleisdreieck) und bei der Windkraft will man nun Gas geben. Derzeit ist die Stadt noch auf der Suche nach einer fachkundigen Anwaltskanzlei, die bei brisanten Fragen aus dem Bereich Gesellschafts- und Energierecht zur Seite steht, ehe die Räte im nächsten Frühjahr zu einer Windkraft-Klausurtagung zusammenkommen.

Das „Ja“ zur Windkraft war übrigens einer von 198 Beschlüssen, die die 24 Mitglieder des Stadtrates heuer gefasst hatten – rund 85 Prozent davon sogar einstimmig. Zu 49 Sitzungen des Stadtrates bzw. der Ausschüsse hatte Bürgermeister Winter die Räte heuer eingeladen – wobei auch der neue Zweite Bürgermeister Roland Ahne (SPD) im Sommer – und das durchaus souverän – eine Sitzung leitete, als Winter im Urlaub weilte.

Neu: Roland & Roland an Bürgermeister Winters Seite

Dass Ahne der neue Vize im Rathaus ist, war ebenfalls eine der großen Nachrichten in diesem Jahr: Im Juli hatte Hans Georg Wawra sein Amt als Zweiter Bürgermeister aus gesundheitlichen Gründen niedergelegt. Er wurde am Montag letzter Woche feierlich verabschiedet. Als Dritter Bürgermeister für Ahne rückte Roland Peter (Freie Wähler) nach; den durch Wawras Rückzug frei gewordenen Platz im Stadtrat füllte Alfred Beilhack, der bereits bis 2020 im Gremium saß und nun sein Comeback feierte.

Nach dem gesundheitsbedingten Rücktritt von Hans-Georg Wawra hat Bürgermeister Dr. Stephan Winter (v. links) wieder zwei Stellvertreter: Zweiter Bürgermeister ist seit Montag offiziell Roland Ahne, Dritter Roland Peter. Bei den Freien Wählern wird Wawra durch Listennachfolger Alfred Beilhack ersetzt, er wurde am Montag offiziell vereidigt.
Nach dem gesundheitsbedingten Rücktritt von Hans-Georg Wawra hat Bürgermeister Dr. Stephan Winter (v. links) wieder zwei Stellvertreter: Zweiter Bürgermeister ist nun Roland Ahne, Dritter Roland Peter. Bei den Freien Wählern wurde Wawra durch Listennachfolger Alfred Beilhack ersetzt. © Tobisch

Unverändert ist derweil die Situation am Arbeitsmarkt: Mit zwei Prozent Arbeitslosigkeit zählt das Unterallgäu zu den stärksten Landkreisen in Deutschland. „Der Wirtschaft geht es nach wie vor gut. Hoffen wir, dass es so bleibt“, erklärte auch Bürgermeister Dr. Stephan Winter. Diesem Umstand (auch in Krisenzeiten) ist es auch zu verdanken, dass prognostizierte Einbrüche bei den städtischen Einnahmen, etwa bei der Gewerbesteuer, ausblieben. Darüber hatte auch Kämmerer Wolfgang Heimpel kürzlich im Stadtrat berichtet. So konnten die Kredite um rund 450.000 getilgt werden, sodass die Stadt trotz Schulden in Höhe von 5,2 Millionen Euro im Grunde schuldenfrei ist – denn diesem roten Betrag stehen zum Jahresende 2022 Rücklagen von 10,8 Millionen Euro gegenüber.

Prognose für 2023

Im neuen Jahr rechnet die Stadt mit einer ähnlich hohen Gewerbesteuer, wenngleich deren Höhe wegen der Krisen schwer abzusehen sei, heißt es aus der Kämmerei. Doch weil die Personalkosten sowie auch die Energiekosten laut Bürgermeister Winter steigen werden, ist der Spielraum für Investitionen im nächsten Jahr knapp – zumal bereits kostenintensive Vorhaben geplant sind wie der Neubau der Kindertagesstätte „Miteinander“, die Generalsanierung der Stadtbücherei, die Umgestaltung im Bereich Maristenkolleg/Schwabenwiese und der Neubau des Bauhofs. Winters Finanzaussichten für 2023: „Wir hoffen, dass es nicht signifikant schlechter wird.“

Große Pläne in Mindelheim hat auch der Klinikverbund Allgäu, der mit einer neu strukturierten Klinik der kurzen Wege den Klinikstandort Mindelheim stärken und erhalten will – ein Zeichen, das die Stadträte beim Bekanntwerden der Pläne sehr zu begrüßen wussten, während die massiven neuen Bauten unmittelbar an der Krankenhausstraße bzw. an der Bad Wörishofer Straße zum Teil auch „Bauchschmerzen“ unter den Räten verursachten. Was im Lauf der nächsten rund zehn Jahre entstehen soll, darüber informierten die Klinikverantwortlichen vor wenigen Wochen in einem rund vierstündigen Infovortrag, zu dem 80 Interessierte gekommen waren.

Dieses Modell des Klinikneubaus können interessierte Bürger seit Montag im ersten Stock des Rathauses zu den üblichen Öffnungszeiten besichtigen. Auf Wunsch erläutern Mitarbeiter des Bauamts das Modell.
Dieses Modell des Klinikneubaus konnten interessierte Bürger zuletzt im ersten Stock des Rathauses besichtigen. © Beck

„Bauchschmerzen“ hatten zahlreiche Bürger dieses Jahr auch, als die Nachricht die Runde machte, in Mindelheim gebe es ab nächstem Jahr keine Post mehr. Muss eine Kreisstadt mit inzwischen 16.202 Einwohnern künftig ohne persönliche Berater, die Briefe und Pakete entgegennehmen und stets für ein nettes Gespräch offen sind, auskommen? Zumindest stellte Bürgermeister Winter im Herbst klar, dass nur die Postbank und nicht die Post ihre Filiale schließt – die „Briefpost“ war quasi Mieter und ist nun auf der Suche nach einem neuen Zuhause. Im Rennen waren zum Ende des Jahres zwei Einzelhändler, die das Geschäft der Deutschen Post im Lauf des nächsten Jahres übernehmen könnten. Entschieden ist bislang nichts. Der Stadtrat hatte vor wenigen Wochen noch ein Schreiben an die Post auf den Weg gebracht. Darin heißt es, dass die Qualität des jetzigen Standortes in der Landsberger Straße mindestens erhalten bleiben müsse.

Olympia-Silber und Ende einer großen Karriere

Gezittert wurde auch im Sport: Der TSV Mindelheim hatte sein Abenteuer Bezirksliga nach nur einem Jahr wieder beenden müssen, mit dem 2:4 gegen Heimertingen war der Abschied der Fußballer besiegelt. Und auch in der Kreisliga läuft längst nicht alles nach Plan – mit 17 Punkten befindet sich der TSV zum Jahreswechsel knapp über der Abstiegszone. Ein Lichtblick war die Nominierung von Mittelfeldspieler Tobi Hovanjek zum „Bayern-Treffer des Monats“ – ein herrlicher Fallrückzieher gegen Buchloe.

Tobi Hovanjek vom TSV Mindelheim
Tobi Hovanjek vom TSV Mindelheim war heuer für den „Bayern-Treffer“ des Monats nominiert. © TSV Mindelheim

Ebenfalls auf großer Bühne auf sich aufmerksam gemacht hat der Mindelheimer Skifahrer Julian Rauchfuss, der bei den olympischen Winterspielen in Peking Silber holte – im Finale des Teamwettbewerbs war Rauchfuss eigentlich als Ersatzmann vorgesehen gewesen, durfte dann aber kurzfristig ran – und freute sich über Edelmetall. Damit tritt der Skifahrer auch in die Fußstapfen eines anderen Mindelheimer Wintersport-Stars: Eishockey-Spieler Patrick Reimer hatte bei der vorherigen Olympiade ebenfalls die Silbermedaille geholt, sorgte zuletzt aber in anderer Sache für Schlagzeilen. Reimer, seit letzter Saison punktbester Spieler in der Historie der deutschen Eishockey-Liga, gab im Dezember bekannt, dass er seine Schlittschuhe im Sommer an den Nagel hängt – übrigens pünktlich zum Frundsbergfest, bei dem Reimer stets in historischem Gewand anzutreffen ist.

Apropos Frundsbergfest: Weil dieses pandemiebedingt auf Sommer 2023 verschoben wurde, organisierte der Frundsberg Fest­ring mit der „Heimkehr von Bicocca“ ein „Mini-Ersatz-Frundsbergfest“ (Winter) auf der Mindelburg und auf der Schwabenwiese an zwei Wochenenden. Fazit: „Wir haben uns gut warmgelaufen für das richtige Frundsbergfest im nächsten Jahr“, resümierte Frundsberg-Darsteller Wolfgang Streitel.

Überhaupt wurde endlich wieder gefeiert in Mindelheim. Und auch Petrus hatte offenbar genug von Corona, denn er sorgte an nahezu allen Party-Wochenenden für prächtiges Wetter – so etwa beim erstmals durchgeführten Stadtgrabenfest, beim Inselfestival auf dem Gelände der Kulturfabrik, bei der türkisch-alevitischen Nacht, bei der Vino Miglia und der Oldtimer-Rallye, beim Sommer in der Stadt, der Altstadtnacht mit ihren 105 Einzelveranstaltungen oder dem Kathrinenfest. Ganz besonderes kulturelles Highlight war wieder das Mondlicht Open Air auf der Schwabenwiese, das rund 7.800 Besucher anlockte – und das, obwohl erstmals Eintritt verlangt wurde. Mit einem Handy-Taschenlampen-Lichtermeer und einem Feuerwerk fand das Event einmal mehr einen unvergesslichen Abschluss.

Neue Kita

Eine ganz andere Baustelle – im wahrsten Sinne des Wortes – sind derweil die Bauprojekte, die die Stadt heuer angestoßen oder abgeschlossen hat. Bürgermeister Winter nannte in der Jahresschlusssitzung unter anderem die Sanierung der Rathausfassade (400.000 Euro Kosten), die Erneuerung des Flachdachs der Grundschule sowie den Einbau einer Kindergarten- und Krippengruppe (Anna-von-Teck-Kita) in den Räumen der ehemaligen Kita St. Stephan, die im Sommer ihr neues Domizil auf der Lautenwirtswiese bezogen hat. Erschlossen wurden neue Baugebiete in Oberauerbach und östlich der Krumbacher Straße, ein weiteres wird in Nassenbeuren vorbereitet. Außerdem wurde der Radweg von Mindelheim nach Oberauerbach saniert. Neu dazugekommen ist auch eine Grundschule, die St. Josef-Schule.

Damit stellt die „Familienstadt“ Mindelheim weitere Weichen. Passend dazu: Vor wenigen Wochen erreichte die Stadt in einem Ranking des Magazins „Kommunal“ den siebten Platz unter Deutschlands familienfreundlichsten Städten (zwischen 10.000 und 20.000 Einwohnern).

Doch nicht nur für junge Mitbürger engagierte sich die Stadt, auch für ältere Semester gab es Aktivitäten: Stolze 1.178 ehrenamtliche Stunden investierten die Nachbarschaftshelfer, im Rahmen des Weltalzheimertages fanden im September außerdem mehrere Aktionstage im Zeichen der Demenzhilfe statt. Besonders lukratives Angebot seit diesem Sommer: Die Malteser chauffieren Senioren und nicht mobile Menschen auf einer Rikscha durch die Stadt – auf gemütlichem Sitzpolster und mit freier Sicht auf die Umgebung. Der Wochen KURIER durfte bereits mitfahren. Testurteil: Sehr gut!

16 Jahre lang verkörperte Herbert Kugler (rechts) den Georg von Frundsberg – seine „Paraderolle“, wie Zweiter Bürgermeister Roland Ahne (links) sagte. Für diesen und viele weitere Verdienste für die Stadt wurde ­Kugler nun mit dem Goldenen Ehrenring der Stadt Mindelheim ausgezeichnet.
16 Jahre lang verkörperte Herbert Kugler (rechts) den Georg von Frundsberg – seine „Paraderolle“, wie Zweiter Bürgermeister Roland Ahne (links) sagte. Für diesen und viele weitere Verdienste für die Stadt wurde ­Kugler nun mit dem Goldenen Ehrenring der Stadt Mindelheim ausgezeichnet. © Tobisch

Weitere besondere Momente im Mindelheimer Jahr 2022: Herbert Kugler erhielt den Goldenen Ehrenring der Stadt Mindelheim – eine Ehre, die derzeit mit Altbürgermeister ­Erich Meier und Karlheinz Drexel nur zwei weitere noch lebende Mindelheimer teilen (Manfred Schmid ist Ehrenringträger aber seit 2018 auch Ehrenbürger). Kugler war neben Stadträten (mit Partnern), Ortssprechern und Ehrengästen ebenfalls Besucher der Jahresschlusssitzung, wo Bürgermeister Winter angesichts eines Jubiläums schmunzeln musste – seines eigenen 20-jährigen Bürgermeister-Jubiläums. „Der Haaransatz ist noch nicht nennenswert zurückgegangen“, so Winters Kommentar zum Damals-Heute-Vergleich seiner Porträtfotos, die auf der Leinwand des Forums zu sehen waren.

Ebenfalls kaum gealtert, vielmehr sogar bestens modernisiert und bereit für Aufgaben aller Art, ist die Feuerwehr Mindelheim, die im September ihr 160-jähriges Bestehen feierte – und dazu einen Tag der offenen Tür mit buntem Rahmenprogramm organisierte.

Marco Tobisch

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