Der PMD unterstützt stationäre Patienten beider Kliniken mit lebensbegrenzenden Organ-, Hirn- oder Tumorerkrankungen, nimmt aber auch die Sorgen der Nahestehenden und das Stationsteam intensiv in den Blick. Er wurde 2018 durch das Pallium Palliativ Team Memmingen-Unterallgäu initiiert, das seit zehn Jahren auch die ambulante (also häusliche) spezialisierte Palliativversorgung (SAPV) in der Region leistet.
Bitten das Stationsteam und die Betroffenen darum, entsendet Pallium speziell ausgebildetes Personal in die Kliniken. Diese Form des PMD, von extern in die Kliniken eingebracht, ist nach mehr als vier Jahren deutschlandweit immer noch einmalig. Grund ist deren unzureichende Finanzierung, obwohl stationäre Palliativkonsildienste nachweislich Kosten für das Gesundheitssystem senken sowie vor allem die Behandlungs- und Lebensqualität von Patienen steigern.
Die herzkranke Rosa erhält auf Anraten des PMD Morphin. Vielen als Schmerzmittel bekannt, ist es in kleinen Dosen gut wirksam bei Atemnot. Als sie wieder aufatmen kann, lehnt Rosa die angebotene Herzklappenoperation dennoch ab. „Wochenlange Reha? Nein, lieber Zuhause sein, Kinder und Enkel zu Besuch“, das wünscht sie sich, auch wenn es unter Umständen Lebenszeit kosten mag.
Rosas erwachsene Kinder sind erstmal entsetzt. Dr. Sittl und ihre Kollegin Palliative-Care-Fachkraft Monika Gaßner, planen ein Familiengespräch. Ziel ist es zu vermitteln, dass Rosa, ehemals aktive Bergsteigerin, jetzt bettlägerig und hilfsbedürftig, ihr Leben nach ihren Vorstellungen, ohne Verlängerung ihres Zustands, zu Ende leben möchte, erklärt Gaßner. Es gelingt. Zudem wird ein Notfallplan erstellt, der auflistet, was Rosa im Notfall will: keine künstliche Flüssigkeit und keine künstliche Ernährung, wenn sie noch schwächer wird; keine Antibiotika, falls eine Infektion auftritt und nicht mehr in die Klinik. Auch Rosas Hausärztin wird informiert.
„Hätten wir doch schon früher gewusst, dass es Sie gibt“, hört Christiane Bachmayr am nächsten Tag, als sie bei Rosa und deren Sohn am Bett sitzt. Bachmayr, Vertreterin der sozialen Arbeit hilft im PMD bei der Organisation der Weiterversorgung und der Erstellung einer Vorsorgevollmacht. So kann der Sohn, wenn Rosa selbst nicht mehr in der Lage ist, dem Willen seiner Mutter Ausdruck verleihen.
Rosa kann in der Folge zu ihrem Sohn nach Hause entlassen werden und verstirbt dort friedlich betreut durch ihre Hausärztin. Mit dem palliativmedizinischen Konsildienst können die Kliniken Mindelheim und Ottobeuren im Klinikverbund Allgäu gGmbH, ähnlich einer Palliativstation, wohnortnahe stationäre palliative Versorgung anbieten, die bis in den ambulanten Bereich wirkt, freut sich der Initiator Dr. Manfred Nuscheler. Er ist Chefarzt an den Kliniken und ehrenamtlicher Geschäftsführer der Pallium gGmbH sowie Vorstandsmitglied beim Sankt Elisabeth Hospizverein Memmingen-Unterallgäu, zwei maßgeblichen Akteuren der Unterallgäuer Palliativversorgung.
Es werde zu viel über Sterbehilfe diskutiert, anstatt den Fokus auf Lebenshilfe zu legen, meint Dr. Ruth Sittl, Palliativmedizinerin und ärztliche Leitung des PMD. Die aktuelle Kampagne „dasistpalliativ“ der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin tritt dem entgegen und bietet Information über Palliativversorgung.
Ein weiterer Tipp des Klinikverbundes: „Vermeiden Sie Ratlosigkeit und Überforderung. Wenn eine vertraute Person Ihre Behandlungswünsche und Ihre Behandlungsgrenzen kennt und für Sie sprechen darf, wird es leichter, sie zu erfüllen. Erstellen Sie eine Patientenverfügung und erteilen Sie eine Vorsorgevollmacht.“ Informationen und Formulare sind zu finden beim Bayerischen Staatsministerium unter www.stmgp.bayern.de/meine-themen/fuer-patienten/ .
Dr. Nuscheler betont außerdem, wie hilfreich es für Schwerkranke ist, wenn sich betroffene Angehörige sich rechtzeitig an Palliativspezialisten wenden. Er weist darauf hin, dass Hausärzte die Betroffenen auch explizit zur palliativen Mitbetreuung durch den Palliativdienst in die Unterallgäuer Kliniken einweisen können.
wk