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Rauchverbot: Streit ums Schlupfloch beim Wirt

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Sebastian Frankenberger nach dem gewonnenen Volksbegehren. © dpa

München - Das Volk hat gesprochen. Dann mussten die Beamten schreiben. Mit umfangreichen Vollzugshinweisen erklärt das Umweltministerium, wie das Rauchverbot nach dem Volksentscheid gehandhabt werden soll. Gibt es erneut Ausnahmen?

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Ein kleines Schlupfloch, ein Qualmloch, lassen die Ministerialen den Rauchern. Bei privaten geschlossenen Gesellschaften in abgeschlossenen Räumen ohne Öffentlichkeit gilt das sonst sehr strikte Rauchverbot nicht. Die Beispiele, die das Umweltministerium dafür nennt, sind zwar arg unglücklich: Familienfeiern wie eine Taufe könnten solche Veranstaltungen sein – Säuglinge im Zigarettenqualm? Klar ist aber, dass einfache Raucherclubs nicht dazu gehören.

Nichtraucherschutz in Bayern:

Die Bestimmungen im Einzelnen 

Politisch wurden die Hinweise mit Interesse erwartet. Setzt die Regierung das vom Volk verfügte strikte Verbot um? Wird getrickst, geschlampt? Das Misstrauen ist nicht unbegründet. Mit einer früheren Fassung von Vollzugsbestimmungen hatten die Beamten das Rauch-Chaos aus Versehen verschlimmert: In einem Halbsatz ließen sie das Schlupfloch für die Raucherclubs offen, nicht ahnend, dass das zigtausende Club-Gründungen auslöste.

Diesmal dürften die Folgen der Ausnahme geringer sein. Die Initiatoren des Volksentscheids sind einigermaßen zufrieden. „Prinzipiell hätte ich mir gewünscht, dass es gar keine Ausnahmen gibt“, sagt der ÖDP-Politiker Sebastian Frankenberger und verweist auf das Vorbild Baden-Württemberg. Er will wegen der Familienfeiern aber nicht Alarm schlagen. Frankenberger lobt statt dessen, dass auch Vereinsheime ohne Schankgenehmigung ins Verbot einbezogen wurden.

Andere Rauch-Gegner beurteilen das resoluter. Das Ministerium öffne „der Willkür wieder alle Türen“, klagt der Verein „Pro rauchfrei“. Die Nichtraucher-Initiative in Deutschland protestiert harsch, die Vollzugshinweise seien in Teilen gesetzeswidrig. Die Ausnahmen für Familienfeiern müssten „sofort zurückgenommen“ werden, sagt Vizepräsident Ernst-Günther Krause. Er wirft Minister Markus Söder vor, „ein schlechter Verlierer“ zu sein.

Der aber verweist auf das Gaststättengesetz des Bundes und die Rechtsprechung der Verfassungsgerichte. Der Staat habe auf private Feiern keinen Zugriff, sagt eine Sprecherin. Man gehe ohnehin davon aus, dass das nur auf einen sehr kleinen Teil der Veranstaltungen zutreffe.

Die beim Entscheid unterlegene Gegenseite, das „Bündnis für Freiheit und Toleranz“, hält die Vollzugshinweise für rechtlich einwandfrei. Ein Verbot geschlossener Gesellschaften sei juristisch nicht haltbar, sagt Sprecher Franz Bergmüller. Krause gehe es ums Gängeln und Bevormunden der Bürger. Unabhängig davon plant das Bündnis für nächste Woche eine Klage „auf Aussetzung des Gesetzes wegen Existenzbedrohung und Schadenersatz wegen Investitionen im treuen Glauben“ auf die alten Regeln, sagt Bergmüller: „Jetzt haben wir die Kläger beisammen, die Präzedenzfälle bilden.“

ie Landtagsfraktionen halten sich zurück. Für heute ist eine Telefonkonferenz der Rauch-Gegner geplant. Die für Liberalisierung werbende FDP teilt mit, sie sei mit der Ausnahme zufrieden. Die Grünen halten Krauses Kritik ebenfalls für übertrieben. „Da einen Streit um das letzte Aschestäubchen zu führen, halte ich für daneben“, sagt die Fraktionsvorsitzende Margarete Bause.

CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

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