Urlaub trotz Corona: Camping-Branche boomt - Wohnmobil-Vermieter geben Einblicke

Windrauschen statt Wellenrauschen: Viele Bayern planen in der Pandemie Urlaub zu Hause. Besonders beliebt: Camping als kontaktarmes Reisen. Wohnmobilverleihe sind gefragt – und wappnen sich jetzt für den nächsten Ansturm.
Freising/Glonn – Noch ist der Hof voll. Insgesamt 74 Busse parken auf dem Gelände der Camperboys*. Doch die Freisinger Wohnmobil-Vermieter Paul Pizzinini und Andreas Mall sind sicher: „Bald wird sich das ändern.“ Das Glitzern der Busse in der Frühlingssonne ist ein Vorbote – und das volle Auftragsbuch der Beweis für Pizzinini: „Das wird eine gute Saison.“ Täglich klingelt das Telefon, einzelne Wochen im Sommer sind schon ausgebucht. Pizzinini erkannte früh: „Urlaub im Grünen – das funktioniert trotz Corona*.“ Damit hatte er Recht.
Auch vergangenes Jahr lief es gut für die Branche. In Bayern zählte das Statistische Bundesamt 5,9 Millionen Camping-Übernachtungen. Deutschlandweit gingen die Übernachtungszahlen um 39 Prozent zurück, die Camping-Branche kam mit nur fünf Prozent Rückgang nahezu ungeschoren davon. Der 28-Jährige meint: „Wir haben aufs richtig Pferd gesetzt.“
Ihre Fahrzeugflotte haben die Camperboys seit vergangenem Jahr verdoppelt – und seit der Start-Up-Gründung vervielfacht. „Nach dem Studium haben Andi und ich unseren ersten Bus gekauft.“ Eine 25 Jahre alte Kiste, getauft auf den Namen „Woody“ und von beiden schnell ins Herz geschlossen. „Finanziert haben wir den Bus mit einzelnen Vermietungen.“
Urlaub trotz Corona: Freisinger Wohnmobil-Vermieter erleben Ansturm - so reisen Gäste kontaktarm
Kurz darauf stiegen die jungen Erwachsenen ins Geschäft ein. „Seit 2019 vermieten wir VW-Busse hauptberuflich.“ Vergangenes Jahr waren es noch 30 Fahrzeuge. „Die waren schnell ausgebucht“, sagt Pizzinini lächelnd. Und für die 74 VW-Busse zeichnet sich eine ähnliche Entwicklung ab.
„Wir haben Kunden, die sich Camping vor Corona noch gar nicht vorstellen konnten. Und viele kommen zurück und können sich Corona ohne Camping nicht mehr vorstellen“, sagt Pizzinini. Oft sind es Paare, die bei den Camperboys anfragen. „Manche sind skeptisch, am Ende aber begeistert“, erzählt der 28-Jährige.
Losgehen kann es nach einer kurzen Einweisung. „Wasser, Strom, Gas, die Bedienung der Busse, die Stellplätze und der Naturschutz – einiges muss man schon wissen.“ Um die Verschmutzung von Plätzen zu vermeiden, sind alle Fahrzeuge mit ökologisch abbaubarem Spülmittel und Müllbeuteln bestückt.
Campingplätze geschlossen: Müllproblem in Bayern - viele Urlauber finden Schlupflöcher
Die werden die Gäste brauchen. Denn Campingplätze sind bis mindestens 18. April geschlossen – und das hat negative Folgen für die Natur. So dokumentierten Anwohner des Königsees Hinterlassenschaften und Müllberge nach dem Osterwochenende. Auch in anderen Regionen gab es Probleme. Ein Sprecher der Polizeiinspektion Berchtesgaden erklärte: „Es würde die Region um den Königssee stark entlasten, wenn Campingplätze wieder öffnen dürften.“
Pizzinini sagt: „Bis dahin kommen manche auf Privatgrundstücken unter, andere berufen sich auf eine zehnstündige Pause.“ Zur Wiedererlangung der Fahrtüchtigkeit ist das erlaubt. Von Gebieten mit nächtlicher Ausgangssperre* raten die Camperboys ab. „Aber im Sommer kann es hoffentlich wieder richtig losgehen.“
Wohnmobil-Verleiher berichten von „verdoppelter Nachfrage“ - Kunden müssen einiges beachten
Auch Alexander Schöpperl, der seit fünf Jahren mit seiner Frau den Wohnmobilverleih Eastside Camper in Glonn (Landkreis Ebersberg) betreibt, hat aufs richtige Pferd gesetzt. „Meine Fahrzeuge sind teilweise schon ausgebucht“, sagt der 46-Jährige. Er bestätigt einen Anstieg bei den Anfragen. „Nach den ersten Lockerungen im Frühjahr hat sich die Nachfrage verdoppelt.“ Trotz Angst vor weiteren Einschränkungen ist der Vermieter deshalb zuversichtlich. „Auch viele Stellplätze und Campingplätze sind für den Sommer schon reserviert.“ Sein Tipp: „Rechtzeitig buchen, um von Rabatten zu profitieren und dabei die Stornobedingungen* beachten.“
Schöpperls Kunden fahren derzeit lieber in den Schwarzwald, ins Allgäu oder nach Österreich. Das kann ein Vorteil sein: „Wer sich nicht nur auf Campingplätze konzentriert, sondern auch spontane Stellplätze im Auge behält, fährt oft günstiger und findet schöne Plätze.“
Das Frühjahrsgeschäft laufe wegen der Ungewissheit zwar schwieriger an, Schöpperl sieht es aber nur als eine Frage der Zeit, bis der große Ansturm kommt. Bis dahin hat er seine Stornobedingungen angepasst, um Kunden entgegen zu kommen. „Und irgendwann wird die Politik den urlaubssuchenden Menschen einen Ausweg bieten müssen.“ Eben dafür sei kontaktarmes Camping ideal.
Auch vergangenes Jahr war Camping beliebt, einzelne Seen zogen besonders viele Besucher an. (nap) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA