Leontine Gräfin von Schmettow: Es ist für König Charles eine riesige Herausforderung, zum Start seiner Amtszeit mit dem Auseinanderfallen seiner Familie konfrontiert zu sein. Ich glaube nicht, dass der Streit die Monarchie als solche gefährdet. Aber der König muss daran interessiert sein, seine eigenen Themen zu setzen und für einen eigenen Stil zu stehen. Das ist natürlich schwierig, wenn die ganze Welt nur darüber spricht, was Prinz Harry schon wieder auspackt. Deswegen muss König Charles ein großes Interesse daran haben, endlich wieder Ruhe ins Schiff zu bringen.
Die Vorwürfe sind hart: Rassismus, körperliche Gewalt. Was ist dran?
von Schmettow: Prinz Harry wird sich das nicht alles ausgedacht haben. Aber es ist natürlich eine sehr einseitige Darstellung eines verletzten Prinzen, der sich ungerecht behandelt fühlt. Das führt dazu, dass er – vielleicht, ohne es wahrhaben zu wollen – Rache nimmt, für das, was ihm angetan wurde. Klar ist aber auch: Prinz William ist nicht so kontrolliert und gefasst, wie wir ihn in der Öffentlichkeit wahrnehmen. Er kann sehr emotional und impulsiv sein. Deswegen sind solche Ausraster wie von Harry beschrieben durchaus vorstellbar.
Will Harry das System Königshaus wirklich ändern oder geht es ihm nur darum nachzutreten?
von Schmettow: Er sagt ja selbst, er habe es im Privaten versucht, das Gespräch zu suchen. Aber da hätte ihn niemand hören wollen. Deswegen geht er jetzt an die Öffentlichkeit, um die Familie wachzurütteln. In seinen Augen ist es wohl ein Kampf gegen die Schattenseiten der Monarchie, ihre Herzlosigkeit, die nicht nur er als Zweitgeborener, sondern auch seine Mutter Diana erlebt hat. So ist er zum Beispiel der Ansicht, dass es auch Mitgliedern des britischen Königshauses erlaubt sein muss, Emotionen zu zeigen und darüber zu sprechen.
Die öffentliche Wahrnehmung hat sich gewandelt: In Großbritannien gilt der lange beliebte Harry mittlerweile als Hofverräter.
von Schmettow: Die Gunst wandert immer mehr von Prinz Harry zum Rest der königlichen Familie. Er sägt sich den Ast ab, auf dem er sitzt. Inzwischen sehen ihn sogar die Amerikaner kritischer, bei denen er lange als Held galt, der gegen das Establishment kämpft. Doch auch dort gibt es mittlerweile Stimmen mit dem Tenor: Diese Tiraden eines weinerlichen Prinzen, der im goldenen Käfig sitzt, wollen wir nicht mehr hören.
Und die Rolle von Meghan? Ist sie nun Schurkin oder Opfer?
von Schmettow: Lange wurde es öffentlich so dargestellt, als stecke Meghan Markle hinter dem ganzen Zerwürfnis. Doch jetzt erfahren wir, dass die Anfänge des Bruderzwists schon viel weiter zurückliegen. Harry sagte in einem Interview, dass die Brüder schon seit dem Tod Dianas getrennte Wege gegangen seien und die Rivalität schon lange bestehe. Ich glaube, Meghan ist der Auslöser, dass Harry jetzt damit an die Öffentlichkeit geht. Sie denkt eher als Celebrity, weniger als Royal – und hat kein Problem damit, solche Familienstreitigkeiten in der Öffentlichkeit auszutragen. Da ist er, glaube ich, schlecht beraten durch sie. Aber der Konflikt war eindeutig schon vorher da.
Harry sagt, aktuell herrsche Funkstille zwischen ihm, William und Charles. Sehen Sie noch eine Chance auf Versöhnung?
von Schmettow: Harry sehnt sich ja ganz offensichtlich nach Versöhnung – auch wenn er derzeit alles tut, um das zu verhindern. Ich glaube, König Charles wird die Tür für eine Versöhnung immer offen halten. Einerseits aus Eigeninteresse, aber auch, weil er sich als Vater wünscht, dass der Sohn in den Schoß der Familie zurückkehrt. Bei William ist es, glaube ich, schwieriger. Er ist zutiefst verletzt und ich fürchte, es wird lange dauern, bis sich die beiden Brüder wieder annähern.
Prinz Harry packt in seiner Autobiografie „Spare“ über sein Leben aus. Der Herzog von Sussex gesteht, Drogen genommen zu haben. Diese Beichte könnte ihm nun jedoch sein USA-Visum kosten.