War das Aquadom-Unglück vorhersehbar? Experte spricht von einer „Zeitbombe“

Die Gründe für das Platzen des Aquariums Aquadom in Berlin sind noch unklar. Ein Experte hält das Unglück jedoch für vorhersehbar und spricht von einer „Zeitbombe“.
Berlin - Es war das größte zylindrische Aquarium der Welt. Doch am vergangenen Freitagmorgen (16. Dezember) platzte der 16 Meter hohe Aquadom in einem Hotel an der Karl-Liebknecht-Straße in Berlin. Daraufhin ergossen sich eine Million Liter Wasser mit 1500 exotischen Fischen aus dem zerstörten Acrylglas-Zylinder unter anderem in das Hotel und auf die Straße. Ein Hotelgast und ein Mitarbeiter wurden leicht verletzt. Ein Experte glaubt, das Unglück sei vorprogrammiert gewesen.
Aquadom-Sondergenehmigung vor 21 Jahren erteilt - allerdings ohne zeitliche Beschränkung
Das Aquarium Aquadom platzte um kurz vor sechs Uhr morgens am vergangenen Freitag. Der Zeitpunkt war wohl Glück im Unglück, denn das Hotel und die Straßen waren frühmorgens fast menschenleer. Einem Experten zufolge sei es nur eine Frage der Zeit gewesen, bis das von ICM Concept International Management, einer Tochterfirma des Acrylglasherstellers Reynolds Polymer, errichtete Gebäude dem Zahn der Zeit nicht mehr standhalten würde. „Das ist eine Zeitbombe. Reynolds hätte sagen müssen: Der Dom hält nicht ewig“, sagte Hermann Schuran, der ehemalige Eigentümer der niederländischen Firma „Schuran Seawater Equipment“, der Bild-Zeitung.
Schuran selbst ist ein Experte für Plexiglas, aus dem der Zylinder des Aquadom gefertigt war. Offenbar hatte Schuran selbst vor Jahren eine Anfrage bekommen, das Aquarium zu errichten, doch das Projekt sei ihm „eine Nummer zu groß“ gewesen. Ein vermeintlicher Fehler bei der Planung des Riesenaquariums fiel ihm jedoch ins Auge. Deutschland sehe für Acrylglasbauwerke keine Bauvorschriften vor, weshalb der Aquadom im Jahr 2001 eine Sondergenehmigung erhalten habe. Diese sei allerdings zeitlich nicht begrenzt gewesen, heißt es in dem Bericht weiter. Aus Sicht des Plexiglas-Experten ein Fehler. „Man kann nicht generell sagen, wie lange so etwas hält. Es gibt Rechenbeispiele mit 25 Jahren“, sagte Hermann Schuran der Bild weiter.
Plexiglas-Experte: Aquarium hätte auf über 80 Grad aufgeheizt werden müssen
Eine Möglichkeit, die Haltbarkeit eines solchen Bauwerks zu erhöhen sei, potenziellen Spannungsrissen vorzubeugen. „Das ganze Aquarium hätte nach dem Bau und später nach der Sanierung mit einem Ofen auf 80 Grad aufgeheizt werden müssen. Das ist möglich, aber sehr aufwendig“, so Schuran weiter. Zudem müsse eine Überprüfung bei einem solchen Bauwerk alle zwei Jahre stattfinden. Unklar ist, ob es solche Kontrollen gab. Vorschriften diesbezüglich gab es in diesem speziellen Fall offenbar nicht.
Allerdings waren von Herbst 2019 bis Sommer 2020 noch Sanierungsarbeiten an dem Bauwerk durchgeführt worden. Die Kosten dafür beliefen sich offenbar auf 2,6 Millionen Euro. Besitzer des Aquadoms ist die Firma Union Investment, die genaue Unfallursache wird derzeit noch untersucht. Auch ein Team des Reynolds Polymer ist vor Ort, um die Hintergründe zu untersuchen. Das Unternehmen hatte den Plexiglas-Zylinder des Aquariums im Jahr 2002 hergestellt (dpa/bme).