Die Sprecherin des Staatsministeriums erklärte, die VGH-Entscheidung betreffe zunächst nur die Corona-Verordnung Studienbetrieb. „Wir werden die Corona-Hauptverordnung aber wie ohnehin geplant in der kommenden Woche aktualisieren und das „Einfrieren“ der Alarmstufe II, das explizit als Übergangslösung bis maximal 1. Februar gestaltet war, beenden.“ Die Stufensystem-Logik werde grundsätzlich beibehalten. „Maßnahmen sollten auch in Zukunft an der Hospitalisierungsinzidenz und der Belastung der Intensivstationen orientiert sein. „Denn auch in der Omikron-Welle geht es darum, das Gesundheitssystem vor Überlastung zu bewahren und dafür zu sorgen, dass Kranke in Baden-Württemberg eine angemessene Behandlung erhalten.“
Update vom 21. Januar, 11.50 Uhr: Noch steuert die Omikron-Welle auf ihren Höhepunkt zu. Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit macht trotzdem schon leichte Hoffnung auf eine Entspannung der Lage. Um diese besser beurteilen zu können, sei aber der Verlauf der Welle in den nächsten ein bis zwei Wochen entscheidend, erklärte der Mediziner gegenüber der Hamburger Morgenpost. „Momentan gehe ich davon aus, dass wir in den nächsten ein bis zwei Monaten aber damit durch sind.“
Man müsse seiner Meinung nach dann darüber diskutieren, wie es weitergehe und ob die Phase der Endemie erreicht sei. Er gehe allerdings davon aus, dass nun keine weitere Corona-Variante folgen werden, die schlimmere Auswirkungen als die bisherigen haben. „Das ist sehr unwahrscheinlich.“
Update vom 21. Januar, 10.25 Uhr: Virologe Klaus Stöhr hält eine Neubewertung der Corona-Maßnahmen im Lichte der Omikron-Variante nicht für nötig, warnt aber auch vor zu weitgehenden Lockerungen. „Also jetzt alles zu öffnen, hört sich für mich ein bisschen so an wie vom rechten Straßengraben in den linken Straßengraben reinzufahren. Irgendwo ist die Fahrbahn ja in der Mitte und die finden, glaube ich, andere Länder besser“, sagte Stöhr im Sender RBB am Donnerstagabend.
Wegen vieler weniger schwerer Krankheitsverläufe und der hohen Immunisierungsrate in Deutschland sei es auf keinen Fall richtig, „so weiterzumachen wie die letzten anderthalb Jahre“, betonte der Virologe. Die Omikron-Variante breitet sich zwar rasant aus, geht allerdings tendenziell mit milderen Verläufen einher als die Delta-Variante. Länder wie Spanien erwägen daher einen Wechsel der Corona-Strategie, auch weil die Zahl der Corona-Intensivpatienten längst nicht so steigt wie in der Delta-Welle.
Vor den Spitzenberatungen von Bund und Ländern steigt die Zahl derer, die auf eine Neubewertung der Corona-Maßnahmen dringen. So wie die CSU. „Wahr ist, mit Omikron ändern sich die Grundlagen. Wir brauchen einen Omikron-Check für das Corona*-Management in Deutschland“, sagte CSU-Generalsekretär Markus Blume der Welt. Bereits am Montag, dem 24. Januar, wollen die Regierenden beim Corona Gipfel über die Schutzmaßnahmen beraten.
Update vom 21. Januar, 9.30 Uhr: Nicht nur die 7-Tage-Inzidenz und die Neuinfektionen sind wieder auf neue Rekord-Stände gestiegen, auch die Zahl der Stadt- und Landkreise, die über einer Inzidenz von 1000 liegen, sind enorm angestiegen. Mittlerweile liegen ganze 49 Kreise darüber. Die Zahl hat sich im Vergleich zum Vortag fast verdoppelt, gestern waren es noch 25. Vorgestern lag die Zahl noch bei 15. Die fünf Kreise in Deutschland mit der höchsten Inzidenz liegen alle in Berlin. Berlin-Mitte, Neukölln, Spandau, Friedrichshain-Kreuzberg und Pankow führen die traurige Liste an.
Update vom 21. Januar, 6.34 Uhr: Die bundesweite 7-Tage-Inzidenz hat erstmals die Schwelle von 700 überschritten. Das RKI meldete am Freitagmorgen einen Wert von 706,3. Am Vortag hatte er bei 638,8 gelegen, vor eine Woche bei 470,6, und vor einem Monat bei 306,4.
Binnen eines Tages wurden 140.160 Corona-Neuansteckungen registriert (Vorwoche: 92.223). 170 Todesfälle an oder mit Corona kamen hinzu (Vorwoche: 286). Experten rechnen mit immer mehr Infektionen, die nicht erfasst werden können, unter anderem, weil Labore und Gesundheitsämter zunehmend an Kapazitätsgrenzen geraten.
Indes hat die Belastung auf den Normalstationen laut Deutscher Krankenhausgesellschaft (DKG) in Regionen mit hohen Omikron-Zahlen massiv zugenommen. „Mit Blick auf die Zahlen scheint zwar die Belastung auf der Intensivstation abzunehmen, die Belastung auf der Normalstation bleibt allerdings hoch oder steigert sich sogar deutlich“, sagte der DKG-Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß den RND-Zeitungen vom Freitag.
Das RKI hatte zuletzt allerdings eine Stagnation bei der Hospitalisierungsinzidenz festgestellt. Im jüngsten Wochenbericht stellte das RKI auch einen weiter rückläufigen Trend bei den Patientenzahlen auf den Intensivstationen fest - die aktuell explodierenden Infektionszahlen werden sich demnach allerdings erst verzögert dort widerspiegeln.
Mit Blick auf die Bund-Länder-Beratungen am Montag verlangte Gaß konkrete Aussagen zur allgemeinen Impfpflicht. Die Deutsche Interdisziplinär Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) wurde bei dem Thema deutlich: „Die Impfpflicht für Erwachsene ist alternativlos, um die Pandemie langfristig hinter sich zu lassen“, sagte Divi-Präsident Gernot Marx dem RND. „Ohne eine höhere Impfquote bleiben wir in einer Art Dauerschleife verhaftet.“
Der Virologe Alexander Kekulé hat sich indes vehement gegen eine allgemeine Impfpflicht ausgesprochen. „Ich war schon bei der Delta-Variante gegen die allgemeine Impfpflicht, weil sie epidemiologisch nicht erforderlich war. Bei Omikron ist sie noch viel weniger angemessen“, sagte er im Podcast „Die Wochentester“ von Kölner Stadt-Anzeiger und RND.
Eine Pflicht zu Impfung hilft nach Ansicht Kekulés nicht: „Ich verstehe nicht, warum man Impfstoffe, die für die ursprüngliche Wuhan-Variante gemacht wurden, verpflichtend machen will für eine künftige Variante, von der man die Eigenschaften gar nicht kennt.“ Wenn der Impfstoff gegen Omikron ausgeliefert werde, sei die Omikron-Welle durch. Er gehe davon aus, dass die Herbst-Welle eher noch leichter verlaufen werde. „Dann sind wir mit der Pandemie im Sinne von sozialen und wirtschaftlichen Disruptionen durch. Dann wird es eine weitere Infektionskrankheit sein.“
Update vom 20. Januar, 15.40 Uhr: Lauterbachs Vorschlag für eine Priorisierung bei PCR-Tests erhält Unterstützung vom Präsidenten der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt. Bei jüngeren Menschen würde es ausreichen, eine Corona-Infektion mit einem Schnelltest festzustellen, sagte er im Deutschlandfunk. Eine Bestätigung mit einem PCR-Test sei aus seiner Sicht nicht mehr nötig.
Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen forderte, dass die PCR-Testkapazitäten „als Erstes zur Sicherung der kritischen Infrastruktur und Erkennung von Infektionen bei symptomatischen Personen eingesetzt“ werden sollten. Schulen schloss er dabei im Gespräch mit der Rheinischen Post explizit ein.
Die jüngste Entwicklung befeuert auch die Debatte über eine allgemeine Corona-Impfpflicht. Lauterbach bekräftigte im ZDF seine Haltung, dass diese eingeführt werden müsse: „Wir kommen ohne Impfpflicht aus meiner Sicht aus dem Schlamassel nicht heraus“, sagte er. Ärztepräsident Reinhardt sprach sich in den Zeitungen der Funke Mediengruppe ebenfalls erneut für eine allgemeine Impfpflicht aus. Diese könne in einigen Wochen gerechtfertigt sein, wenn dann keine deutlich höhere Impfquote in Deutschland erreicht worden sei.
Allerdings gibt es auch Zweifel an der Impfpflicht, gerade wegen Omikron. „Für die Omikron-Welle kommt die Impfpflicht wahrscheinlich zu spät“, sagte der Hamburger Virologe Jonas Schmidt-Chanasit der Bild. Nach der Omikron-Welle mit sehr vielen Infektionen wiederum stelle sich „die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer solchen Pflicht“.
In der kommenden Woche wird der Bundestag erstmals über die mögliche Impfpflicht diskutieren. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte dazu am Donnerstag vor Beginn einer Klausurtagung seiner Fraktion, nach der Debatte am kommenden Mittwoch „werden wir schnell erste Eckpunkte vorlegen“. Er gehe davon aus, dass über eine Impfpflicht diskutiert werde, „die ab einer bestimmten Altersgrenze gelten wird“.
Nötig seien auch weitere Aufklärungskampagnen und niedrigschwellige Impfangebote, betonte Mützenich. Bis zum Herbst solle eine „so starke Grundimmunisierung“ der Bevölkerung erreicht werden, dass das Land mit der Pandemie „gelassener“ umgehen könne als 2020 und 2021.
Update vom 20. Januar, 9.23 Uhr: Angesichts knapper werdender PCR-Tests will Lauterbach Beschäftigte in sensiblen Gesundheitseinrichtungen bei der Laborauswertung bevorzugen. „Wir werden tatsächlich so hohe Fallzahlen bekommen, dass wir die PCR verteilen müssen, priorisieren müssen, dazu werde ich am Wochenende einen Vorschlag vorlegen, wie das passieren soll“, kündigte Lauterbach am Mittwochabend an. Die Beschlussvorlage soll laut Lauterbach schon am Montag bei erneuten Beratungen von Bund und Ländern beschlossen werden.
Erstmeldung vom 20. Januar 2022:
Berlin - In Deutschland hält der aktuelle Corona-Trend an: Die Infektionszahlen steigen - und brechen Tag für Tag neue Rekorde. Die Inzidenz* in der Bundesrepublik liegt am Donnerstagmorgen, 20. Januar, bei 638,8 (Vortag: 584,4). Weiter meldet das RKI am Donnerstag über 133 000 Infektionen - beides neue Höchststände. Karl Lauterbach rechnet damit, dass sich diese Entwicklung nicht allzu schnell ändern wird. Bis Mitte Februar prognostiziert der Gesundheitsminister mehrere Hunderttausend Neuinfektionen* am Tag.
Es sei mit Blick auf realistische Szenarien davon auszugehen, „dass die Welle Mitte Februar ungefähr ihren Höhepunkt haben wird und dass wir dann mehrere Hunderttausend Fälle pro Tag erwarten müssen“, sagte der SPD-Politiker am Mittwochabend in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“. Zwar sei es nicht sicher, dass es zu den Szenarien komme, aber „die haben die größte Wahrscheinlichkeit“.
Dabei gebe es Länder, die solche Zahlen auch mit Blick auf die Intensivstationen verkraften könnten - allerdings sei die Lage in Deutschland eine andere. Lauterbach warnt: „Da wir in Deutschland eine hohe Zahl von Ungeimpften bei den Älteren haben, kann es bei uns ganz anders ausgehen als beispielsweise in Italien, Frankreich oder England“. Ein konkretes Beispiel: In England etwa liege die Zahl der Ungeimpften in der Gruppe der über 50-Jährigen bei ein bis zwei Prozent. „Das sind Werte, an die wir nicht herankommen“.
Bislang spiegelt sich die von der Virusvariante Omikron ausgelöste Welle jedoch nicht auf den Intensivstationen. Laut Medizinervereinigung Divi ist dort ist die Zahl der Corona-Patienten seit der ersten Dezemberhälfte von rund 5000 auf zuletzt 2664 gesunken. Momentan infizieren sich vergleichsweise wenig Ältere, die besonders anfällig für schwere Verläufe sind.
Lauterbach sagte zu der sinkenden Hospitalisierungsrate, dies sei eine „irrelevante Momentaufnahme“, da die Welle, die aktuell in England und Frankreich laufe, in Deutschland erst noch komme. „Die richtige Belastung auf den Intensivstationen würde ich Mitte, Ende Februar erwarten, das ist noch ein Monat hin und dann hoffe ich, dass es dann noch gut aussieht“, sagte Lauterbach. „Das wird die Belastungsprobe sein, nicht das, was wir jetzt sehen.
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