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Dritte Corona-Welle bis Juli? Wissenschaftler machen alarmierende Inzidenz-Prognose für Deutschland

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Von: Patrick Mayer

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Übersicht über die 7-Tage-Inzidenz in Deutschland: das Dashboard des RKI.
Übersicht über die 7-Tage-Inzidenz in Deutschland: das Dashboard des RKI. © IMAGO / Rüdiger Wölk

Deutschland befindet sich in der dritten Welle der Coronavirus-Pandemie. Geht es nach Berliner Wissenschaftlern, wird diese ihre Wucht bis in den Mai entfalten - und bis Juli anhalten.

München/Berlin - Die Aussage lässt in der Coronavirus-Pandemie nicht nur in Österreich aufhorchen. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) erklärte am 25. März mit Blick auf die dritte Corona-Welle: „Wir müssen noch die nächsten acht bis zehn Wochen durchstehen, bis ein größerer Teil der Bevölkerung durchgeimpft ist.“

Nun liegen Österreich (rund 8,9 Millionen Einwohner) und Deutschland (rund 83 Millionen Einwohner) nah beieinander. Und das heimtückische Coronavirus kennt bekanntlich keine Ländergrenzen. In beiden Ländern ist die Covid-19-Krise längst nicht ausgestanden. Das bekräftigt die Aussage vom Wiener Rathauschef. Ein weiteres Beispiel: SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach fordert gebetsmühlenartig noch härtere Lockdown-Regeln.

Corona-Pandemie in Deutschland: „Trotz Notbremse wird die dritte Welle zu höheren Inzidenzen führen“

Geht es indes nach Berliner Wissenschaftlern, ist eine spektakulär hohe 7-Tage-Inzidenz zwischen der Hauptstadt und Bayern, zwischen Hamburg, NRW und Baden-Württemberg längst nicht mehr zu verhindern. Konkret geht das aus einer Modellierung des Fachgebiets für Verkehrssystemplanung und Verkehrselematik an der TU Berlin hervor.

Corona-Infektionsgeschehen:Beitrag zum R-Wert:
Kontakte im eigenen Haushalt0,5
gegenseitige private Besuche0,6
Kontakte bei der Arbeit0,2
Kontakte in der Schule0,2

Quelle: MODUS-COVID Bericht des FG Verkehrssystemplanung und Verkehrstelematik der TU Berlin (19.03.2021)

„Trotz Notbremse wird die dritte Welle im Maximum zu höheren Inzidenzen führen als die zweite Welle, da die Mutation B.1.1.7 deutlich ansteckender ist, als die bisherigen Virusvarianten“, heißt es in der Zusammenfassung des wissenschaftlichen Papiers. In dem Modellversuch wird davon ausgegangen, dass vor allem ungeschützte Kontakte in privaten Haushalten, auf der Arbeit und in Schulen massiv zum Infektionsgeschehen beitragen.

Bisherige Lockdown-Regeln und Schutzmaßnahmen sowie das aktuelle Tempo der Impfungen sind berücksichtigt. Aber: Laut Studie werde die „Notbremse nicht ausreichen, um die dritte Welle kleiner als die zweite zu halten“. Zur Einordnung: Die Notbremse ist laut Bund- und Länder-Beschlüssen regional ab einer jeweiligen 7-Tage-Inzidenz von 100 und mehr vorgesehen.

Deutschland in der dritten Corona-Welle: Hohe Inzidenzen wegen Mutation B.1.1.7 erwartet

In dem Bericht der TU Berlin heißt es weiter: „Unsere Simulationen zeigen, dass selbst mit den Restriktionen vom Januar die dritte Welle höhere Inzidenzen aufweisen wird als die zweite. Dies liegt an der deutlich höheren Übertragbarkeit der Mutation B.1.1.7 im Vergleich zum Wildtyp.“

So hätten auch die Corona-Impfungen und das wärmere Wetter nicht genügend Wirkung, um die dritte Welle in Deutschland zu verhindern. „Die dämpfende Wirkung, die wir durch die wärmere Jahreszeit ab April erwarten, ist bei uns im Modell bereits berücksichtigt; ohne diese wäre die zu erwartende dritte Welle nochmals doppelt so hoch“, wird dazu erklärt. Bei den Ergebnissen wird unter anderem auf die Unterstützung von Aerosolforschenden der TU Berlin verwiesen.

In dem Modell wird fortan die Behauptung aufgestellt, dass die Schließung des Einzelhandels keinen Effekt auf die Eindämmung habe. Ferner wird eine nächtliche Ausgangssperre als wenig geeignet gesehen, da angenommen wird, „dass die Bevölkerung mittelfristig auf frühere Besuchszeiten ausweicht“.

Coronavirus-Pandemie in Deutschland: Wie heftig fällt die dritte Corona-Welle aus?

Die Forscher raten stattdessen, dass die „ungeschützten Kontakte reduziert werden müssen“, also solche im privaten Raum. Der weitere Ratschlag lautet vereinfacht formuliert: Testen, testen, testen. Ansonsten wird „eine starke dritte Welle, mit exponentiellem Wachstum bereits zum jetzigen Zeitpunkt und Inzidenzen von über 2.000“ prognostiziert.

Die erwartete Corona-Inzidenz-Kurve in Deutschland im April und Mai laut MODUS-COVID Bericht des Fachgebiets für Verkehrssystemplanung und Verkehrstelematik der TU Berlin.
Die erwartete Corona-Inzidenz-Kurve in Deutschland im April und Mai laut MODUS-COVID Bericht des Fachgebiets für Verkehrssystemplanung und Verkehrstelematik der TU Berlin. © Screenshot FG Verkehrssystemplanung und Verkehrstelematik / TU Berlin

So sei auch eine „höhere Krankenhausbelastung“ als im Dezember unvermeidbar. Und: Ohne „Maßnahmenbündel“ wird der Höhepunkt der dritten Welle für Mitte Mai erwartet, eine Abnahme der Infektionszahlen dagegen erst im Juli.

Die Wissenschaftler relativieren: So würden die extremen Inzidenzen nur eintreten, wenn die Schulen nach Ostern wieder komplett öffnen würden und sich die Politik zu weitreichenden Lockerungen entscheide. Zusammenfassend rät der Bericht, das nicht zu tun. Ansonsten komme es zu den dargestellten großflächigen Inzidenzen über 1000. Bittere Aussichten - für Deutschland und für Nachbar Österreich. (pm)

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