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„Ist es okay, wenn 200 Menschen pro Tag sterben?“ - Intensivmediziner über aktuelle Corona-Lage

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Von: Martina Lippl

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Prof. Uwe Janssens
Intensivmediziner Uwe Janssens. © Stefan Boness/imago

Die Corona-Inzidenz sinkt. Omikron-Varianten führen oft zu milderen Infektionen. Doch jede Woche sterben Hunderte an Corona. Intensivmediziner Uwe Janssens spricht von einer unklaren Lage.

Düsseldorf – Die Omikron-Welle ebbt in Deutschland ab. Die Inzidenz sinkt. Allerdings ist die Zahl der Todesfälle hoch. Jede Woche sterben mehrere Hundert Menschen an Covid-19.

„Wir sind noch nicht in einem Bereich, wo wir sagen, es ist komplett vorbei, wir haben noch eine unklare Gemengelage“, erklärt Intensivmediziner Uwe Janssens im ntv-Interview. Der Mediziner bewertet die Corona-Lage in Deutschland zwar als „stabile Phase“, doch die Belegungsrate auf den Intensivstationen sei immer noch hoch.

„Wir warten noch auf die ganz ganz hohen Infektionszahlen in den vergangenen Wochen“, so Janssens. In den Krankenhäusern seien diese Infektionszahlen schon angekommen, doch wann sie auf den Intensivstationen ankommen, sei zunächst noch unklar.

Die Impfungen würden schützen. Ein Großteil der empfindlichen Bevölkerung, die Älteren, die Menschen mit Begleiterkrankungen seien durch die Impfung geschützt. „Wenn wir die nicht gehabt hätten, seien die Intensivstationen jetzt pickepacke voll.“

Was macht die Corona-Situation in Deutschland unsicher?

Unsicher sei die Situation in Deutschland aufgrund der niedrigen Impfquote bei den über 60-Jährigen. Angesichts der infektiösen Omikron-Variante BA.1 oder BA.2. Wenn sich das in die ältere Population hineinträgt könne das bedenklich werden. Auf der anderen Seite gäbe es in Alten- und Pflegeheimen schon hohe Infektionszahlen. „Aber, wir sehen dort ganz eindeutig, den unglaublich guten Schutz vor schweren Krankheitsverläufen“, betont Janssens.

Mit oder wegen Covid-19 auf der Intensivstation?

Bei den Patienten auf der Intensivstation gebe es laut Janssens eine „Gemengelage“. Es lasse sich aus den Daten unscharf ablesen, ob Menschen mit oder wegen Corona behandelt werden müssen. Von den Abläufen und Prozessen mache es auf einer Intensivstation zunächst keinen Unterschied. Wie sich eine Coronainfektion auf eine Grunderkrankung auswirke, müsse weiter beobachtet werden. Vieles wüssten Mediziner einfach noch nicht. Das müsse beobachtet werden.

„Patienten, die mit oder wegen Covid-19 auf der Intensivstation sind, sind immer schwer krank und haben ein erhöhtes Sterberisiko“, so Mediziner Janssens. Und: Die Menschen, die mit oder wegen Covid-19 auf den Intensivstationen liegen, sind oft über 60 Jahre alt. „Das sind aktuell derzeit 70 Prozent. Aber 30 Prozent sind unter 60 Jahre und wir haben auch immer mal wieder Jüngere – auch mit der Omikron-Variante“, führt der Intensivmediziner aus. Denn, auch hier könne es zu einem schweren Verlauf kommen, wenn Jüngere eine Begleiterkrankung haben.

Intensivmediziner: „Können wir 200 Tote am Tag ertragen?“

Hohe Infektionszahlen führten auch zu hohen Sterberaten. „Das sind immer noch Patienten, die wegen einer Coronainfektion sterben und nicht mit“, betont Janssens. Die Erkrankung stelle deswegen immer noch eine Bedrohung für die Gesellschaft dar, auch wenn Covid-19 ihren Grauen verloren habe. Auch wenn es keiner mehr hören will, würden Mediziner deswegen immer wieder mahnen und zur Vorsicht raten.

„Die Gesellschaft muss sich immer noch fragen, ist es ok, wenn 200 Menschen pro Tag sterben. Können wir das ertragen, ist das eine Zahl, die für uns erträglich ist?“, so Intensivmediziner Janssens bei ntv.

Befeuert Karneval in Köln Infektionszahlen?

Mit Blick auf den Karneval in Köln ist Uwe Janssens gespannt. Für Sars-CoV-2 wäre es eine Gelegenheit, sich in der Bevölkerungsgruppe nochmal auszubreiten. In fünf bis sieben Tagen werde sich dieser Effekt wohl ablesen lassen. Allerdings, hofft er keine schweren Krankheitsverläufe zu sehen, wenn alle geimpft und geboostert sind. Menschen mit einer Begleiterkrankung sollten sich lieber nicht ins Karneval-Getümmel stürzen. Sie hätten ein Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf. (ml)

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