Coronavirus-Tests: Wie sicher sind sie? Was gibt es zu beachten?
Wie zuverlässig sind die Corona-Tests in Deutschland? Zwei Mediziner stehen Rede und Antwort über die Risiken und Vorteile von PCR- und Antigen-Tests.
- Kann man sich zu Zeiten der zweiten Welle auf das Ergebnis eines Corona-Tests noch verlassen?
- Die zwei Mediziner Dr. Karlheinz Zeilberger und Gerd Uwe Liebert klären auf, wie zuverlässig die Tests sind.
- Die zwei Experten nennen auch Faktoren, die den Test beeinflussen können.
Für den FC Bayern München war es ein Schock, als die Nachricht kam: Serge Gnabry positiv getestet. Aber gestern saß er wieder mit dem Rest der Mannschaft im Flieger nach Moskau, wo die Bayern heute Abend in der Champions League antreten. Vier weitere Tests an den folgenden Tagen seien negativ ausgefallen, teilte der Verein mit. Doch kein Corona. Der Bayern-Stürmer ist kein Einzelfall. Weil sämtliche Tests nicht zu hundert Prozent genau sind. „Sie werden immer wieder Infizierte nicht erkennen und positive Befunde haben, die nicht stimmen“, sagt der Münchner Sportmediziner und Internist Dr. Karlheinz Zeilberger, der unter anderem die deutschen Triathleten betreut und in seiner Praxis viele Corona-Tests durchführt. Warum Tests immer fehlerhaft sein werden – und man sie trotzdem machen sollte, erklärt Gerd Uwe Liebert. Er hat das Institut für Virologie vom Universitätsklinikum Leipzig geleitet, bis er vor wenigen Wochen in den Ruhestand ging.

Coronavirus: Welche unterschiedlichen Tests gibt es in Deutschland?
Welche Tests gibt es in Deutschland?
Aktuell gibt es im Wesentlichen zwei Prinzipien von Testverfahren in Deutschland: die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) und den Antigen-Test. PCR-Tests gehören zum Standard und gelten als besonders genau. Getestete bekommen in der Regel innerhalb von 24 Stunden ein Ergebnis. Antigen-Schnelltests zeigen hingegen schon in weniger als 30 Minuten ein Ergebnis an. Dadurch bieten sie die Möglichkeit, mehr zu testen – sie werden deshalb besonders für Personal, Patienten, Bewohner und Besucher in Pflegeheimen und Krankenhäusern verwendet.
Was unterscheidet die Tests voneinander?
Für beide Testverfahren muss ein Abstrich im Nasen-Rachen-Raum genommen werden – sie funktionieren aber dennoch vollkommen unterschiedlich.
„Ein PCR-Test weist die Erbinformationen des Virus nach“, erklärt Liebert. „Das dauert bei uns im Labor etwa drei bis vier Stunden.“ PCR-Tests sind zuverlässiger als Antigen-Tests, dauern aber auch länger.
Ein Antigen-Test basiert auf dem Nachweis von Virus-Proteinen. „Der Nachteil des Antigen-Nachweises ist, dass er relativ wenig sensitiv, also empfindlich ist.“ Außerdem: „Alle Tests, die das Ergebnis in weniger als 20 Minuten anzeigen, halte ich für fraglich.” Ein negatives Antigen-Testergebnis bedeutet nicht zwingend, dass man sich nicht infiziert hat – sondern eher, dass es unwahrscheinlich ist, jemanden noch an diesem Tag anzustecken.

Coronavirus in Deutschland: Wie zuverlässig ist ein PCR-Test?
Sagen die Tests etwas über Infektiosität aus, also über Ansteckung?
„Beide Testergebnisse haben an sich nichts damit zu tun, wie ansteckend jemand ist“, erklärt Liebert. Allerdings gibt die Art und Weise, wie die Ergebnisse im Labor ermittelt werden, zumindest Hinweise darauf, ob der Patient infektiös ist. Beim PCR-Test, sagt Liebert, „wird das Virus-Erbgut aus der Probe in etwa 40 Zyklen vervielfältigt. Nach mehreren Vervielfältigungen ist der Test dann in der Lage, die anfangs sehr geringen Virusmengen zu erkennen.“ Je mehr Schritte dafür nötig sind, desto weniger Virus-Erbmaterial war in der Ausgangsprobe. Das kann dazu führen, dass ein Testergebnis positiv ausfällt, obwohl sich nur so geringe Virusmengen im Körper befunden haben, dass der Getestete niemanden anstecken könnte.
Wie viele Vervielfältigungs-Schritte für ein positives Ergebnis nötig waren, wird deshalb mit dem sogenannten CT-Wert gemessen. „Ab einem CT-Wert von 35 gehen wir nur noch von einer 10- bis 15-prozentigen Wahrscheinlichkeit aus, dass der Getestete tatsächlich erkrankt ist. Liegt der CT-Wert bei 28, rechnen wir immer damit, dass der Getestete infektiös ist.“
Wie zuverlässig ist ein PCR-Test?
„Eine 100-prozentige Sicherheit wird nie ein Test liefern“, sagt Liebert. „Es gibt nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit, die bestenfalls nah an 100 liegt.“ Grundsätzlich wird die Zuverlässigkeit von Tests mit Werten für die Sensitivität und die Spezifität gemessen.
„Die Sensitivität zeigt, wie empfindlich ein Test ist“, sagt Liebert. „Je höher der Wert, desto mehr Infizierte werden erkannt – es gibt also weniger falsch-negative Ergebnisse.“
Die Spezifität zeigt hingegen, wie sicher die Aussage eines positiven Testergebnisses ist. Je höher der Wert, desto weniger Fehlalarme gibt es – was wiederum weniger falsch-positive Ergebnisse bedeutet. Generell gehen beide Werte bei den meisten PCR-Tests an die 100 Prozent. Wie sicher ein PCR-Test ist, hängt vom Hersteller ab – und mittlerweile gibt es davon dutzende in Deutschland.
Coronavirus-Tests: Wie kommt es zu falsch-negativen Ergebnissen?
Was beeinträchtigt noch die Ergebnisse?
Wurde ein Abstrich optimal durchgeführt? Wie lange hat der Transport vom Abstrich ins Labor gedauert? Wie war die Temperatur währenddessen? Fehler im Ablauf könnten durchaus zu falschen Ergebnissen führen, sagt Liebert. Das Testergebnis könne außerdem falsch-negativ sein, wenn sich jemand zu früh testen lässt: „Es kann gut sein, dass die Virusmengen in den ersten 16 bis 22 Stunden nach der Infektion zu gering sind, um sie festzustellen.“ Dazu komme, dass die Infektion zunächst in den oberen Atemwegen, also in der Nase oder im Rachen, stattfindet – von dort aus wandert das Virus erst später in die tiefen Atemwege, also in die Lunge, weiter. „Hat jemand eine Lungenentzündung durch Covid-19, kann es vorkommen, dass der PCR-Test negativ ist, weil im Rachenabstrich keine Viren mehr nachgewiesen werden.“ Ein weiterer Test könne dann nach ein paar Tagen aber wieder positiv ausfallen – weil das Virus zum Beispiel durch Husten wieder in den Rachen geschleudert wird.
Kann man sich denn überhaupt auf Corona-Tests verlassen?
Ja, sagt Liebert. „Es wird natürlich nicht in jedem Fall kontrolliert, ob das Test-Ergebnis wirklich stimmt“, so der Virologe, „aber von rund 80 000 Proben, die wir in unserem Labor bislang genommen haben, liegt die Rate von falschen Ergebnissen deutlich unter einem Prozent – vielleicht bei 0,5.“ Es sei grundsätzlich nicht sinnvoll, findet Liebert, am Test-Ergebnis zu zweifeln. „Wir sollten froh sein, dass sie – ich schätze mal in 99 Prozent der Fälle – richtig sind. Einzelfälle gibt es immer.“
Außerdem, betont Liebert, dürfe man ein Testergebnis nie isoliert sehen. Der Test könne Anstoß oder Ergänzung der Diagnose sein, aber nicht die Diagnose selbst. „Es spielen immer auch andere Faktoren eine Rolle: Symptome, Kontaktpersonen oder das Alter des Patienten: Denn ein falsches Ergebnis hat bei einem 85-Jährigen ganz andere Konsequenzen als bei einem 25-Jährigen.“ Wer also positiv getestet wird, obwohl er weder Kontaktperson ist, noch Symptome aufweist, kann mit einem zweiten Test mehr Sicherheit erlangen.

Coronavirus in Deutschland: Das sollten Sie beim Testen immer beachten
In welchen Fällen sollte man sich testen lassen?
„In erster Linie natürlich, wenn es das Gesundheitsamt anordnet“, sagt Liebert. Ein freiwilliger Test sei zudem sinnvoll, wenn eine Kontaktperson positiv getestet wurde. „Dabei bitte immer beachten: Wurde ein Freund gestern positiv getestet, sollte ich mich frühestens morgen testen lassen – und mich bis zum Vorliegen eines negativen Ergebnisses in Quarantäne begeben, bei einem positiven Test mindestens für fünf bis zehn Tage.“ Auch Menschen mit Vorerkrankung sollten öfter an einen Corona-Test denken.
Macht es Sinn, die Bayern-Spieler unmittelbar am Tag nach der Rückkehr aus Moskau zu testen?
Nicht wirklich, sagt Karlheinz Zeilberger. Tests am ersten Tag einer möglichen Infektion seien nicht aussagekräftig. „In den ersten drei Tagen kann es sein, dass das Virus im Abstrich noch nicht nachweisbar ist. Beim Supercup in Budapest war es zwar auch schön und gut, dass am ersten Tag nach der Rückkehr getestet wurde, dies gibt aber keine Sicherheit, ob ich mich am Vortag angesteckt habe oder nicht.“ Dazu, dass der FC Bayern am Samstag wieder in Köln spielt, sagt der Arzt: „Wenn Sie alles konsequent durchdenken, wäre ein geregelter Spielbetrieb nicht aufrechtzuerhalten.“