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EHEC: Vierte Gurke wohl aus Niederlanden

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Berlin - Drei Gurken aus Spanien und eine weitere aus den Niederlanden sollen das EHEC-Bakterium ins Land gebracht haben. Es gibt 60 neue schwere Verläufe, drei Todesfälle sind bestätigt. Der gefährliche Keim breitet sich zudem in Europa aus.

Die Experten sind auf ihrer fieberhaften Suche nach der EHEC-Quelle fündig geworden: Gurken aus Spanien sollen für die tödlichen

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Infektionen verantwortlich sein. An drei Salatgurken aus dem südeuropäischen Land entdeckte das Hamburger Hygiene-Institut den gefährlichen Durchfall-Erreger. “Es ist nicht auszuschließen, dass auch andere Lebensmittel als Infektionsquelle infrage kommen“, teilte Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) mit. Neben den bereits identifizierten Unternehmen Bio Frunet (Malaga) und Hort o fruticola (Almeria) in Spanien, von denen drei der Gurken exportiert wurden, deuten Hinweise bei der vierten positiv getesteten Gurke auf Lieferwege aus den Niederlanden hin, teilte der Sprecher der Gesundheitsbehörde, Rico Schmidt, am Freitag mit. Die Ermittlungen diesbezüglich liefen noch, sodass bislang kein Unternehmen benannt werden könne.

Bislang starben drei Frauen in Deutschland nachweislich an den Folgen der Infektion. Nach dpa-Informationen gibt es bundesweit schon mehr als 700 Verdachts- und bestätigte EHEC-Fälle - die meisten davon in Norddeutschland. Trotz der Funde gibt das Bundesinstitut für Risikobewertung keine Entwarnung für andere Gurken, Tomaten und Blattsalate. Wer sicher gehen wolle, sollte zunächst ganz auf den Verzehr verzichten.

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Salatgurken. Das Gesundheitsministerium in Madrid leitete am Donnerstagabend eine Untersuchung ein. Die Behörden hätten sich mit zwei Agrarbetrieben in den Provinzen Málaga und Almería in Verbindung gesetzt, aus denen die kontaminierten Gurken stammen könnten. Allerdings könne aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Gurken in Deutschland verunreinigt worden seien, so das Ministerium. Einer der Betriebe, aus dem eine der belasteten Gurken stammen soll, setzte sich gegen die Vorwürfe zur Wehr. “Ich habe das Gefühl, wir müssen als Sündenbock herhalten“, sagte der Geschäftsführer in Málaga.

Nach seinen Worten gehöre die Gurke zu einer Lieferung, die auf dem Hamburger Großmarkt zu Boden gestürzt sei. Möglicherweise sei die Gurke dabei verunreinigt worden. Der Chef des Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, machte sich indes für schärfere Regeln für Import-Gemüse stark. “Wir fordern, dass es in der EU einheitliche Standards gibt“, sagte er der “Rheinischen Post“ (Freitag). “Diese Regeln müssen auch für Drittländer gelten, die zu uns liefern.“ Im Gegensatz zu den sehr strengen Regeln in Deutschland würden Importe wesentlich lascher geprüft. Unterstützung dafür kam vom verbraucherschutzpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Erik Schweickert. “Es kann nicht sein, dass in Spanien bei der Lebensmittelkontrolle geschlampt wird und in Deutschland dadurch Menschen krank werden“, sagte er der “Leipziger Volkszeitung“ (Freitag). “Das europaweite Schnellwarnsystem für Lebensmittel muss effizienter werden.“

Nach Angaben der EU-Kommission wird eine weitere mögliche Infektionsquelle - Gurken aus den Niederlanden - untersucht. Schweden habe zehn Erkrankungen, Dänemark vier, Großbritannien drei und die Niederlande eine gemeldet. Die Gemüsebauern im Norden zeigten sich nach den neuesten Erkenntnissen erleichtert. “Das schafft hoffentlich etwas Entspannung“, sagte der Geschäftsführer der Fachgruppe Gemüsebau Norddeutschland, Axel Boese. Das Robert Koch-Institut (RKI) hatte zuletzt vor dem Verzehr von Salatgurken, Blattsalaten und rohen Tomaten insbesondere in Norddeutschland gewarnt. EHEC-Erkrankte hätten dieses Gemüse häufiger verzehrt als gesunde Vergleichspersonen.

Zahlreiche Restaurants, Kantinen, Krankenhäuser und Kindergärten haben fragliches Gemüse vom Speiseplan gestrichen. Auch viele Handelskonzerne strichen spanische Salatgurken aus ihrem Angebot. Derweil haben Wissenschaftler der Universität Münster den grassierenden Darmkeim EHEC genau identifiziert. Es handele sich um eine seltene und veränderte Variante des Erregers, die gegen viele Medikamente resistent sei, berichtete der Mikrobiologe Prof. Helge Karch. Er leitet das Konsiliarlabor für das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS), das zu tödlichem Nierenversagen führen kann. Der derzeitige Ausbruch ist nach Einschätzung des Experten sehr ungewöhnlich. Der Keim sei zwar bekannt, habe weltweit aber noch nie einen Ausbruch der Durchfall-Krankheit verursacht.

In wenigen Tagen soll ein Schnelltest für die Bakterien zur Verfügung stehen. Experten zufolge sei auch ungewöhnlich, dass viele Erwachsene erkrankten und drei Viertel von ihnen vor allem jüngere Frauen seien. Zudem sei bei ihnen die Zeit zwischen dem anfänglichen Durchfall und dem bedrohlichen HUS-Syndrom kürzer als bei Männern. Deutschland erlebt laut RKI derzeit den stärksten je registrierten EHEC-Ausbruch. Es gebe so viele Erkrankte pro Woche wie sonst in einem Jahr. Das Bakterium - eine besonders gefährliche Form des Darmbakteriums Escherichia coli - sei hochinfektiös.

Robert-Koch-Institut: 60 neue Fälle

Der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Reinhard Burger, hat noch keine Entwarnung vor dem EHEC-Erreger gegeben. “Der Ausbruch geht weiter, von gestern auf heute sind 60 neue HUS-Fälle - also schwere Verläufe der EHEC-Infektion - dazugekommen“, sagte Burger am Freitag dem ARD-“Morgenmagzin“. Es müssten jetzt weiterhin die Infektionsketten aufgeklärt werden, um zu sehen von welchem Lebensmittel der Erreger stamme und in welchem Bereich der Produktion, der Auslieferung oder der Verpackung der Erreger auf das Lebensmittel gekommen sei.

Bislang werden fünf Todesfälle mit dem Darmbakterium in Verbindung gebracht. Bei einem in Hamburg tot aufgefunden Mann hatte am Donnerstag die Obduktion ergeben, dass der 38-Jährige an einer Durchfallerkrankung gelitten hat. Laut RKI erkrankten von der zweiten Maiwoche bis 25. Mai insgesamt 214 Menschen am gefährlichen Hämolytisch-Urämischen Syndrom (HUS), das Nierenschäden verursacht. Normalerweise treten in Deutschland jährlich bis zu 60 HUS-Fälle auf.

Auf der Suche nach dem gefährlichen Durchfallerreger EHEC waren Experten am Donnerstag einen bedeutenden Schritt vorangekommen. Das Bakterium wurde in Hamburg an vier Salatgurken nachgewiesen. Drei davon stammen nach Senatsangaben aus Spanien. Mittlerweile sind alle Bundesländer betroffen und auch in Europa breitet sich das Darmbakterium aus.

Das RKI hatte wegen des gefährlichen Erregers am Mittwoch davon abgeraten, in Norddeutschland Tomaten, Salatgurken und Blattsalate roh zu verzehren. Diese Lebensmittel waren von Erkrankten in Hamburg laut einer Studie besonders häufig konsumiert worden.

Immer mehr EHEC-Patienten in Niedersachsen

Die Zahl der EHEC-Patienten in Niedersachsen ist weiterhin gestiegen. 204 Menschen seien vermutlich mit dem Darmkeim infiziert, sagte Thomas Spieker vom Gesundheitsministerium Niedersachsen am Freitag in Hannover. “Wir müssen aufgrund der steigenden Zahlen immer noch von einem dynamischen Geschehen ausgehen.“ 35 Menschen leiden an der besonders schweren Form der Infektion durch EHEC - viele von ihnen liegen auf der Intensivstation. 99 weitere EHEC-Fälle seien bereits bestätigt.

Spanien überprüft zwei Unternehmen

Die spanischen Behörden überprüfen wegen der möglichen Verunreinigung von Gemüse mit dem gefährlichen Durchfallerreger EHEC zwei Betriebe. Das Gesundheitsministerium in Madrid teilte mit, es sei durch ein EU-weites Alarmsystem informiert worden, dass zwischen den Erkrankungen in Deutschland und dem Gemüse aus Spanien möglicherweise ein Zusammenhang bestehe. Noch sei aber unklar, ob es zu der Verunreinigung in Spanien oder beim Transport oder beim Umladen der Ware in Deutschland gekommen sei.

dpa/dapd

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