Fall Mirco: Olaf H. tötete aus Frust
Grefrath - Der kleiner Mirco (10) aus Grefrath musste sterben, weil Olaf H. "gefrustet" war. Ermittler bezeichnen den geständigen Mörder als "Zeitbombe". Er sei bereits vor dieser Tat einmal “rumgefahren“.
Nach knapp fünfmonatigen Ermittlungen ist der Fall um den entführten und getöteten Mirco aus Grefrath (Kreis Viersen) aufgeklärt. Wie Polizei und Staatsanwaltschaft am Freitag in
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Mönchengladbach mitteilten, geriet der Zehnjährige offenbar nur zufällig ins Visier seines Mörders, eines 45-jährigen Familienvaters aus dem benachbarten Schwalmtal. Er habe großes Pech gehabt und sei ein “absolutes Zufallsopfer“, sagte der Leiter der Sonderkommission, Ingo Thiel. Zugleich gab er an, der festgenommene Tatverdächtige Olaf H. aus Schwalmtal habe ein Geständnis abgelegt. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Familienvater den Jungen am 3. September 2010, dem Tag seines Verschwindens, sexuell missbraucht und getötet hat.
In einer “langwierigen und umfassenden Vernehmung“ habe Olaf H. angegeben, am Abend der Tat planlos herumgefahren zu sein, nachdem er vom Chef “zusammengefaltet“ worden sei, sagte Thiel. Dabei stieß er seinen Angaben zufolge zufällig auf Mirco, der auf seinem Fahrrad von einer Skateranlage auf dem Heimweg war. Er habe ihn angesprochen und aufgefordert, in sein Auto einzusteigen. Der Junge, der offensichtlich unter Schock stand, habe dies ohne Gegenwehr getan. “Dabei muss der Junge Todesängste durchlitten haben“, sagte Thiel.
Danach fuhr der 45-Jährige mit dem Jungen in Richtung Wachtendonk in ein Waldstück bei Grefrath, zog den Jungen aus und verging sich vermutlich an ihm. Anschließend tötete er ihn und ließ ihn dort liegen, ohne ihn zu vergraben. Thiels Angaben zufolge liegt die Stelle etwa sechs Kilometer von der Gegend entfernt, die mehrmals von der Polizei durchsucht worden war.
Nach der Tat fuhr der 45-Jährige zu seiner Familie in Schwalmtal zurück und verhielt sich dort vollkommen normal, wie Thiel weiter sagte. Nach Angaben der Ermittler war der Mann zuvor nie strafrechtlich in Erscheinung getreten. “Er gilt als treusorgender Familienvater“, sagte der Leiter der Sonderkommission. Auch für pädophile Neigungen habe es keine Anhaltspunkte gegeben. Seine Familie sei geschockt und völlig überrascht über die Festnahme des 45-Jährigen.
Ermittler sprechen von “Zeitbombe“
In seiner Vernehmung habe Olaf H. allerdings angegeben, bereits früher mindestens einmal “rumgefahren“ zu sein. Die Ermittler gehen derzeit aber nicht davon aus, dass es auch dabei zu einem Verbrechen kam. Thiel sprach aber von einer “Zeitbombe“, die unterwegs gewesen sei. Nach seiner Tat hatte Olaf H. offenbar in Erwägung gezogen, sich selbst zu stellen oder einen anonymen Hinweis zu geben. Dazu habe er aber nicht den nötigen Mut aufgebracht. Seine Festnahme habe der Mann wortlos hingenommen und nach vierstündigem Verhör die Stelle, an der Mircos Leiche lag, preisgegeben. Über den Zustand des Leichnams wollten die Ermittler keine Angaben machen.
Trauerfeier am Donnerstag
Am Donnerstagabend soll es im niederrheinischen Grefrath nach einem Bericht der “Welt“ eine öffentliche Trauerfeier in der katholischen Kirche geben. Darauf habe man sich am Freitag bei einem Gespräch mit der Familie vorläufig verständigt, sagte Pfarrer Norbert Selent von der freikirchlichen Christengemeinde Evangeliumshaus in Krefeld der Zeitung (Samstagsausgabe).
“Die Familie wird sich nun ein paar Tage zurückziehen“, sagte der Geistliche nach einem Treffen mit der Familie der “Welt“. Bei aller Trauer könne die Familie nun versuchen, nach dem Fund des Jungen mit der Situation allmählich abzuschließen. Die Beerdigung von Mirco sei zu einem späteren Zeitpunkt geplant.
Auf die Spur des Tatverdächtigen führte unter anderem die Zeugenaussage eines Mannes, der den Täter mit seinem Auto vor dem Verbrechen beobachtet hatte, wie er ein Fahrrad wegschob. Thiel zufolge ist Olaf H. durch eine DNA-Speichelprobe und Faserspuren von Mircos Kleidung in seinem Auto überführt. Bei dem Wagen handelt es sich um ein geleastes Firmenfahrzeug, das er nach der Tat und nach Ablauf des Vertrags an die Leasingfirma vereinbarungsgemäß zurückgegeben hatte. Danach habe der VW Passat “eine Odyssee“ gemacht und sollte nach Russland verkauft werden. Der Sonderkommission gelang es, an das in Deutschland “stillgelegte“ Auto heranzukommen.
Olaf H. sitzt seit Donnerstagabend in Untersuchungshaft. Er arbeitet für die Telekom, hat drei leibliche Kinder und ist in dritter Ehe verheiratet. Telekom-Vorstandschef René Obermann drückte in einer Mitteilung im Intranet des Konzerns den Eltern und Angehörigen von Mirco “Mitgefühl und Anteilnahme“ aus. Die Kollegen des Tatverdächtigen seien “geschockt“. Ein Sprecher der Telekom bestätigte in Bonn auf dapd-Anfrage die Mitteilung und einen entsprechenden Bericht der in Düsseldorf erscheinenden “Rheinischen Post“ (Samstagausgabe).
dapd/dpa