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Aktivisten blockierten Altes Rathaus in Göttingen: Keine Lesung mit Thomas de Maizière

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Von: Stefan Rampfel

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Keine Lesung: Der frühere Bundesminister Thomas de Maizière verließ das Alte Rathaus. Er war vom Bundestagsabgeordneten Fritz Güntzler begleitet worden.
Keine Lesung: Der frühere Bundesminister Thomas de Maizière verließ das Alte Rathaus. Er war vom Bundestagsabgeordneten Fritz Güntzler begleitet worden. © Stefan Ranpfel

Thomas de Maizière (CDU), früherer Bundesminister, wollte am Montagabend während des Göttinger Literaturherbstes aus seinem Buch „Regieren“ lesen. Doch dazu kam es nicht.

Dutzende Aktivisten hatten die Eingänge zum Alten Rathaus in der Innenstadt blockiert, waren auf Bäume geklettert. Scheinbar hatten die Verantwortlichen die Lage vollkommen falsch eingeschätzt: „Niemand habe damit gerechnet“, sagte Johannes-Peter Herberhold, Geschäftsführer des Literaturherbstes, zu den Gästen auf dem Marktplatz vor dem Alten Rathaus.

Die Lesung konnte nicht stattfinden. „Die Polizei hält es für zu gefährlich, wir müssen uns der Gewalt beugen“, so Herberhold.

De Maizière ließ sich entschuldigen: Er habe immer für Recht und Ordnung gestanden. Laut Auskunft von Herberhold wird es einen Ersatztermin geben, an einem Ort, der besser gesichert ist.

Güntzler dabei

Aufmerksam auf die Kundgebung wurde de Maizière, als er mit Fraktionskollege Fritz Güntzler die Weender Straße entlang ging. Beide kamen von einer Diskussionsveranstaltung im Institut für Demokratieforschung der Universität, als ein Anruf Güntzler über die Lage in Kenntnis setzte. Über die Gotmarstraße gelangten beide – unbemerkt von den Demonstranten – über einen Hintereingang in die Räume des Restaurants Bullerjahn, im Keller des Alten Rathauses.

Aktivisten blockierten das Alte Rathaus in Göttingen.
Aktivisten blockierten das Alte Rathaus in Göttingen. © Stefan Rampfel

Währenddessen waren auf dem Marktplatz Schüsse und Sirenen zu hören, die aus einem Lautsprecher kamen und auf die deutschen Waffenlieferungen, unter anderem an die Türkei, aufmerksam machten. „Wir protestieren heute, weil Thomas de Maizière und seine Partei eine besondere Verantwortung für die Waffenlieferungen haben“, so eine Sprecherin der Antifaschistischen Linken (A.L.I.). Solch einer menschenverachtenden Politik und der Propaganda solle keine Bühne gegeben werden, weder in Göttingen und woanders. Man fordere die Bundesregierung auf, diese Lieferungen sofort einzustellen.

Kritik der Demonstranten

Die weitere Kritik der Demonstranten: Als Verteidigungsminister sei der CDU-Politiker ausgesprochener Befürworter deutscher Kriegseinsätze gewesen. Er habe den staatlichen Überwachungsapparat weiter ausgebaut. „De Maizière ist mit seiner Politik verantwortlich für die Verfolgung linker und progressiver Kräfte“, so eine Sprecherin. Die Blockierer demonstrierten zudem gegen den türkischen Angriffskrieg auf Rojava.

Thomas de Mazière in Göttingen: Unverständnis bei den Besuchern

Unverständnis kam von den Gästen der ausverkauften Lesung: „Ich bin schockiert, wie die Antifa diese wunderbare Veranstaltung torpediert. Ich habe absolut kein Verständnis für den Protest. Das ist unmöglich, das ist kriegerisch“, so ein Besucher.

Eine Frau sagte: „Ich finde es gut, dass die Lesung abgesagt wurde und dass es friedlich bleibt. Wir finden die Waffenlieferungen auch nicht gut, aber jetzt ist es zu spät.“ Die Polizei sagte den Gästen, man könne Anzeige wegen Nötigung gegen die Demonstranten stellen.

Nach einer knappen Stunde wurde der frühere Bundesminister von einer Zivilstreife der Göttinger Polizei wieder am Hintereingang des Alten Rathauses abgeholt – unbemerkt von den Demonstranten. Diese hatten die Treppen bereits verlassen, sie hatten ihr Ziel erreicht.

Thomas de Maizière hatte 28 Jahre Regierungsverantwortung und ist einer der prominentesten Bundespolitiker. In seinem Buch „Regieren“ geht es um Institutionen, Strukturen, Rollen, Krisen, um den Regierungsalltag mit Lobbyisten, Bankern, Unternehmern und natürlich auch um die Kanzlerin. Auf eine ganz sachliche, problemorientierte Art legt dieses Buch Strukturen des Regierens offen.

Von Stefan Rampfel

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