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Studienplatz-Drama an der Goethe-Uni Frankfurt: Betroffene wollen klagen

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Von: George Grodensky

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Üben mit der Lernpuppe gehört für Medizinstudierende zur Ausbildung.
Üben mit der Lernpuppe gehört für Medizinstudierende zur Ausbildung. Rolf Oeser © Rolf Oeser

282 Zulassungen in der Medizin und Zahnmedizin muss die Hochschule zurücknehmen. Die Betroffenen wollen klagen.

Frankfurt – Ulrich Böhmer ist erschüttert. Sein Sohn wollte zum Wintersemester 2022/23 das Studium der Medizin an der Frankfurter Goethe-Universität aufnehmen. In der vorvergangenen Woche kam die Zusage. Am Freitag dann die Rolle rückwärts. Die Hochschule hat zu viele Bewerberinnen und Bewerber angenommen, die am Freitag alle eine Absage erhalten haben. 282 unglückliche junge Menschen, die, anstatt ihre wissenschaftliche und praktische Ausbildung zu Ärzten und Ärztinnen zu beginnen, nun „völlig in der Luft hängen“, wie Böhmer schimpft.

Wer in einem zentralen Vergabeverfahren einer Hochschule zugewiesen ist, „ist für dieses Jahr raus“, sagt Böhmer. Die 282 Betroffenen haben sich inzwischen zusammengesetzt, über Videocalls und Messengerdienste das weitere Vorgehen abgestimmt. „Nicht wenige Klagen“ ewartet Böhmer. Sie haben sich an Medien und Politik gewandt, haben Rechtshilfen konsultiert. Auf der Plattform change.org hat die Gruppe eine Petition eröffnet. Die Forderung: Die Uni soll weitere Studienplätze schaffen. Am Montag haben bis 17.30 Uhr bereits 12 500 Menschen gezeichnet.

Frankfurt: Zahl der erteilten Studienplätze an der Goethe-Universität übersteigt Kapazität

Allerdings übersteigt die Zahl der zu viel erteilten Studienplätze die vorhandene Kapazität „sehr erheblich“, wie Hochschulsprecher Olaf Kaltenborn formuliert. 381 Plätze bietet die Uni in der Humanmedizin, 40 in der Zahnmedizin. 282 Plätze sind zu viel vergeben worden: 31 in der Zahnmedizin, 251 in der Humanmedizin. Zu viele, um die Plätze spontan zusätzlich anbieten zu können.

Das lässt Böhmer nicht gelten. Er betont, dass die Schicksale, die hinter den Zahlen stecken, keine andere Möglichkeit ließen. Die Bewerberinnen und Bewerber hätten nach der erfolgten Zusage anderen Hochschulen abgesagt, auch renommierten aus dem Ausland, hätten Wohnungen gekündigt, neue Mietverträge unterschrieben, hätten Ausbildungsverträge aufgegeben. Manche hätten auch schon lange auf den Platz gewartet und seien nun doppelt enttäuscht worden.

Goethe-Uni in Frankfurt: Hochschule untersucht Fehler bei der Platzvergabe

Obendrein ist der Studienbeginn für Medizin in Frankfurt nur im Wintersemester möglich. In der Zahnmedizin ist der Auftakt immerhin im Sommersemester möglich, das wäre nur ein halbes Jahr vertane Zeit.

Was genau passiert ist, wie es zu dem Fehler kommen konnte, untersucht die Hochschule gerade. „Wir werden dafür auch externe Unterstützung in Anspruch nehmen, um solche oder ähnliche Fehler künftig wirksam auszuschließen“, sagt Kaltenborn. Das Zulassungsverfahren laufe zentral über die Stiftung Hochschule in Dortmund. Die Unis melden ihre Kapazitäten, die Stiftung verteilt. Die Goethe-Uni hat wohl zu viel Plätze gemeldet. Wegen „unglücklicher Umstände“ sei der Fehler zu spät entdeckt worden, um das Verfahren noch stoppen zu können.

Goethe-Uni in Frankfurt: „Sobald konkrete Angebote vorliegen, werden wir darüber informieren“

„Die Goethe-Universität ist sich bewusst, dass für die Betroffenen durch die Rücknahme der Studienplatzentscheidung erhebliche Konsequenzen entstehen“, sagt Kaltenborn. Die Verantwortlichen erörterten, wie den Betroffenen zu helfen wäre – etwa mit alternativen Studienplätzen. Die Prüfungen seien noch nicht abgeschlossen. „Sobald konkrete Angebote vorliegen, werden wir darüber informieren.“

Einstweilen können sich Betroffene an das Beratungsteam der Goethe-Universität über Mail an zsb-nawi@uni-frankfurt.de wenden. Eine Hotline für eine telefonische Beratung ist in Vorbereitung, sie soll „in Kürze“ geschaltet werden. (George Grodensky)

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