Update vom 17. Juli, 18.49 Uhr: Die Polizei im Hochsauerland prüft ein Ermittlungsverfahren gegen vier Männer, die am Samstag mit Schlauchbooten und Schwimminseln auf der Hochwasser führenden Ruhr gekentert sind. Die Männer im Alter von 23 bis 28 Jahren hätten sich an Bäumen festhalten und mit eigener Kraft ans Ufer retten können, berichtete die von einem Zeugen alarmierte Polizei. „Für solche Aktionen haben wir keinerlei Verständnis“, hieß es in ihrer Mitteilung.
Update vom 17. Juli, 16.48 Uhr: Im Raum Ahrweiler in Rheinland-Pfalz erhöhte sich die Todeszahl im Zusammenhang mit der Hochwasserkatastrophe derweil auf 98, wie die Polizei Koblenz am Nachmittag bekanntgab. Die Zahl der Verletzten stieg demnach auf 670. Die Gesamtzahl der bestätigten Todesopfer in NRW lag bis zum Nachmittag bei 43. Die Zahl der Toten übertrifft mittlerweile um ein Mehrfaches jene der sogenannten Jahrhundertflut aus dem Jahr 2002, bei der in Sachsen 21 Menschen gestorben waren. Viele Menschen wurden am Samstag noch vermisst, eine genaue Zahl ist unklar.
Update vom 17. Juli, 16.25 Uhr: Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat am Samstag in Erftstadt ein Unterkunft für durch das Hochwasser wohnungslos gewordene Menschen besucht. In der zum Aufenthaltsraum umfunktionierten Kantine eines Gymnasiums traf der CDU-Chef und Unions-Kanzlerkandidat mit etwa 20 Bewohnern zusammen, wie ein Fotograf der Deutschen Presse-Agentur vor Ort berichtete.
Dort waren Frauen mit Kindern, Paare und Alleinstehende versammelt. Nach Auskunft der Bürgermeisterin von Erftstadt sind mehrere hundert Menschen in Unterkünften. Anschließend sah sich der Ministerpräsident Kleiderspenden für die Menschen an, die ihr Obdach verloren haben. Zuvor hatte er zusammen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Hochwasser-Retter von Feuerwehr und anderen Hilfsorganisationen getroffen.
Kanzlerin Merkel wird am Sonntag in den Krisengebieten in Rheinland-Pfalz erwartet.
Update vom 17. Juli, 15.51 Uhr: Immer noch laufen die Arbeiten der Rettungskräfte in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen auf Hochtouren. In NRW sind nach Angaben des Innenministeriums mehr als 23 000 Einsatzkräfte von Feuerwehr und Hilfsorganisationen wie dem Technischen Hilfswerk (THW) an den Rettungsarbeiten beteiligt. Hinzu kämen hunderte Polizeibeamte, Bundeswehrsoldaten, sowie Einsatzkräfte aus Hessen, Niedersachsen und Hamburg.
Auch im besonders stark betroffenen Kreis Ahrweiler, in Rheinland-Pfalz suchen Feuerwehrleute Haus für Haus nach Vermissten ab. „Alles ist möglich. Wir wissen nicht, was wir in den Kellern finden“, sagt ein Feuerwehr-Abschnittsleiter am Samstag. „Leider müssen noch deutlich mehr Tote befürchtet werden.“
Auf der Bundesstraße 265 bei Erftstadt in Nordrhein-Westfalen hat die Bundeswehr derweil begonnen, die von den Fluten eingeschlossenen Fahrzeuge mit Radpanzern zu bergen. Nachdem der nahegelegene Damm zum Marienhospital gebrochen war, soll sich eine tsunamiartige Welle über die Straße gestürzt haben. Menschen seien in den Lastwagen und Autos bisher nicht entdeckt worden, teilte die Feuerwehr der Stadt Erftstadt am Samstag mit.
„Augenzeugen haben uns berichtet, dass die Welle, die von Süden nach Norden die Straße entlang wälzte und die Autos verschluckte, drei Meter hoch war. Innerhalb von fünf Minuten hat sie sich in einen breiten, reißenden Fluss verwandelt.“ sagte Elmar Mettke, Sprecher der Ortsfeuerwehr, am Samstag zu FOCUS Online. Mit Sonar wurden einige der Fahrzeuge geortet. Ob sich doch noch irgendwo Menschen in den Wracks befinden ist unklar.
Update vom 17. Juli, 13.05 Uhr: Wurden die Anwohner der von der Hochwasser-Katastrophe betroffenen Gebiete ausreichend gewarnt? Vielerorts gab es gar keine oder nur noch wenige funktionsfähige Sirenen. Ein von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) aufgesetztes Förderprogramm für die Länder, die für den Katastrophenschutz in Friedenszeiten die Verantwortung tragen, ist zwar geplant, aber noch nicht umgesetzt.
„Seit dem Frühjahr laufen mit den Ländern Abstimmungen zum Förderprogramm für den Aufbau und die Ertüchtigung der Sirenen“, sagte Ministeriumssprecher Steve Alter am Samstag auf Anfrage der dpa. Der Prozess sei auf der Zielgeraden. Der Bund hatte den Ländern insgesamt 88 Millionen Euro angeboten. Die Wartungskosten für die Anlagen müssen die Länder aber selber aufbringen. Hinzu kommt, dass es aktuell keine bundesweite Übersicht gibt, wo überall Warnsirenen stehen und wo nicht.
Doch wäre die Katastrophe mit einem besseren Warnsystem anders ausgegangen? Thomas Linnertz weist im Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland auf die Kräfte und unvorhersehbaren Ausmaße der Fluten hin. Er ist Präsident der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), die in Rheinland-Pfalz den Katastrophenschutz koordiniert.
„So viele Vorsichtsmaßnahmen können Sie gar nicht treffen, wie da Wasser vom Himmel prasselte.“
„So viele Vorsichtsmaßnahmen können Sie gar nicht treffen, wie da Wasser vom Himmel prasselte. Die Flüsse sind so schnell angestiegen, dass wir gar nicht mehr die Menschen evakuieren konnten.“ Hinzu komme, dass wegen des Mobilfunk- und Stromausfalls viele Menschen nicht erreicht wurden, so Linnertz.
Update vom 17. Juli, 10.31 Uhr: Tag und Nacht sind die Einsatzkräfte in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen immer noch im Einsatz. Beide Bundesländer wurden von der Hochwasser-Katastrophe schwer getroffen. Erst nach und nach wird das Ausmaß des Unglücks klar. „Der Einsatz läuft auf Hochtouren“, so ein Polizeisprecher am Samstag gegenüber der dpa.
Während sie in den Trümmern nach Vermissten und Verletzten suchen, müssen sich Polizei und Rettungskräfte allerdings auch mit Schaulustigen und Gaffern rumschlagen. Auf Twitter schrieb die Polizei Rhein-Erft-Kreis in der Nacht auf Samstag: „Immer noch haben wir regelmäßig mit Schaulustigen zu tun, die durch ihr Verhalten die Arbeiten der Rettungskräfte behindern und sich selbst in Gefahr bringen. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt für Schaulust. Meiden Sie abgesperrte Bereiche. Zufahrtswege sind freizuhalten!“
Es ist nicht an der Zeit für Touren in einem Katastrophengebiet“, hieß es am Samstag auch von der Polizei in Mainz. Denn viele Menschen hätten dort gerade erst „großes Leid und Verluste erfahren“. Während des Katastropheneinsatzes seit Donnerstag war es bereits zu Behinderungen durch Schaulustige gekommen.
Erstmeldung: Ahrweiler - Die Hochwasser-Katastrophe hat Deutschland hart getroffen, die Zahl der Todesopfer steigt auch an Tag drei weiter an. Mindestens 130 Menschen starben durch die Fluten, die Polizei bezifferte allein die Zahl der Todesopfer im Großraum Ahrweiler bis Samstagmorgen auf über 90.
Es sei zu befürchten, dass noch weitere hinzukämen, teilte die Polizei Koblenz am Samstag mit. Insgesamt liege dem Polizeipräsidium die Meldung über 618 Verletzte vor. Auch diese Zahl könne sich noch weiter erhöhen. Mehr als zwei Tage nach dem Unglück werden immer noch Menschen vermisst. In Nordrhein-Westfalen gab es nach Angaben des NRW-Innenministeriums landesweit mindestens 43 Todesopfer und viele Verletzte.
In der Region gehen unterdessen die Such- und Rettungsarbeiten weiter. Noch immer sind Tausende Rettungskräfte in der Eifel, wo in der Nacht zum Donnerstag die Wassermassen ganze Orte verwüstet hatten. In vielen Ortschaften fiel weiterhin das Strom- und Telefonnetz aus. Angehörige, Freunde oder Bekannte, die jemanden vermissen, können sich unter der Rufnummer 0800 6565651 bei der Polizei melden.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kommt am Samstag in den von der Flutkatastrophe besonders hart getroffenen Rhein-Erft-Kreis (Nordrhein-Westfalen), Bundeskanzlerin Angela Merkel* plant einen baldigen Besuch in der schwer verwüsteten Region in Rheinland-Pfalz*.
Bis Freitagabend war noch offen, ob es in Erftstadt Todesopfer zu beklagen gibt. „Wir gehen von mehreren Toten aus, wissen es aber nicht“, sagte der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU*). Eine besonders dramatische Lage hatte sich in Erftstadt-Blessem südwestlich von Köln ergeben: Dort kam es zu gewaltigen Erdrutschen, es bildeten sich Krater im Erdreich, drei Wohnhäuser und ein Teil der historischen Burg stürzten ein.
Laschet beklagte am Freitag eine „Flut-Katastrophe von historischem Ausmaß“. Es sei zu befürchten, dass die Opferzahlen weiter steigen. Seine Amtskollegin aus Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD*), nannte die Lage „weiterhin extrem angespannt in unserem Bundesland“. Sie fügte in Trier hinzu: „Das Leid nimmt auch gar kein Ende.“