Paxlovid: Corona-Medikament half Karl Lauterbach – aber Ärzte verschreiben es kaum

Karl Lauterbach hat es genommen und auch Joe Biden: Paxlovid kann schwere Corona-Verläufe verhindern. In Deutschland spielt das Medikament kaum eine Rolle.
Berlin – Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wirbt hartnäckig für das Corona-Medikament Paxlovid. „Die Symptome sind noch leicht. Zur Vermeidung von Komplikationen nehme ich Paxlovid“, twitterte der 59-jährige Anfang August. Lauterbach hatte sich trotz vierter Impfung mit dem Coronavirus infiziert. Auf seine Ankündigung folgten prompt Reaktionen. Dem Gesundheitsminister wurde sogar Lobbyarbeit für die Pharmaindustrie vorgeworfen. Viele andere dagegen waren empört, weil ihnen das Mittel von ihrem Arzt verweigert worden war.
Corona-Medikament: Paxlovid kann Leben retten – auch in Deutschland verfügbar
Das Medikament Paxlovid hemmt die Virusvermehrung bei Corona-Infizierten. Eine rechtzeitige Therapie senkt das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs, davon sind Mediziner inzwischen überzeugt. In Deutschland verschreiben Ärzte Paxlovid bislang nur sehr zögerlich, anders als in den USA entwickelt sich das Mittel des Pharmariesen Pfizer zu einem Ladenhüter. Bei 280.000 Packungen sollen im Februar 2023 das Verfallsdatum ablaufen, hieß es in einer Antwort des Gesundheitsministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der CSU im August.
„Mörderische Halsschmerzen“ wegen Corona: So wirkte Paxlovid bei Karl Lauterbach
Inzwischen ist Karl Lauterbach von Covid-19 genesen. „Am zweiten Tag hatte ich mörderische Halsschmerzen“, erzählt Lauterbach dem Spiegel. Außerdem habe er hohes Fieber und Schüttelfrost gehabt. „Um die Symptome zu verkürzen und Spätfolgen zu vermeiden und auch um mit gutem Beispiel voranzugehen“ habe er das Corona-Medikament genommen, 30 Tabletten innerhalb von fünf Tagen geschluckt. Die Wirkung des antiviralen Mittels: „Nach 24 Stunden konnte ich sogar schon wieder arbeiten“, sagte Lauterbach dem Nachrichtenmagazin zufolge. Vorübergehend habe der 59-Jährige, wie andere Patienten, einen metallischen Geschmack im Mund verspürt.
Paxlovid – antivirales Corona-Medikament
Paxlovid ist eine Kombination der Wirkstoffe Nirmatrelvir und Ritonavir. Niramtrelvir ist ein sogenannter Proteasehemmer, der die Virusreplikation hemmt.
Das Corona-Medikament des US-Pharmakonzern Pfizer ist seit Januar 2022 in Europa und damit auch in Deutschland von der Europäischen Arzneimittelagentur EMA zugelassen.
Lauterbach fordert immer wieder, das Paxlovid auch in Deutschland schneller einzusetzen. „Das ist etwas, was wir hinbekommen müssen, weil das würde viele Menschenleben retten“, hatte Lauterbach bei einem Besuch in Washington Mitte Juli gesagt. Vor dem drohenden Corona-Herbst 2023 soll das antivirale Mittel eine zweite Säule neben der Impfung werden.
Hausärzte dürfen ab Mitte August das Medikament in ihrer Praxis auf Vorrat haben und direkt an Corona-Patienten abgeben. Die Verschreibung ist einfacher geworden und auch per Telefon möglich. Eine Verordnung solle zudem mit 15 Euro vergütet werden.
Intensivmediziner für stärkeren Pavloxid-Einsatz
Auch Intensivmediziner sprechen sich für eine vermehrte Verabreichung Paxlovid aus, um schwere Covid-Erkrankungen zu verhindern und damit die Kliniken in Deutschland zu entlasten. „Ich glaube tatsächlich, dass die stärkere Behandlung mit diesem Medikament dazu beitragen könnte, dass weniger Corona-Patienten mit einem schweren Verlauf auf den Intensivstationen behandelt werden müssen“, sagte etwa der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Gernot Marx, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Marx betonte, die Studiendaten wiesen darauf hin, dass die Verabreichung von Paxlovid gerade zu Beginn einer Infektion einen schweren Verlauf verhindern könne. „Wenn die Behandlung mit dem Medikament angezeigt ist und der Patient dies auch möchte, sollten Ärzte dies auch stärker als bislang tun“, sagte der Mediziner.
Paxlovid: Warum verschreiben es Hausärzte noch so selten?
In Deutschland werde das Präparat bislang eher zurückhaltend verschrieben, stellte auch Stefan Kluge, Direktor der Klinik für Intensivmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa Anfang August fest. Ein Grund dafür sei vermutlich der Umstand, dass Paxlovid mit sehr vielen anderen Medikamenten Wechselwirkungen hat. Die Einnahme sollte unbedingt sorgfältig ärztlich geprüft werden.
Wie der Spiegel berichtet, ist ein Computertool in Planung, dass Hausärzte über mögliche Wechselwirkungen von Plaxlovid mit anderen Medikamenten informieren könne. Zudem habe Lauterbach den Corona-Expertenrat der Bundesregierung beauftragt, ein Gutachten zu Paxlovid und anderen antiviralen Medikamenten zu erstellen. Dabei gehe es vor allem um die Frage, wem dieses Corona-Mittel tatsächlich verordnet werden soll. Darüber gibt es wohl unterschiedliche Ansichten.
Der sogenannte Rebound-Effekt bei Paxlovid ist zwar längst bekannt. Doch sorgte das seltene Phänomen im Zusammenhang mit dem US-Präsidenten Joe Biden (79) für Aufmerksamkeit. Biden wurde mit dem antiviralen Covid-Medikament behandelt. Die Therapie schlug an, doch nach vier Tagen wurde Biden wieder positiv auf Corona getestet. (ml/dpa/AFP)