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„Verzweiflungstat“: Pflegeverbände zerlegen Lauterbachs Klinik-Plan

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Von: Kai Hartwig

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Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach während einer Pressekonferenz
Die Pläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach stoßen auf scharfe Kritik bei den Pflegeverbänden. © Kay Nietfeld/dpa

Auf vielen Kinderstationen herrscht Ausnahmezustand. Gesundheitsminister Lauterbach will Pflegepersonal umbesetzen. Pflegeverbände laufen dagegen Sturm.

München – Die Lage auf den Kinderstationen in deutschen Krankenhäusern und Kliniken ist angespannt. Aufgrund einer Vielzahl von Atemwegserkrankungen bei jungen Patienten sind die Stationen überlastet. Das Personal ist knapp oder vielerorts schon jetzt zu gering bemessen. Der seit Jahren überlastete Pflegesektor kommt einmal mehr an seine Grenzen – und darüber hinaus. Ein Arzt fand drastische Worte für die dramatische Lage auf den Kinderstationen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach reagierte mit einem Notfallplan.

Lauterbach will Personal von Erwachsenen- auf Kinderstationen abziehen – Pflegeverbände laufen Sturm

Der SPD-Politiker kündigte an, Pflegepersonal aus Erwachsenenstationen abzuziehen, um es in Kinderstationen einzusetzen. Bei den Pflegeverbänden hält sich die Begeisterung darüber in Grenzen, vielmehr regt sich heftige Kritik. „Das kann man nur als Verzweiflungstat bezeichnen“, wetterte Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats (DPR), beim RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „In den Kliniken kann bereits jetzt nur die Minimalversorgung gesichert werden. Wir haben keine Station mehr, wo man Pflegepersonal abziehen kann.“

Grundsätzlich sei auch die von Lauterbach geplante Verlegung von Pflegepersonal aus Erwachsenen- in Kinderstationen nicht ohne weiteres umsetzbar, meinte Vogler. Einerseits würden die Pflegekräfte durch ihre Ausbildung über Berufsgrundlagen verfügen. Allerdings befähigten diese nicht automatisch dazu, im Intensivbereich einer Kinderstation die Versorgung leisten zu können. „Diese Vorstellung, dass Pflegefachpersonen mit ihrer Qualifizierung mal eben überall in Spezialabteilungen eingesetzt werden könnten, das ist ein irriger Gedanke in der Bevölkerung, der aufhören muss“, mahnte die DPR-Präsidentin.

Pflegeverbände kritisieren Lauterbach-Plan als „unzumutbar“ und fürchten „Berufsflucht“

Lauterbachs Klinik-Plan sieht außerdem vor, zeitweise die Pflegepersonaluntergrenzen auszusetzen, um die Lage in den Kinderstationen zu entschärfen. Aus Sicht des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBfK) wäre ein solches Vorgehen „unzumutbar“, bekräftigte dessen Vorsitzende Christel Bienstein gegenüber dem RND. „Die Untergrenzen sind die rote Linie, die das Minimum an Versorgung markiert“, gab sie zu bedenken. Ihr Zweck sei auch, die Sicherheit der Krankenhaus-Patienten zu gewährleisten.

Werden diese gestrichen, könne dies nach Ansicht der DBfK-Chefin auch fatale Folgen unter den Pflegekräften haben. „Pflege unter diesem Minimum betreiben zu müssen, wäre daher auch eine enorme Zumutung an die Kolleginnen und Kollegen – mit allen daraus erwachsenden Konsequenzen bis zur Berufsflucht“, warnte Bienstein.

Derweil plant der Gesundheitsminister auch eine „Revolution“ in den Krankenhäusern. Mit einem Drei-Stufen-System will Lauterbach eine bessere Patienten-Versorgung erreichen und die Kliniken wirtschaftlich absichern.

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