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„Toxische Verbandskultur“: Offizier schildert Rechtsextremismus innerhalb Eliteeinheit KSK

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Von: Tim Vincent Dicke

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Ein Elitesoldat schildert in einem Brandbrief an das Verteidigungsministerium erhebliche Missstände innerhalb der Einheit KSK und prangert rechtsextremistische Umtriebe an. (Symbolbild)
Ein Elitesoldat schildert in einem Brandbrief an das Verteidigungsministerium erhebliche Missstände innerhalb der Einheit KSK und prangert rechtsextremistische Umtriebe an. (Symbolbild) © Kay Nietfeld/dpa

In einem Brandbrief an Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) prangert ein Elitesoldat der KSK rechtsextreme Einstellungen und weitere Missstände innerhalb der Einheit an.

Berlin – Ein Hauptmann der KSK (Kommando Spezialkräfte) hat Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer (CDU) nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ auf erhebliche Missstände in der Eliteeinheit der Bundeswehr hingewiesen.

Rechtsextremismus in der Bundeswehr: Verteidigungsministerium bestätigt KSK-Brandbrief

In einem zwölfseitigen Brief schildere der Soldat, dass innerhalb der Bundeswehreinheit KSK rechtsextreme Tendenzen geduldet und teilweise sogar wissentlich vertuscht würden, berichtete das Medium am Freitag (12.06.2020). Den Mitgliedern der Eliteeinheit KSK werde eingeredet, keine Vorkommnisse zu melden.

Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur bestätigte das Verteidigungsministerium den Eingang eines Briefes, ohne weitere Details zu nennen. Kramp-Karrenbauer fahre eine Null-Toleranz-Linie gegenüber jedem Fall von Extremismus, so das Ministerium. Die CDU-Politikerin hatte nach mehreren Fällen im KSK eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die bis zum Sommer Ergebnisse vorlegen soll.

Eliteeinheit KSK unter Beschuss: Bundeswehr-Offizier schildert rechtsextreme Umtriebe

Der Autor des Briefes, ein Hauptmann, beklage, dass rechtsextreme Umtriebe in der Bundeswehreinheit „ignoriert oder gar toleriert“ würden, so der „Spiegel“. Der Soldat, der seit 2018 im KSK diene, nenne Beispiele für eine Kultur des Wegschauens, wenn es um rechtsextreme Tendenzen gehe.

So habe einer seiner Ausbilder aus seiner „aggressiv nationalkonservativen Gesinnung“ keinerlei Hehl gemacht. Als „call sign“, über den sich die Soldaten im Funkverkehr identifizieren, habe seine Kommandozentrale stets den Code „Y-88“ benutzt. Die Rekruten hätten diese Anspielung auf den Hitlergruß zwar wahrgenommen, aus Angst vor Repressalien aber habe niemand etwas gesagt.

In dieser Kolumne beschreibt der Autor, warum die Bundeswehr in Deutschland* von Anfang an zum Scheitern verurteilt war.

Rechtsextremismus beim KSK (Bundeswehr): „Es lebe das heilige Deutschland“

Am Beispiel eines Ausbilders schildere der Verfasser des Briefes, wie weit KSK-Führungskräfte über die Stränge schlagen könnten, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. So fiel bereits 2007 ein Hauptmann auf, weil dieser ein Mitglied des kritischen Soldatenarbeitskreises „Darmstädter Signal“ in einem Brief als „Feind im Inneren“ bezeichnete. Dem Kameraden sei gedroht worden und der Brief habe mit den Worten „Es lebe das heilige Deutschland“ geendet.

In dem Brief des Whistleblowers werde auch geschildert, wie die Ausbilder ihre Rekruten mundtot machten. Es werde eine Hörigkeit anerzogen, „die mit den Grenzen von Befehl und Gehorsam nach Maßstäben der Bundeswehr als unvereinbar zu bewerten“ seien. Strafen würden genutzt, „um Soldaten und vor allem kritische Offiziere gefügig zu machen“. Die Folgen seien „eine Art Kadavergehorsam“, eine „Kultur des Hinnehmens rechtswidrigen Verhaltens“ und eine „toxische Verbandskultur“.

Rechtsextremismus beim KSK: Immer wieder Vorwürfe gegen die Bundeswehr

Immer wieder gibt es Rechtsextremismus-Vorwürfe in der Bundeswehr. „Kein Generalverdacht“, aber eine gründliche Aufarbeitung, so beschrieb die neue Wehrbeauftragte ihre zukünftige Arbeit: Mit der Diskussion um Rechtsextremismus in der Bundeswehr hatte Eva Högl gleich ein Thema*.

Nicht nur in der Bundeswehr gibt es rechtsextreme Umtriebe. Die Bundesregierung erstellt daher eine Liste aller Fälle von Rechtsextremismus und Reichsbürgern in Polizei, Bundeswehr und Behörden*.

Die Bundeswehr bekommt ein neues Sturmgewehr. Doch um den Hersteller Haenel gibt es erste Diskussionen.

tvd mit dpa

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