Flutkatastrophe im Ahrtal: Gutachten erhebt schwere Vorwürfe gegen Landesregierung von Rheinland-Pfalz

Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat Ermittlungen zu den Umständen rund um die Flutkatastrophe im Ahrtal aufgenommen. Ein Gutachten belastet nun die Behörden.
Koblenz – Die furchtbare Flutkatastrophe im Ahrtal kostete 2021 weit über einhundert Menschen das Leben. Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt derzeit, ob das Ausmaß der Umweltkatastrophe auch durch behördliches Versagen verschlimmert wurde. Ein neues Gutachten legt nun nahe, dass die rheinland-pfälzische Landesregierung die Situation völlig falsch einordnete.
Flutkatastrophe im Ahrtal: Gutachten erhebt schwere Vorwürfe gegen Landesumweltamt von Rheinland-Pfalz
Laut einem Bericht von Focus.de kam Gutachter Thomas Roggenkamp, der am Geographischen Institut der Universität Bonn arbeitet, zu einem klaren Schluss. Das zuständige Landesumweltamt (LfU) von Rheinland-Pfalz, welches dem rheinland-pfälzischen Umweltministerium unterstellt ist, leistete sich demnach eine fatale Fehleinschätzung der Wetter-Lage. „Noch am 11. Juli 2021 ging das LfU […] lediglich von einem kleinen Hochwasser aus. Zu diesem Zeitpunkt lagen allerdings bereits Prognosen des Deutschen Wetterdienstes vor, wonach extreme Niederschlagsmengen im nördlichen Rheinland-Pfalz in den kommenden Tagen zu erwarten waren.“
Während der Deutsche Wetterdienst (DWD) und andere Meteorologische Institutionen mit ihren Niederschlagsprognosen „nahe an den tatsächlich gefallenen Niederschlagsmengen“ gelegen hätten, habe das LfU die Gefahr zunächst noch geringer eingestuft und zu spät reagiert. „Entsprechende Warnungen und Prognosen des Landesumweltamtes Rheinland-Pfalz zur Hochwassergefahrenlage und der erwarteten Pegelstände erfolgten erst im Laufe des 14. Juli 2021 und haben die tatsächlich erreichten Pegelstände unterschätzt“, meinte Roggenkamp.
Hochwasser im Ahrtal: Warnungen wurden „in der Gefahrenabschätzung nicht berücksichtigt“
Der Hochwasser-Experte der Universität Bonn befand zudem: „Das Hochwasser vom 14. auf den 15. Juli 2021 übertraf in seiner Größe alle Ahr-Hochwasser, die seit der Errichtung von Pegelmessanlagen auftraten.“ Doch die vorherigen Hochwasser seien „in der Gefahrenabschätzung nicht berücksichtigt“ worden, heißt es in dem Gutachten.
Die mutmaßliche Fehleinschätzung der Hochwasserlage durch die Behörde hatte für Rettungskräfte und Krisenstäbe in den betroffenen Regionen im Ahrtal schlimme Folgen. Warnungen vor dem rapiden Anstieg des Wassers erreichten diese nicht rechtzeitig. Das Ausmaß der Katastrophe konnten sie so nicht richtig einordnen und entsprechende Maßnahmen einleiten. Unter Umständen hätte so der Tod vieler Menschen verhindert werden können. (kh)