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Corona, Spanische Grippe und Pocken: Wie und wann endet eine Pandemie?

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Von: Martina Lippl

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Patienten, die an der Spanischen Grippe erkrankt sind, liegen in Betten eines Notfallkrankenhauses im Camp Funston der Militärbasis Fort Riley in Kansas (USA) (Aufnahme von 1918).
Die Spanische Grippe war bisher die schlimmste Pandemie der Menschheit. © National Museum of Health and Medicine/dpa

Wann ist die Corona-Pandemie vorbei? Geht eine Pandemie überhaupt einmal zu Ende? Die Spanische Grippe oder die Pocken zeigen, was wir aus der Geschichte gelernt haben.

München - Infektionskrankheiten sind so unterschiedlich, wie ihre Erreger. Breitet sich eine Krankheit oder ein Erreger weltweit über Kontinente aus - liegt laut Definition eine Pandemie vor. Das ist aktuell bei dem Coronavirus Sars-CoV-2 der Fall. Am 11. März 2020 erklärte die Weltgesundheitsorganisation WHO Corona offiziell zur Pandemie. Doch wann ist die Corona-Pandemie vorbei?

„Das Ende einer Pandemie ist nicht fest definiert“, sagt Rachael Piltch-Loeb, Forscherin und Stipendiatin des Emergency Preparedness Research, Evaluation & Practice Program an der Harvard T.H. Chan School of Public Health im National Geographic. Selbst innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft bekäme man auf diese Frage sehr unterschiedliche Antworten.

Manche Pandemien endeten, weil die Krankheit ausgerottet wurde

Schon in der Vergangenheit haben globale Seuchen die Menschheit heimgesucht. Diese Massenerkrankungen gingen auf unterschiedliche Weise vorbei. Die Pocken beispielsweise konnten ausgerottet werden - das ist ein Idealfall. Einige andere sind sogar geblieben, aber haben trotz ihrer Gefahr den Schrecken in der Bevölkerung verloren.

Nach Ansicht von Medizinhistorikern können Pandemien auf zwei Arten enden - entweder medizinisch oder sozial:

Pocken - eine der tödlichsten Pandemien

Die Pocken gelten seit 1979 weltweit als ausgerottet. Jahrhundertelang haben Variolaviren die Pocken übertragen. Sie gelten als eine der tödlichsten Pandemien. Allein im 20. Jahrhundert starben bis zu 500 Millionen Menschen an den Pocken (hierzulande auch Blattern genannt). Der letzte offizielle Pockenkranke war 1977 ein Koch in Somalia. Zu den berühmtesten Pockenkranken gehören übrigens Mozart, Haydn, Goethe und Beethoven.

Doch wie konnten die Pocken ausgerottet werden? Das Variola-Virus wird nur von Mensch zu Mensch durch Tröpfcheninfektion übertragen. Es hatte keinen tierischen Zwischenwirt, in dem es überleben konnte. Ein Punkt, der die Ausrottung der Pocken möglich machte. Wer sich einmal mit den Pocken infizierte und überlebte, war lebenslang immun gegen den Erreger. Dazu waren Pocken-Symptome so eindeutig, dass Infizierte leicht erkannt und isoliert werden konnten.

Im Kampf gegen die Pocken startete die WHO 1967 zudem eine weltweite Impfkampagne mit einem potenten, leicht zu handhabenden Wirkstoff. 13 Jahre später erklärte die WHO die Welt für pockenfrei.

Spanische Grippe - die schlimmste Pandemie bisher

Die Spanische Grippe von 1918/1919 war bisher die schlimmste Pandemie der Menschheit. Sie forderte in kurzer Zeit mindestens 50 Millionen Menschenleben auf der ganzen Welt. Wer überlebte, litt oft wochenlang unter chronischer Erschöpfung, Depressionen und neurologischen Störungen. Im Juni 1919 flaute die Pandemie ab.

Sie endete medizinisch, aber auch sozial. Viele Menschen hatten eine Immunität aufgebaut. Wer sich in den späteren Jahren mit H1N1 infizierte, wurde nicht mehr lebensbedrohlich krank. Dazu veränderte sich das tödliche Virus - schwächte sich ab. Die Menschen wollten auch die Grippewelle schnell vergessen und waren nach dem Ersten Weltkrieg bereit für einen Neuanfang, Sicherheitsmaßnahmen wurden offiziell aufgehoben.

„Epidemien kommen in Wellen und irgendwann nehmen die Wellen wieder ab“

„Viele sind gestorben, viele waren immun. Der Erreger veränderte sich“, vermutet Medizinhistoriker Jörg Vögele im Gespräch mit ntv. „Das ist das Wesen solcher Epidemien von akuten Infektionskrankheiten. Sie kommen in Wellen und irgendwann nehmen die Wellen wieder ab.“

Den Erreger - das Virus H1N1 gibt es bis heute. Es gehört zu den Influenza-A-Viren. Jedes Jahr zieht es meist als abgeschwächter Erreger von Kontinent zu Kontinent um die Welt. Von Jahr zu Jahr verändert es sich und ist dann unterschiedlich gefährlich. Verheerende Grippe-Wellen gehören keineswegs der Vergangenheit an. Auch im 20. Jahrhundert sind große Grippe-Pandemien bekannt:

Covid-19 - Wann endet die Corona-Pandemie

Symbolbild Zukunft der Corona-Pandemie: Das Corona-Virus gesehen durch eine Glaskugel. (3D-Grafik: Sofiane R
Wann ist die Corona-Pandemie zu Ende? Eine Frage, die viele beschäftigt. © imago

Am 31. Dezember 2019 wurde die WHO nach eigenen Angaben über Fälle von Lungenentzündung mit unbekannter Ursache in der chinesischen Stadt Wuhan informiert. Daraufhin identifizierten die chinesischen Behörden am 7. Januar 2020 als Ursache ein neuartiges Coronavirus, das vorläufig als „2019-nCoV“, später als Sars-CoV-2 bezeichnet wurde. Der Erreger überträgt sich durch Tröpfcheninfektion und Aerosole sehr leicht von Mensch zu Mensch. Weltweit wurden bisher 4,8 Millionen Todesfälle verzeichnet.

Mittlerweile stehen Impfstoffe gegen das Virus zur Verfügung, die das Risiko schwerer Krankheitsverläufe und Todesfälle durch Covid-19 reduzieren. Eine Impfung schützt angesichts neuer Varianten nicht zu 100 Prozent vor einer Ansteckung. Eine Herdenimmunität wird es deswegen nach Ansicht von Experten nicht geben. Das sei auch nie das Ziel gewesen, erklärte Virologe Christian Drosten vor kurzem im NDR-Podcast. Das Virus wird bleiben.

Ein soziales Ende der Coronavirus-Pandemie sei jedoch laut Medizinhistoriker Vögele bereits zu spüren. Schulen und Unis seien zurück im Präsenzunterricht, es gebe Zweifel an der Maskenpflicht. Fast täglich werden Forderungen nach einem „Freedom Day“ - dem Ende aller Corona-Maßnahmen - laut. „Nach der Pandemie ist vor der Pandemie“, warnt Vögele laut ntv. Der nächste Erreger stehe vielleicht schon bereit. „Und wenn der aggressiver ist und letaler, wird das eine große Herausforderung.“ (ml)

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