ZDF-Journalistin diskutiert mit Enkel-Trick-Betrüger auf WhatsApp: „Er wurde sehr böse“
Wie sehen die Maschen von Telefonbetrügern aus? Eine ZDF-Journalistin spielt das Spiel eines Betrügers mit und teilt anschließend den Chatverlauf.
München - Trickbetrüger, die es auf naive, oft ältere Menschen abgesehen haben - es gibt sie in vielerlei Couleur. Die ZDF-Journalistin Nicole Diekmann, sonst für die Öffentlich-Rechtlichen vor allem mit AfD und Digitales zuständig, wurde von einem solchen Betrüger angeschrieben. Sie nutzte die Gelegenheit und ließ sich vermeintlich auf das Spiel des Kriminellen ein - und stellte den gesamten Chatverlauf anschließend auf Twitter.
Alles beginnt mit einer SMS: In einer Nachricht schrieb ein vermeintlicher Sohn oder eine vermeintliche Tochter den zugegebenermaßen ziemlich durchschaubaren Text „Hallo Mama/Papa, mein Handy ist kaputt, schickst du mir eine Nachricht auf WhatsApp. Vergiss nicht, meine Nummer zu speichern. Danke!“ Diekmann folgt prompt und in zwei über 300.000 beziehungsweise 180.000 Mal angeklickten Videos (Stand: 1. Februar 2023, 18:46 Uhr) ihres Chatverlaufs (den sie „Enkeltrickser“ nennt) ist als Nächstes zu lesen, wie sie sich als besorgte Mutter ausgibt: „Hallo, was ist passiert? Brauchst Du Hilfe? Liebe Grüße, Mama.“ Der Gegenüber erzählt von einem heruntergefallenen Handy, weswegen er oder sie sein altes benutze. Zum Glück sei er versichert. Und nun? Diekmann weiß Rat und erzählt, dass noch ein altes Handy des Nachwuchses bei ihr rumliege. „Ich schicke es gleich morgen per Kurier“, versichert sie.
Darauf kommt nur ein knappes „Danke“, doch dann geht es an den mutmaßlichen Grund der Kommunikation: „Ich muss zwei Rechnungen überweisen, aber weil das Handy kaputt ist, komme ich nicht (sic) bei den Dateien.“ Nun will der- oder diejenige die Rechnung an „Mama“ schicken. Nach ein bisschen Läuterung willigt „Mama“ schließlich ein und erhält einen Screenshot - mit einer Rechnung über 2000 Euro. Auch die Kontodaten schickt er, löscht diese dann aber wieder. Laut des Gesprächspartners sind die neu erstandenen Gegenstände ein „neuer Laptop und ein neues Handy“. Diekmann denkt sich eine Geschichte aus: „Wir haben dir doch gerade einen neuen Laptop zum Geburtstag geschenkt“, doch der Trickbetrüger kann auch erfinden: „Etwas ist damit passiert“ und „Er kann nicht repariert werden“. Diekmann läutert den „Nachwuchs“, dass er anstatt einer Reparatur etwas Neues kauft - „Das finde ich nicht nachhaltig“, doch bekommt die Antwort „Ich habe (sic) an einen Händler verkauft.“
„Mama“ will weiter diskutieren, doch dem Betrüger wird die Diskussion wohl zu anstrengend. Stattdessen kommt er auf die Rechnung zurück. Ein MacBook Pro und ein iPhone 14 Max sollen bezahlt werden, obwohl das alte Telefon noch herumliegt. Diekmann schwingt wieder die Moralkeule: „So haben wir dich nicht erzogen.“ Die „Mutter“ sorgt sich um den „Nachwuchs“ und grillt ihn: „Machst du krumme Sachen?“ und „Hast du Drogen gekauft?“, was dieser aber verneint. Nach einem vergeblichen Anrufversuch der Gegenseite probiert es auch Diekmann mit einem Anruf, aber nichts davon klappt. Diekmann hat als „Mama“ dann noch einigen Klärungsbedarf, doch langsam wird es dem Trickbetrüger wirklich zu stressig: „So viele Fragen“, sagt er, und: „Vertraust du mir nicht?“ Und schließlich gibt er es auf: „Ich kümmere mich um meine eigenen Probleme.“
ZDF-Journalistin gibt sich als naive Mutter aus - und löst das Spiel dann auf
Jetzt ist für Diekmann der Zeitpunkt gekommen, die Scharade aufzulösen: „Am besten suchen Sie sich erstmal eine anständige Art und Weise, Geld zu verdienen. Nicht versuchen, Leute zu betrügen.“ Das Gegenüber darauf: „Ich weiß, dass du mitgespielt hast. Ich bin kein Ar**h. Das ist mein Beruf.“ Gefolgt von einer Drohung: „Ich lasse dich nicht mehr allein, Nicole Diekmann.“ Offenbar weiß der Betrüger oder die Betrügerin genau, mit wem er oder sie schreibt. Diekmann zeigt ihm, dass sie die Kontodaten als Screenshot gespeichert hat, doch diese seien laut dem Gegenüber „gefälscht“. Der Chat endet mit Unflätigkeiten gegenüber der Journalistin, die twittert: „Er wurde sehr böse, als klar wurde, dass ich ihm kein Geld schicke.“
Die Twitter-Gemeinde amüsiert sich mit Diekmann über den großmütterlichen Ton ihrer Rolle, fragt sie aber auch, wieso sie nicht gegen den Betrüger oder die Betrügerin vorgeht. Laut Diekmann liege „kein Straftatbestand vor“, was ein Kommentator mit dem des versuchten Betrugs kontert. So oder so: Als warnendes Beispiel dient der Chatverlauf allemal. Auch an einem Rentner aus Assenhausen bei Dachau haben sich WhatsApp-Betrüger die Zähne ausgebissen. (cgsc)