Anke Engelke glänzt im Kinofilm „Mutter“: Viel mehr als Mama

Anke Engelke schlüpft in Carolin Schmitz‘ Kinodrama „Mutter“ in diverse Frauenrollen. Sehenswert - nicht nur für Mamas.
Das erste Bild sorgt sofort für Irritation: Man sieht die Schauspielerin Anke Engelke, alleine, in einer Badewanne sitzen. Sie bewegt ihre Lippen. Doch was man hört, ist die Stimme einer anderen Frau. Mit diesem Trick vereint die Filmemacherin Carolin Schmitz in ihrer Produktion „Mutter“ Fiktion mit Dokumentarischem. Entschlackt das Thema vom automatisch mitschwingenden emotionalen Ballast. Denn statt Engelke hört man auf der Tonspur den ineinandergeschobenen Monologen von acht realen Frauen zu, die sich zum titelgebenden Thema Mutterschaft zum Teil sehr intim und beklemmend auslassen.
Das verstört nicht nur, weil man einen Auftritt von Anke Engelke insgeheim noch mit „Ladykracher“-Sketchen oder zumindest dem spröden Humor eines Spielfilms wie „Mein Sohn“ verbindet und nicht mit dieser Art von Kunstprojekt. Doch je länger die an Dialektfärbung, Wortwahl, Sprachfehler oder -Melodie gut unterscheidbaren, anonymen Frauen unterschiedlichen Alters über ihr Selbstverständnis als Mutter berichten, umso prägnanter tritt die Intention zutage, die Schmitz mit dieser Filmidee verfolgt. Die Mutter, das sind immer viele Rollen in einer, von der opferbereiten Heldin bis zur todbringenden Sagenfigur. Alle diese Facetten und dazu die diversen gegenwärtigen Typisierungen der Mutterschaft präpariert Schmitz detailliert heraus.
Die Stimmen sprechen über ihre Schwangerschaften und traumatischen Geburtserlebnisse, über die ambivalenten Gefühle zum Kind, über scheiternde Beziehungen und Selbstmordwünsche. Währenddessen sieht man Engelke dabei zu, wie sie mit ruhigen Gesten die Fenster putzt, Einkäufe erledigt oder mit dem Auto durch die Waschstraße fährt. Das schafft eine extreme Distanz, dank Engelkes lippensynchroner und beeindruckend intensiver Darstellung aber auch eine dauerhaft hohe Spannung. (Noch mehr Kino? Lesen Sie hier unsere Filmkritik zu „Im Westen nichts Neues“.)