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Bayreuther Festspiele: Irritationen über Tenor Piotr Beczala

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Von: Markus Thiel

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Piotr Beczala mit Waltraud Meier) und Anja Harteros in Bayreuther „Lohengrin“.
Piotr Beczala zwischen den Fronten – hier als Lohengrin in der jüngsten Inszenierung der Bayreuther Festspiele mit Waltraud Meier (Ortrud, li.) und Anja Harteros (Elsa). © Enrico Nawrath

Wurde Piotr Beczala nach einem unterschriebenen Vertrag wieder aus einer Bayreuther Produktion gedrängt? Die Festspiele geben sich irritiert über diese Darstellung in seiner Autobiografie.

Ein Startenor, dem Bayreuth ein spektakuläres Rollenangebot macht, nur um ihn nach unterschriebenem Vertrag plötzlich und weit vor Probenbeginn wieder aus der Produktion zu kicken: Diese Geschichte erzählt Piotr Beczala in seiner jüngst erschienenen Autobiografie. Auf zehn Seiten breitet der 54-Jährige die Details aus. Die Darstellung hat nun für erhebliche Irritationen bei den Bayreuther Festspielen gesorgt – nicht nur bei Katharina Wagner, auch beim Dirigenten der betreffenden „Lohengrin“-Produktion, bei Musikdirektor Christian Thielemann. Und nach allem, was nun darüber zu erfahren ist, muss man konstatieren: Die Geschichte hat sich offenbar gar nicht so zugetragen.

Einige Jahre ist es her, dass Beczala von Thielemann nach Bayreuth gebeten wurde, um ihm den Lohengrin vorzusingen, ein durchaus üblicher Vorgang. Gleich danach habe ihm Eva Wagner-Pasquier, die sich damals noch die Festspielleitung mit Katharina Wagner teilte, einen Vertrag für die Neuproduktion des Stücks im Sommer 2018 angeboten. „Ich war begeistert und schickte ihn unterschrieben zurück“, schreibt Beczala im Buch „In die Welt hinaus“, erschienen im Amalthea-Verlag. Eine Seite später ist ein Foto zu sehen, auf dem er und seine Agentin Judith Neuhoff einen angeblichen Bayreuther Vertrag präsentieren.

„Missverständnisse“ sollen nun aufgeklärt werden

Bekanntlich wurde Beczala als Retter für diesen „Lohengrin“ dann doch noch ins Wagner-Mekka geholt, nachdem sein Kollege Roberto Alagna das Handtuch geworfen hatte. In der Schilderung dieser Ereignisse ist also auch die große Genugtuung Beczalas zu spüren à la „Hättet ihr mich nur gleich verpflichtet“. Doch von einer derartigen fixen Vereinbarung ist auf dem Grünen Hügel nichts bekannt. Auf Nachfrage äußert sich Beczalas Agentin zurückhaltend. Es habe ein „Angebot“ mit einer verhandelten Gage gegeben, teilt Neuhoff mit. Im übrigen stünden die Festspiele „nun mit dem Verlag in direktem Austausch, um mögliche Missverständnisse zügig aufzuklären“. Was bedeutet: In einer weiteren Auflage der Autobiografie dürfte sich über diese Darstellung der Geschichte nichts mehr finden.

Wer mit den Verantwortlichen spricht, erfährt: Die Entscheidung, Beczala wieder aus der ursprünglichen Bayreuther „Lohengrin“-Besetzung zu nehmen, hat nichts mit Zweifeln an seinem Können oder Ähnlichem zu tun. Sein Bayreuther Vorsingen war ursprünglich für einen Dresdner „Lohengrin“ gedacht, zwei Jahre vor der Bayreuther Premiere. Auch diesen hat Thielemann dirigiert, es war Beczalas weltweit gefeiertes Rollendebüt. Bayreuth und der Dirigent wollten nun zu identische Solistenlisten vermeiden: Auch Georg Zeppenfeld (König Heinrich) und Tomasz Konieczny (Telramund) fanden sich auf beiden Besetzungszetteln, ursprünglich sogar Anna Netrebko als Elsa, die im Vorfeld der Bayreuther Premiere davon Abstand nahm. Die Dresdner Aufführung wurde zudem per TV-Übertragung und DVD vermarktet, Bayreuth wollte daher nicht in die Rolle einer Nachspielstätte geraten.

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