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Kabarettist Bruno Jonas über seine Corona-Zeit - „Frust? Politiker halten mich bei Laune“

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Von: Matthias Bieber

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Bruno Jonas: „Dass ich nicht auftreten kann, stürzt mich teilweise schon in Depressionen.“
Bruno Jonas: „Dass ich nicht auftreten kann, stürzt mich teilweise schon in Depressionen.“ © Achim Frank Schmidt

Da hat Bruno Jonas (67) sein neues Programm „Meine Rede“ gerade zweimal gespielt – und dann rauschte das Virus rein. Doch untätig ist der gebürtige Passauer nicht.

München - Gerade hat Bruno Jones für seinen Verlag „Der Grüffelo“ ins Bairische übersetzt, dann überarbeitet er sein Buch Gebrauchsanweisung für Bayern von 2002 – und zu guter Letzt sitzt er über einem Drehbuch für einen satirischen Film. Zudem muss er noch ab und zu bei seinem Nachbarn im Stockwerk drüber anrufen, beim Kollegen Andreas Rebers, mit dem er seit vielen Jahren befreundet ist. Warum, sagt er gleich. 

Herr Jonas, wie ist die Stimmung im Mehrfamilienhaus in Haidhausen?

Bruno Jonas: Wir haben eine gute Nachbarschaft. Zu Ostern haben wir im Hof, da stehen ein paar Bäume, immer zusammen ein großes Frühstück gemacht. Das fiel heuer aus. Dafür spielt der Andreas (Rebers, d. Red.) nach wie vor auf seinem Flügel. Er spielt gut, und ich höre gerne zu. Allerdings musste ich ihn auch schon anrufen und mich „beschweren“.

Hat der Rebers so falsch gespielt?

Nein, aber er hört zum Beispiel nach der Hälfte vom ersten Praeludium aus Bachs Wohltemperiertes Klavier I einfach zu spielen auf. Das geht nicht. Er sagt, er kocht grad und muss an den Herd zurück.

Dabei ist doch Entschleunigung angesagt. Glauben Sie, dass Deutschland durch die neue Ruhe einen psychischen Schaden kriegt?

Bei einigen war er schon vorher offensichtlich, ansonsten müssen wir abwarten. Das Experiment läuft ja noch.

Wie lange noch?

Mei, das weiß keiner. Ich habe grad einen Satz von der Leopoldina gelesen. Lauter Wissenschaftler, der Gelehrtenstammtisch von der Akademie der Wissenschaften in Halle. Die sagen doch glatt, dass (Jonas holt tief Luft) die „Maßnahmen für die schrittweise Rückführung in den gesellschaftlichen Normalzustand“ ergriffen werden, die „aber den Ist-Zustand der Pandemie in dem zu erwartenden Verlauf berücksichtigen“. Ja, leck mi doch am Arsch!

„Der Laschet erinnert mich an meine Grundschulzeit“

Öha.

Nein, das ist ja nicht Vulgärsprache, sondern der niederbairische Superlativ des Staunens. Und diese Leopoldina ist das Beratergremium von Angela Merkel… Der Größte ist allerdings der Armin Laschet. Der erinnert mich an meine Grundschulzeit.

Warum?

An die Schüler, die permanent die Hand heben, schnippen und „Ich! Ich! Ich!“ rufen. Wenn er dann aufgerufen wird, dann sagt der kleine Armin: „Moment, wie war noch mal die Frage? Meine Berater sagen auf jeden Fall…“ Ausgerechnet am Ostersonntag hat er gemeint, sich zu Corona äußern zu müssen. Wenn der Herr gewusst hätte, dass der Armin am Abend spricht, dann hätte er seinen Lockup auf Montag verschoben. „Die Schäden“, teilt Laschet mit, des gegenwärtigen Lockdowns seien „extrem groß“, und der wirtschaftliche Schaden sei „enorm“. Solche Erkenntnisse qualifizieren ihn für höhere Aufgaben… Was für mich deutlich wird: Früher hatten wir die offene Gesellschaft, jetzt die geschlossene Gesellschaft. Wir werden uns wohl nach der Krise wieder mehr aufs Nationale besinnen.

Seit vielen Jahren lebt Jonas in Haidhausen. Sein Nachbar ist Freund und Kollege Andreas Rebers.
Seit vielen Jahren lebt Jonas in Haidhausen. Sein Nachbar ist Freund und Kollege Andreas Rebers. © Achim Frank Schmidt

Hoffentlich nicht…

Ich meinte das nicht politisch, sondern wirtschaftlich, und das ist vielleicht gar nicht schlecht. Wir werden die globalen Abhängigkeiten zurückschrauben und versuchen, wieder mehr bei uns zu produzieren. Nicht nur Medikamente, sondern von Automobil-Zulieferern bis hin zu Politikern (grinst).

Was ist für Sie schlimmer: dass Sie derzeit kein Geld verdienen oder dass Sie nicht vor Publikum spielen können?

Dass ich nicht auftreten kann, stürzt mich teilweise schon in Depressionen. Ich kann mich aber erfreuen an Politikern wie Armin Laschet und ihren Sprüchen. Und der Söder macht das wirklich gut. Ohne Ironie jetzt. Haben Sie gelesen, dass er 94 Prozent Zustimmung in Bayern für sein Corona-Management kriegt? Da frage ich mich: Was machen die restlichen sechs Prozent? Sind das die Laschet-Partisanen in Bayern? Ich frage mich sowieso, warum es für Deutschland einheitliche Lösungen geben soll. Warum brauchen wir einen Konsens in der Schulpolitik, wie Laschet ihn will? In der Schulpolitik macht jedes Bundesland, was es will. Vielfalt ist Stärke.

„Wenn die Kultur wieder zugänglich wird, sind wir noch nicht über den Berg“

Wie stark trifft Sie denn persönlich die Krise?

Ich bin ja mehr oder weniger Rentner, aber ein junger Kollege mit Familie und zwei Kindern – den trifft es jetzt richtig hart. Privat ist es schlimmer: Ich kann meine Kinder und Enkel nicht sehen. Der Kleine fängt gerade das Laufen an. Jetzt schicken uns die Tochter und der Schwiegersohn kleine WhatsApp-Filme als Ersatz. Meine Frau und ich müssen warten und dabeibleiben und hoffen, dass es bald einen Antikörpertest gibt. Aber wenn die Kultur wieder zugänglich wird, sind wir noch lange nicht über den Berg.

Warum nicht?

Weil gerade die Älteren Angst haben. Glauben Sie, die gehen gleich wieder raus? Die ständige Mitteilung von Todeszahlen in den Medien sind das einzige Thema. Dieser Shutdown, verbunden mit der Angst vor Krankheit und Tod, wird uns unterbewusst noch lange verfolgen. Können Sie sich erinnern, dass es mal so eine weltweite Bewegung für den Klimaschutz gab? Wir geben uns heute Stimmungs-Umschwüngen stärker hin. Vor ein paar Wochen war der Habeck schon Bundeskanzler. Heute hebt er den Finger und bittet um eine Frage.

„Die Rede von Heiko Maas habe neulich habe ich zweimal angehört“

Sie haben trotz Krise Ihren Humor nicht verloren…

Da bin ich den Politikern dankbar. Weil durch die Krise die Komiker noch komischer und die Pathetischen noch pathetischer werden. Ein Beispiel für die Komiker: Heiko Maas. Wenn der vor der Kamera steht, habe ich immer das Gefühl, dass er seine Kommunionskerze irgendwo liegen gelassen hat. Und für die Pathetiker: Bundespräsident Steinmeier. Seine Rede neulich habe ich zweimal angehört. Weil ich mich danach so gut gefühlt habe.

Warum?

Weil er uns alle zu Helden ernannt hat, wenn wir das Haus nicht verlassen. Wir sind ein Volk der daheim gebliebenen Helden.

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