Herbert Grönemeyer in der LMU München: So entstehen seine Liedtexte!

Herbert Grönemeyer war auf Einladung des Münchner Lyrik Kabinetts zu Besuch in der LMU München. Mit Schriftsteller Michael Lentz analysierte er seine Liedtexte. Ein etwas anderer Poesieabend.
Ein Lyrik-Abend, der sich die Liedtexte von Herbert Grönemeyer vornimmt. Man hört sie schon schenkelklopfen, die Spötter: „Was soll man da analysieren? Der verschluckt doch die Hälfte der Strophen beim Singen.“ Klar weiß Grönemeyer das. Die „Herr Bert“-Imitationen sind so alt wie seine Karriere. Und klar spielt er damit. Mit seinem in Westfalen und Ruhrgebiet gehobelten, unverstellten, menschenfreundlichen Humor. „Als ich den Studiobossen in den Achtzigern sagte, die neue Platte solle ,4630 Bochum‘ heißen, kriegten die ’ne Herzattacke. Die waren sich sicher: ,Das kauft ja schon in Bottrop keiner mehr!‘“, erinnert sich der 66-Jährige grinsend. Und bringt die vielen Zuhörerinnen und Zuhörer, die am Donnerstagabend in den Hörsaal A140 der LMU München gekommen sind, einmal mehr zum Lachen. Alle hier wissen ja, dass die Chefs von damals falsch lagen. Die Bochum-Platte ist Kult. Elf Mal mit Gold ausgezeichnet. Und das bei einem Album mit einem Titelsong, dessen Refrain sich auf dem Papier, nun ja, etwas schnöde liest. „Bochum, ich komm’ aus dir. Bochum, ich häng’ an dir.“ Grönemeyer trocken: „Wenn ich das heute schreiben würde, würde ich es sofort wegschmeißen. Aber damals war ich jung und frisch und hab’ mir gedacht: ,Passt doch.‘“ Jep, passt. Wer einmal erlebt hat, was abgeht, wenn Grönemeyer diese Zeilen in Bochum anstimmt, weiß, wie sich Glück anhört.

Wie berichtet, hatte das Münchner Lyrik-Kabinett – unterstützt von BMW – zu diesem etwas anderen Lyrikseminar geladen. Schriftsteller Michael Lentz, der seit Jahrzehnten mit dem Sänger befreundet ist, nimmt die Sache auf heitere Weise bierernst. Und während er so über Rhythmik und Versmaß philosophiert („’tschuldigung, wir sind hier in der Universität!“), verdrückt sich Grönemeyer sein Lachen. Ein amüsantes Ping-Pong-Spiel ist das zwischen den beiden Wortkünstlern. Bei dem sich herauskristallisiert, was Grönemeyer nie müde wird zu betonen: Die Lyrics, auf die er häufig beschränkt wird, sind für ihn harte Arbeit. Ihm würden die Bananentexte, die er bei der Entstehung eines Liedes vor sich hingrönemeyert, völlig reichen. Aber hilft ja nix: Die Menschen lieben ihn eben auch für seine verdrehten Metaphern. Für sein Spiel mit der deutschen Sprache, die für ihn „was von Vollkornbrot hat. Die hat einen großen Biss. Der deutschen Sprache ihre Schönheit abzuringen, macht mir einen Heidenspaß.“

Wobei er uneitel gesteht, sich da nicht am Sinn festzubeißen. „Eine halbwegs vernünftige Melodie trägt natürlich auch den Text. Wissen Sie, wie häufig mein ,Ich hab dich lieb‘ auf Hochzeiten gespielt wird? Dabei ist das ein Lied über eine Trennung.“ Macht nichts. Ein Song ist ein guter Song, wenn er ein Gefühl hinterlässt. „Da docken sich die Hörer fest. Ob das dann unbedingt das Gefühl ist, das ich vermitteln wollte, spielt keine Rolle. Jeder nimmt, was er möchte.“ Klingt gut. Lesen Sie hier: So klingt Herbert Grönemeyers neue Single „Deine Hand“.