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Tobias Kratzer zum Bayreuther „Tannhäuser“: Wie bei  Simpsons auf dem Sofa

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Von: Markus Thiel

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„Man fühlt mit diesem Rebellen“: Tobias Kratzer, ehemaliger Student der Bayerischen Theaterakademie, debütiert in Bayreuth. © Foto: Kobalt Productions

Gerade hat er einen Lauf. Tobias Kratzer (39) gehört zu den angesagtesten Regisseuren - auch durch sein Faible fürs Opern-Großformat. In Bayreuth debütiert er mit dem „Tannhäuser“.

Bayreuth - Er hätte auch Journalist werden können nach seiner Vergangenheit bei unserer Zeitung. Doch nun legt Tobias Kratzer gerade eine steile Regie-Karriere hin, die ihn in diesem Jahr auf den Grünen Hügel führt. Der 39-Jährige ist dort verantwortlich für den neuen „Tannhäuser“, Premiere ist am 25. Juli. Eine Begegnung in Bayreuth.

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Tobias Kratzer im Bühnenbild seines Bayreuther „Tannhäuser“. © Foto: Enrico Nawrath

Vor acht Jahren haben Sie schon einmal in Bremen den „Tannhäuser“ inszeniert. Macht dies die Bayreuther Sache leichter, weil man quasi schon einmal geübt hat? 

Kratzer: Natürlich ist es schwierig, sich ein Stück neu zu erschließen, das man schon intensiv durchgearbeitet hat. Damals in Bremen hatte ich allerdings die Pariser Fassung inszeniert. Mir hat es als Arbeitshypothese geholfen, dass die Dresdner Erstfassung hier in Bayreuth im Grunde ein anderes Stück ist. Gerade die Welt, aus der Tannhäuser kommt, der Venusberg, der wird extrem unterschiedlich dargestellt. Mittlerweile bewege ich mich bei den Proben wirklich in einem anderen „Tannhäuser“-Universum. Bremen dringt da nur noch wie aus fernen Zeiten zu mir durch.

Inszeniert man in Bayreuth anders, weil fast alle im Publikum das Stück kennen?

Kratzer: Nein. Natürlich weiß man, dass die Novizen nicht so zahlreich sein werden. Obwohl – bei der Premiere gibt es ja viele Prominenten-Karten... Ich finde: Wenn die Produktion nicht für jemanden funktioniert, der das Stück zum ersten Mal sieht, dann habe ich meinen Job verfehlt.

Müssen wir eigentlich Mitleid haben mit Tannhäuser? Immerhin hat er Elisabeth einiges angetan, sie verlassen, verleugnet... Ist er ein Gutteil selbst schuld an seinem Schicksal?

Kratzer:

Es gibt eine gewisse Sympathielenkung, weil man die verknöcherte Wartburg-Gesellschaft durch die Augen Tannhäusers sieht. Man fühlt also mit diesem Rebellen. Ich versuche, da ein bisschen gegenzusteuern. Trotzdem will ich nicht werten. Selbst wenn am Ende eine Art Erlösung eintritt, so geht das Stück doch nicht gut aus. Elisabeth ist tot, das ist das Entscheidende. Das ist nicht zu kompensieren durch Nachruhm für Tannhäuser oder einen mysteriös erblühenden Hirtenstab nach seinem Ableben. Außerdem ist der Schlusschor recht kurz und bietet eigentlich keinen richtigen Erlösungsmoment, anders als in der „Götterdämmerung“ zum Beispiel. Ich glaube, dass Wagner beim „Tannhäuser“ zwei Seelen in seiner Brust spürte. Er wusste noch nicht, wie er in den Brockhaus kommt – ob als Umstürzler, als Revolutionär oder als angehender Großkomponist. Seinen Tannhäuser lässt er in beiden Disziplinen scheitern. Und die Erlösung erfährt dadurch eigentlich nur Wagner selbst und nicht sein Titelheld.

Stichwort „Werkstatt Bayreuth“: Wissen Sie jetzt schon, woran Sie 2020 bei der Wiedervorlage des „Tannhäuser“ arbeiten werden?

Kratzer: Nein. Wenn es offene Stellen gäbe, würde ich mir die schon jetzt vornehmen. Es kann natürlich passieren, dass mir nach der Premiere klar wird: Da hast du was total falsch eingeschätzt, da musst du ran. Was es allerdings gibt: eine Systemstelle dieser Inszenierung, die ich jedes Jahr ändern werde. Es handelt sich um eine Szene auf Video-Ebene, mehr will ich nicht verraten. Das ist wie bei den Simpsons der Sofa-Gag.

Jetzt Bayreuth, zuvor ein erster „Tannhäuser“, „Meistersinger“, „Götterdämmerung“, für die Sie auch den Theaterpreis „Der Faust“ bekommen haben: Sind Sie gerade in der Wagner-Kiste gelandet?

Kratzer: Okay, es ist mein fünfter Wagner. Aber ich habe ja schon gegengesteuert und parallel zum Beispiel viel Meyerbeer inszeniert. Demnächst wird es für eine gewisse Zeit keinen Wagner mehr geben. Mich reizt an diesen Stücken auch der handwerkliche, der technische Aspekt: Wie kann ich zum Beispiel einen großen Chor bewegen und kontrollieren? Wie kriegt man den Apparat in den Griff? Ich gebe ja zu, dass ich gern mit dem großen Baukasten spiele. Abgesehen davon geht es mir darum, bei einem Stück, das unzählige Male inszeniert wurde, neue Impulse zu finden. „Kiste“ würde ich das große Repertoire, Meyerbeer inklusive, nicht nennen. Klar werde ich für gewisse Stücke gerade nicht kontaktiert. Deshalb bin ich kürzlich ein bisschen Klinkenputzen gegangen und habe in Halle einen Doppelabend mit Mozarts „Bastien und Bastienne“ und Zemlinskys „Florentinischer Tragödie“ inszeniert. Was mir dagegen noch nicht geglückt ist: Ich würde gerne Uraufführungen machen.

Zurzeit werden Sie viel gebucht. Wie bewahrt man sich davor, Mode zu werden? Wie entgeht man der Gefahr, unwillkürlich etwas zu bedienen, gerade weil man an den großen Häusern so gefragt ist?

Kratzer: Muss man sich davor bewahren? Ich versuche aber ganz bewusst, mich ästhetisch nicht zu wiederholen. Das funktioniert, gerade weil ich immer mit demselben Ausstatter arbeite. Ich glaube, dass jede unserer Produktionen einen grundsätzlich anderen Ansatz in der Ästhetik und in der Erzählweise hat – inklusive gewisser Konstanzen natürlich. Ich versuche das zu vermeiden, was ich bei manchen Kollegen sehe: eine Einheitsästhetik, die über jedes Stück gestülpt wird, den Kern aber nicht immer trifft. Das hat für die Intendanten den Nachteil, dass sie bei mir nicht hundertprozentig wissen, was sie kriegen. Da werden die Augen oft groß.

Es heißt ständig über Sie „der junge, vielversprechende Regisseur“. Fußballer gehen in Ihrem Alter in Rente. Wie finden Sie dies, dass man als Regisseur mit 39 noch nicht als gesettelt gilt?

Kratzer: Lustig finde ich das. Sebastian Baumgarten hat einmal gesagt, unser Beruf sei der einzige, in dem man sich mit 50 noch „Jung-Regisseur“ nennen könne. Vielleicht schaffe ich ja den direkten Sprung zum Altmeister.

Man hört Ihnen übrigens gar nicht an, dass Sie Bayer sind.

Kratzer: Es stimmt aber! Ich bin in Landshut geboren, weil da das Krankenhaus stand, und bei Moosburg aufgewachsen. Mein Vater kommt aus Schwaben, meine Mutter aus München, seit über 20 Jahren wohne ich selbst in München – mehr geht doch fast nicht.

Sie haben auch an der Bayerischen Theaterakademie studiert. Sind Sie jemand, der sehr seiner Region verhaftet ist?

Kratzer: Gar nicht. Ich bereue zum Beispiel, dass ich nicht in einem angelsächsischen Land studiert habe. Die Theaterakademie ist einfach der einzige Ort in Deutschland, an dem man Schauspiel- und Opernregie parallel studieren kann. Wenn das in Berlin möglich gewesen wäre, dann wäre ich auch dorthin gezogen.

Was haben Sie eigentlich beim Freisinger Tagblatt gemacht?

Kratzer: Das war während der Schulzeit. Als der zuständige Lokaljournalist dort nicht mehr aktiv war, habe ich mit 16 meine Heimatgemeinde Mauern betreut. Der Sohn eines Fotografen saß bei mir in der Klasse, dadurch kam ich an den Job. Das Geld habe ich in meine Sammlung mit Operngesamtaufnahmen investiert. Bis ich 19 war und von dort wegging, habe ich fast täglich eine Zeitungsseite gemacht. Vom Faschingsumzug über den Kleingartenverein bis zum Gemeinderat. Wenn ich Journalist geworden wäre, dann wäre das eine gute Schule gewesen.

Und warum sind Sie's nicht geworden?

Kratzer: Ich hatte mich nie dagegen, sondern immer für etwas anderes entschieden. Journalismus wäre durchaus eine berufliche Alternative gewesen. Über Kultur allerdings hätte ich nicht schreiben wollen. Ich hätte es unangenehm gefunden, etwas öffentlich bewerten zu müssen. Und ich hätte es wohl bedauert, dass ich die Kunst nicht selbst ausgeübt hätte. Für Politik wäre ich auch nicht geeignet gewesen. Womöglich wäre ich mit meinem Hang zum Fiktionalen zu einer Art Claas Relotius geworden. Oder ich wäre aufgrund meines leicht überambitionierten Stils bei Gesellschaftsblättern wie der „Bunten“ gelandet.

Wieso? Haben die Kollegen damals moniert, dass Sie zu girlandenhaft schreiben?

Kratzer: Die fanden das eigentlich ganz hübsch. Ich brachte immer so eine leichte Ironie rein. Es gab allerdings Lokalpolitiker, die sich darüber beschwerten.

Haben Sie's durch die journalistische Vergangenheit leichter, wenn Sie jetzt Kritiken lesen?

Kratzer: Nein, aber man weiß eher, welche Sätze Journalisten in Interviews gerne hören. Und ich kann dadurch Anreize für die Überschriften geben.

Also sollen wir die Sache mit Relotius nehmen?

Kratzer: Entscheiden Sie.

Können Sie sich Ihre Premieren anschauen?

Kratzer: Das geht gar nicht. Das würde mich und alle neben mir wahnsinnig machen. Und ich hätte Angst, dass sich meine Nervosität auf die Bühne überträgt. Das heißt nicht, dass ich nicht loslassen kann. Diese Abwesenheit bei der Premiere ist ja auch eine Form von Abnabelungsprozess. Außerdem bieten Premieren nie den präzisesten Ablauf einer Produktion. Ich gehe auch nicht in Folgevorstellungen, um zu kontrollieren. Das Kind ist in der Welt, ich muss nicht der Helikopter-Daddy sein.

Bei Wagner gibt es das Problem, dass die immer gleichen Solisten die immer gleichen Rollen singen. Wie begeistert man zum Beispiel Ihren Tannhäuser Stephen Gould für Neues?

Kratzer: Wenn ich ganz ehrlich bin, hatte ich mir zuvor darüber ziemlich viele Gedanken gemacht. Das ist aber alles sehr personenabhängig. Stephen Gould hat neulich seinen 100. Tannhäuser gefeiert. Und ich überlegte mir, welche Tricks ich anwenden muss, um ihn für eine andere Lesart zu begeistern. Doch gerade er geht mit einer absoluten Offenheit in die Proben. Klar gibt es auch andere, die das nicht so halten.

Sind Wagner-Sänger nicht ohnehin abgebrühter, weil sie – im Gegensatz zu den Verdi-Kollegen – durch viele Konzept-Stahlbäder gegangen sind?

Kratzer: Was die mentale Freiheit in Bezug auf Konzepte betrifft, stimmt das. Es liegt wohl doch an der anderen Inhaltlichkeit bei Wagner, an den vielen Bedeutungsebenen der Stücke.

Ist Ihnen Wagner eigentlich sympathisch? Brigitte Fassbaender, eine große Strauss-Interpretin, hat einmal gemeint: Je mehr sie über Strauss lese, desto mehr werde er ihr zuwider.

Kratzer: Ich pflege eine gute Arbeitsbeziehung zu Wagner, messe das aber nicht in persönlicher Sympathie. Ich glaube wie viele daran, dass das Werk meist klüger als der Autor ist. Man merkt schon, dass bei Wagner das Werk auch Mittel zum Zweck ist, er hat immer eine Message, eine über die Musik hinausreichende Philosophie. Diese Aussagen muss man ja nicht unbedingt teilen. Man kann sich aber, und das macht's interessant, mit ihnen auseinandersetzen. Wagner inszeniert sich übrigens viel leichter als zum Beispiel Meyerbeer. Er hat eine größere Organik. Aber es existiert bei Wagner eine große Gefahr des Tautologischen: Alles wird textlich benannt, zusätzlich auskomponiert über Leitmotive etwa, und dann wird dazu noch eine vorgeschriebene Geste draufgesetzt. Wenn man das gewähren ließe, würde das zu platt und zu dicht in der Vertripelung. Dem muss man entgegenwirken.

Und welche Komponisten passen nicht zu Ihnen?

Kratzer: Ich bin tatsächlich kein großer Freund der Vorklassik, abgesehen von Monteverdi vielleicht. Mozart ist für mich die Schwelle. Ab da wird jedes Werk auch zum persönlichen Ausdruck des Komponisten. Das kann man von Händel zum Beispiel nicht sagen. Ich kann besser mit Komponisten, die mit und durch Musik philosophieren.

Wie sakrosankt ist für Sie das Material bei Wagner? Ist wirklich alles heilig? Jeder, der im „Ring“ sitzt und Waltraute oder den Nornen zuhört, denkt sich doch: Was die erzählen, habe ich vor ein paar Stunden längst gesehen.

Kratzer: Ich finde die „Götterdämmerung“ keine Sekunde zu lang. Sie ist sogar sehr ökonomisch komponiert – anders als der „Rienzi“. Das heißt nicht, dass ich etwas für heilig halte. Ich finde es vollkommen legitim, mit dem Material umzugehen. Es ist eher eine Naturellsache als eine ideologische. Ich fühle mehr Freiheit, wenn ich mich in einer gegebenen Form bewege. Ich empfinde sogar etwas Sportliches dabei, einer vermeintlichen Länge etwas Sinnhaftes zu geben, als schnell die Schere anzusetzen. Außerdem bräuchte man im Zweifelsfall einen starken Partner wie einen Komponisten oder Dirigenten, der dieser historisch gewachsenen Form etwas Adäquates entgegensetzen kann.

Machen Sie sich einen persönlichen Plan, welche Stücke Sie abhaken wollen?

Kratzer: Ich hatte mir im Studium eine Aufgabenliste zurechtgelegt. Da dachte ich mir: Beginne mit dem, das dir gar nicht liegt. Also wurden es „Die sieben Todsünden“ von Brecht und Weill. Ich wollte sehen, ob ich diese Art von Anti-Oper zum Laufen kriege. Und dann nahm ich mir die Oper aus den Top ten vor, mit der ich am wenigsten anfangen konnte, das war „La traviata“. Aus dem Gedanken heraus: Wenn du damit einigermaßen zurechtkommst, dann kannst Du den Job machen. Es heißt ja nicht, dass man das Stück, das man am liebsten mag, auch am besten inszeniert. Eine gewisse Distanz hilft, auch die Aneignung einer, wenn man so will, fremden Sache. Nach dieser Ausprobierphase gab es dann keine Wunschliste mehr. Manchmal passieren Inszenierungen eben. Ich bekam von drei Häusern unabhängig voneinander Meyerbeer-Opern angeboten. Dadurch ergab sich für mich ein Zyklus. Es gibt sogar Spielzeiten, die irgendwie dramaturgisch komponiert sind. Nächste Saison kommen zum Beispiel zwei Rettungsopern mit „Wilhelm Tell“ in Lyon und „Fidelio“ in London.

Gehören Sie als reiner Opernregisseur eigentlich einer aussterbenden Zunft an?

Kratzer: Ich fühle mich nicht von Filmregisseuren oder bildenden Künstlern bedroht, wenn Sie das meinen. Die grundsätzliche Frage finde ich viel interessanter: ob ein solcher Beruf als rein interpretierende Form ausstirbt. Wie lange wird es das Prinzip der permanenten Neubefragung der immer gleichen Werke geben? Nicht nur ich stelle einen mangelnden Stücke-Zufluss fest. Damit meine ich nicht unbedingt Uraufführungen, sondern auch Zweit- und Drittbefragungen eines neuen Werks. Abgesehen davon: Gibt es diese Klage über die angeblich aussterbenden Opernregisseure nicht schon immer? Man denke doch nur an die Zeit, als die ersten Schauspielregisseure ins Musiktheater drängten. Ein paar sind hängen geblieben, andere sind ausgeschieden. Ich seh' das nicht so schwarz wie Sie. Aber vielleicht liegt's auch daran, dass ich mir nicht alles anschauen muss.

Was glauben Sie: Für was werden Sie engagiert? Was ist Ihr Image?

Kratzer: Mich interessiert das ja selbst. Ich frag' immer: Was haben Sie von mir gesehen? Und warum gerade für dieses Stück? Dann merkt man schnell, ob ein Name oder doch mehr eingekauft wird. Und dann kann ich mich entscheiden, ob ich das bediene oder nicht. Ich denke mir ja auch nicht: Aha, jetzt bist du für Covent Garden gebucht, da musst du die erst mal gehörig provozieren. Ich überlege mir schon, wie ich in den Dialog mit dem Londoner Publikum treten kann, das ästhetisch anders tickt als ein deutsches. Ich versuche auch die Welt um mich herum wahrzunehmen und mich nicht mit dem Stück in einen Elfenbeinturm zurückzuziehen.

Wie knüpfen Sie Kontakte zu Ihren Sängern? Ihr Kollege Christof Loy führt zum Beispiel mit jedem seiner Protagonisten Monate vorher Einzelgespräche.

Kratzer: Das mache ich nicht. Auch aus der Erfahrung heraus, dass dies eher zu Missverständnissen führen kann oder zu falschen Verbindlichkeiten. Wenn ich einen Sänger nicht kenne, schau' ich mir den ganz gern auf der Bühne an. Oder rede mit Kollegen, die ihn oder sie kennen. Ich bin, so glaube ich, freundlich und aufmerksam, pflege aber nicht diesen superpersönlichen Kontakt und versuche Teil ihres Privatlebens zu werden. Ich treffe die Solisten meistens erst, wenn es losgeht. Allerdings bin ich dann keiner, der etwas anordnet. Wir entwickeln die Figuren gemeinsam. Ich weiß zwar immer, wohin eine Szene gehen soll, habe aber konkrete Gänge und Wege wenig ausformuliert – weil es dadurch im schlechtesten Fall nur zu einer Verkettung von Folgefehlern kommen kann.

Und wie genervt sind Sie davon, dass manche Sänger aus welchen Gründen auch immer bei den Proben nicht dabei sind? 

Kratzer: Ich habe in dispositionellen Dingen fast immer den Ehrgeiz, Systemlücken kreativ zu nutzen. Aber Szenen mit fehlenden Darstellern anzulegen, macht für mich keinerlei Sinn und ist auch für die anwesenden Kollegen frustierend. Ich lasse dann eher eine Probe ausfallen, da es ja auf die Energie der einzelnen Leute ankommt. Es gab auch mal den Fall einer Sängerin, die ihren Urlaub nicht angemeldet hatte. Nach ihrer Rückkehr fand sie sich dann für die Szene in einem Fernseher wieder – sie wurde auf der Seitenbühne gefilmt und zugespielt. War auch ganz schön und wirkungsvoll.

Das Gespräch führte Markus Thiel.

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