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Jazzrausch-Bigband-Gründer Roman Sladek: Der will nicht nur spielen!

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Von: Katja Kraft

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Roman Sladek im Rohbau des künftigen Kunstkraftwerks Bergson in Aubing.
Zu Leben erwachtes Musikkraftwerk: Roman Sladek im Rohbau des künftigen Kunstkraftwerks Bergson in Aubing. Er ist dortiger Artistic Director. © Bergson

Die Münchner Jazzrausch Bigband tourt weltweit durch Clubs und Konzertsäle. Gründer Roman Sladek will nicht nur musikalisch Grenzen sprengen - und tut`s erfolgreich.

Und dann gibt es Typen wie Roman Sladek. Mit denen redest du einen Nachmittag lang über das, was sie antreibt – und willst danach die Welt verändern. Die eigene kleine Welt. Weil: Wenn das jeder machen würde, würde sich auch im Großen etwas zum Positiven ändern. So haben wir es gelernt. Im Sozialkundeunterricht, in Kalendersprüchen, bei Sandra Maischberger. Roman Sladek redet aber nicht bloß, der macht das wirklich. Mit den Mitteln der Musik. Denn der 33-Jährige pfeift fröhlich auf alle Genre-Grenzen – und schafft es so, Menschen tatsächlich zusammenzubringen. Wenn er und seine Jazzrausch Bigband oder seine zweite Formation, SLATEC, loslegen, wie zuletzt etwa bei der PIN-Party in der Pinakothek der Moderne, spielen Kategorien wie E- und U-Musik keine Rolle mehr. Dann wird innerlich und noch häufiger auch mit vollem Körpereinsatz getanzt, ob im Club oder im Konzertsaal.

Bei der PIN-Party 2022 in der Pinakothek der Moderne animierten Slatec die Gäste zum wilden Tanz.
Bei der PIN-Party 2022 in der Pinakothek der Moderne animierten Slatec die Gäste zum wilden Tanz. © Hart/PIN

„Mir haben diese Kategorisierungen nie gefallen. Denn wenn ich etwas Jazz, Klassik, House oder wie auch immer nenne, spreche ich zwar die Fans des jeweiligen Genres an – schließe aber alle anderen aus. Mir gefällt es viel besser, den Leuten zu sagen: ,Lass’ dich einfach mal auf die Musik ein‘ – und sie danach sagen zu hören: ,Krass, jetzt habe ich versehentlich ein Streichquartett gehört. Und fand’s richtig gut.‘“ Wenn 2023 das Kunstkraftwerk BERGSON in Aubing eröffnet, man dort Konzert, Bildende Kunst, Biergarten, Nachtclub auf einem Gelände erleben kann, dann geht das zu sehr großen Teilen auf Sladeks Kappe. Er ist als Artistic Director für die Programmierung zuständig, kurz: Er sucht aus, wer wie Leben in die Bude bringt. Und hat das volle Vertrauen der BERGSON-Chefs Michael und Christian Amberger.

Im Metal fand Roman Sladek seine erste musikalische Heimat

Weil der junge Mann, der selbst in keine Schublade passt, schon oft genug bewiesen hat, dass er das kann. In Niederbayern in einen bürgerlichen, keinen akademischen Musikerhaushalt geboren („Ein Glück, so kann ich mich noch besser musikalisch in ,Normalos‘ hereinversetzen, als wenn ich ausschließlich mit Beethoven, Brahms und Co. aufgewachsen wäre“), fand er seine erste Heimat in der Metalmusik. Das ganze Programm: lange Haare, geschminkt, Lederklamotten. Es erzählt viel über Sladek, wenn er erklärt, was ihn als Schlagzeuger am Metal am meisten faszinierte: „Dass der soziale Status gestiegen ist mit der Fähigkeit, diese Musik zu spielen: Du warst ein coolerer Typ, wenn du gut warst.“

Auf dem musischen Gymnasium lernte er dann Posaune, so gut, dass er schon während des Abiturs nebenher an der Musikhochschule im Hauptfach Posaune studieren konnte. Nach dem Abi hat er erst einmal „ein paar Abschlüsse gemacht“, wie er ohne jeden Anflug von Prahlerei erzählt. Je ein pädagogisches Diplom für klassische Posaune und Jazzposaune; künstlerisches Diplom für klassische Posaune, Master für Jazzposaune; Master für Kultur- und Musikmanagement. Immer zwei Sachen gleichzeitig. Immer aus dem tiefen Bedürfnis heraus, mehr als bloß das Handwerk zu lernen. „Mir geht es bei der Musik nicht um die fachliche Exzellenz allein. Ich möchte mich nicht bloß auf dem Instrument austoben, sondern auch darin, Zustände, Stile, Orte völlig neu zusammenzubringen.“

Roman Sladek: „Jammern reicht nicht – machen!“

Roman Sladek versteht viele seiner Kolleginnen und Kollegen nicht, die meinen, es reiche, sich auf eine Bühne zu stellen und ihr Programm durchzuziehen – und die dann über Zuschauermangel jammern. „Nur darauf zu hoffen, dass jemand anderes für mich ein Publikum aufbaut, vor dem ich spielen kann, das schien mir unseriös. Ich muss schon selbst dafür sorgen, dass die Leute gerne kommen und auch gerne wiederkommen. Es ist sehr leicht, sich zu empören – entscheidend ist aber, was zu machen. Ich wollte immer selber Verantwortung übernehmen.“

Die Jazzrausch Bigband
Begeistert die Massen: die Jazzrausch Bigband, die Roman Sladek während seines Studiums ins Leben gerufen hat. © Fabian Mondl

Während des Studiums hat er deshalb eine „Jazzrausch“-Konzertreihe im damaligen Rausch und Töchter in München initiiert. Ein hipper Nachtclub. „Weil ich bei meinen Freunden gemerkt habe: An einem vertrauten Ort lässt man sich viel leichter auf unvertraute Musik ein.“ Daraus entstand die Jazzrausch Bigband, die bald erstmals im Technoclub Harry Klein loslegen durfte. „Diese Verbindung kam dadurch, dass ich Technofan bin. Und mir überlegt habe: Wie kann ich das, was ich selbst genial finde, mit dem verbinden, was ich vernunftsakademisiert studiere?“ Das setzte völlig neue Energien frei. Oder, wie Sladek es ausdrückt: „In dem Moment, in dem man Genre-Grenzen definieren, das Atom trennen möchte, bauen wir noch mehr Druck auf. Und schauen, was dann Explosives entsteht.“ Denn wer sagt, dass Körperlichkeit und geistige Leistung sich ausschließen? Und dass es immer entweder fettes Entertainment für die breite Masse oder Verharren in der künstlerischen Exzellenz sein muss? „Ich will nicht ,so oder so‘, sondern ,sowohl als auch‘.“

Musik, die alle Genre-Grenzen sprengt

Von der Elb- bis zur Isarphilharmonie werden sie gebucht, jede Woche sind sie unterwegs, europa- und weltweit. „Wir dürfen die großen Säle bespielen, weil wir am vermeintlichen Qualitätsbegriff anschließen – bieten dann aber inhaltlich etwas, was knallt. Und da erleben wir ganz oft, dass gerade die älteren, vermeintlich konservativen Zuschauer total froh sind, dass ihnen nicht schon wieder irgendetwas Reduziertes angeboten wird, weil jemand Angst hatte, sie mit mehr zu verstören.“ Ein bisschen verstören – kann sehr betören. Die Jazzrausch Bigband spielt in München am 19. November 2022 im Harry Klein und am 22. Dezember 2022 in der Isarphilharmonie; SLATEC spielen am 14. Januar 2023 im Münchner Volkstheater. Infos und Tickets gibt es hier

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