Hier unser Artikel von Donnerstag, 27. Januar 2022: Die Verhandlungen sind auf einem guten Weg: Nach Informationen des „Münchner Merkur“ soll der Rechtsanwalt, Kunsthistoriker und Kulturmanager Thomas Linsmayer neuer Chef am Deutschen Theater werden. Spätestens am Montag soll die Entscheidung öffentlich gemacht werden. Linsmayer wird das Amt an der Schwanthalerstraße am Dienstag, 1. Februar, antreten. Am 3. Februar feiert hier die Musicalversion des Gruselklassikers „Jekyll & Hyde“ Premiere. Katrin Habenschaden (Grüne), Münchens Zweite Bürgermeisterin und Aufsichtsratsvorsitzende des Deutschen Theaters, wollte sich auf Anfrage nicht zu der Personalie äußern. Auch Linsmayer will nichts zu der Debatte sagen. Er soll die Bühne als Interims-Chef leiten. Die Stadt wird den Posten ausschreiben, mit einem Abschluss des Bewerbungsverfahrens ist erst in der zweiten Jahreshälfte zu rechnen.
Die Nachbesetzung an der Spitze des Theaters wurde notwendig, weil der Aufsichtsrat der städtischen Bühne Werner Steer und Carmen Bayer, Geschäftsführer des Hauses seit 2007, zum Ende diesen Monats abberufen hat. Diese Entscheidung ist mit großer Deutlichkeit bei einer Sondersitzung des Gremiums am vergangenen Freitag, 21. Januar 2022, gefallen.
Hintergrund sind im Dezember bekannt gewordene Vorwürfe, das Duo habe 130 000 Euro für die München-Zulage und das Job-Ticket nicht an die Mitarbeitenden des Deutschen Theaters weitergegeben. Steer und Bayer räumen das zwar ein, machen aber auch klar, das Geld sei „in voller Höhe auf den Konten der Betriebs GmbH vorhanden“. Es habe „zu keiner Zeit“ die Absicht bestanden, „diese Gelder zweckwidrig zu verwenden“, wie Werner Steer in einer schriftlichen Stellungnahme an unsere Zeitung schreibt. „Weder Carmen Bayer noch ich hatten durch dieses Vorgehen auch nur den geringsten Vorteil, sondern wir handelten, wie wir es als unsere Pflicht angesehen haben, im Sinne des Unternehmens und der gesetzlichen Vorgaben.“ In Stadtratskreisen wird nun befürchtet, dass beide Geschäftsführer, deren Verträge eigentlich bis Ende des Jahres 2025 gelaufen wären, rechtlich gegen ihre Abberufung vorgehen könnten.
Thomas Linsmayer soll das Haus, in dem die jüngsten Debatten natürlich für Unruhe unter der Belegschaft gesorgt haben, nun in ruhigere Gewässer manövrieren. Vor allem in der Kulturarbeit im Münchner Westen hat sich der Anwalt einen Namen gemacht: Er berät die Pasinger Fabrik juristisch; hier ist er auch als Ausstellungsmacher tätig. Die Galerie im städtischen Kulturzentrum unweit des Pasinger Bahnhofs leitet er seit 22 Jahren. Er kümmert sich zudem um das Kulturzentrum Fürstenried und betreute zwischen 2011 und 2020 das „Artist in Residence“-Programm der Landeshauptstadt im Ebenböckhaus in Pasing.
Linsmayer hat Kunstgeschichte in München studiert, seit September 1999 ist er obendrein als Anwalt zugelassen. Seine Kanzlei in Bogenhausen hat eine Zweigstelle in der Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt. Von dort hat er es von Februar an nicht weit ins Deutsche Theater. Inhaltlich wird er der Musicalbühne vorerst keinen eigenen Stempel aufdrücken können: Der Spielplan steht bis Oktober, sofern sich der in Zeiten von Corona überhaupt so lange im Voraus planen lässt. Möglich jedoch, dass es eine ganz andere Fähigkeit ist, die Thomas Linsmayer in seinem neuen Amt am dringendsten brauchen wird. Als einen Arbeitsschwerpunkt seiner Kanzlei gibt er „Mediation“ an. Und dieses Talent kann am Deutschen Theater derzeit wirklich nicht schaden.