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Schwerelos auf dem Tollwood: So gut ist das neue Artistik-Programm „La Galerie“

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Von: Raffael Scherer

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Die sieben Artistinnen und Artisten der kanadischen „Machine de Cirque“ scheinen so etwas wie Schwerkraft nicht zu kennen.
Darauf fliegen wir: Die sieben Artistinnen und Artisten der kanadischen „Machine de Cirque“ scheinen so etwas wie Schwerkraft nicht zu kennen. © Emmanuel Burriel/Anton Brandl

Aus schwarz-weiß wird bunt: Die kanadischen Athleten „Machine de Cirque“ zeigen im Grand Chapiteau auf dem Winterfestival, wie beweglich bildende Kunst sein kann.

Sie stehen einfach da. In schwarz-weißer Abendgarderobe blicken die sieben Artistinnen und Artisten, umgeben von weißen Leinwänden, geradeaus ins Publikum. Nach einigen Sekunden, einer gefühlten Ewigkeit, kommt eine Saxofonistin hinzu und untermalt die Ausstellungsatmosphäre mit angenehmen Jazz-Tönen. Dann legen die Sieben los – und bleiben bis zum Endapplaus nicht mehr stehen.

In Windeseile tänzeln und springen die Athleten der kanadischen „Machine de Cirque“ bei der Deutschlandpremiere von „La Galerie“ im Grand Chapiteau beim Tollwood Winterfestival hin und her. Sie fliegen geradezu über die Bühne und zeigen dabei ihre artistische Interpretation einer Bildergalerie. Davor wartet bereits eine Zuschauerschlange auf Einlass: Mit höchster Eleganz schlängelt sich eine Besucherin aufwendig nach vorne und wird per Wurf wieder nach hinten verwiesen. Sogar aus so schnöden Vorgängen wie Drängeln, Warten und Schieben machen die Kanadier wahre Kunststücke.

Von der hellen Galerie zum „Nachts im Museum“-Flair

Leuchtendes Spektakel: Bis 31. Dezember lädt das Winter Tollwood wieder auf die Theresienwiese.
Leuchtendes Spektakel: Bis 31. Dezember lädt das Winter Tollwood wieder auf die Theresienwiese. © Emmanuel Burriel/Anton Brandl

Es geht fließend weiter, als es die Galerie-Besucher schließlich hinein in die Ausstellung geschafft haben. Im Pulk rufen sie synchron „Ah“ und „Oh“ und tippeln von einer weißen Leinwand grazil zur nächsten, wobei sie dem Publikum den ein oder anderen Lacher entlocken. Ohne Umbaupause geht es dann in eine Kunstakademie, wo die Athleten unter den strengen Anweisungen der mit Triangel ausgestatteten Lehrerin wortwörtlich noch einmal die Schulbank drücken. Auf der langen weißen Bank federn sie nach oben, stapeln sich aufeinander – und brechen schließlich ein Loch in die Ausstellungswand.

Es wird dunkel, nur durch die Öffnung strömt helles Licht. In „Nachts im Museum“-Manier spuken die Geister, untermalt von Farbspielen mit Licht und Spiegel, durchs Dunkel. Begleitet von immer schnelleren, lauteren Tönen, steigert sich die Akrobatik nun mithilfe eines Rhönrads beinahe schon in die Raserei.

Gemälde auf der Bühne geschaffen

Kunterbunt wird’s in der Show, bei der der Körperkünstler nebenher auch ein Gemälde erschaffen.
Kunterbunt wird’s in der Show, bei der die Körperkünstler nebenher auch ein Gemälde erschaffen. © Emmanuel Burriel/Anton Brandl

Knapp anderthalb Stunden springen, tanzen und fallen die Athleten über die Tollwood-Bühne. Es fliegt Popcorn und es spritzt Farbe, bis die dynamischen (Körper)Künstler am Ende schließlich bunt, dreckig und verschmiert ein während der Show entstandenes Gemälde präsentieren.

Die dargebotenen akrobatischen Tricks sind dabei zwar nichts, was man noch nie in einem anderen Zirkusprogramm sehen konnte. Doch das Ensemble versteht es, bekannte Stunts zu einer aufregenden, kurzweiligen Geschichte zu verbinden und gekonnt mit Licht und Musik für eine Atmosphäre voller Überraschungen zu sorgen – weit weg von muffigem Zirkuslogen-Flair.

Weitere Vorstellungen 2022

Bis 30. Dezember (außer 19., 23., 24. und 25. Dezember) im Grand Chapiteau des Münchner Tollwood;
Tickets unter 089/38 38 50 0.

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