Petra Schmidt-Schaller glänzt in ARD-Serie „Ein Schritt zum Abgrund“: Unser Serientipp!

Mit einem fremden Frauenhaar an der Kleidung ihres Mannes beginnt Janas (Petra Schmidt-Schaller) nervenaufreibende Gefühlsachterbahn - und die starke ARD-Serie „Ein Schritt zum Abgrund“. Unser Serien-Tipp.
Eine Frau wird betrogen. Leute, das älteste Thema der Menschheitsgeschichte noch einmal in einer Fernsehserie verarbeiten? Wenn man’s macht wie hier, sehr gern. Was der Münchner Regisseur Alexander Dierbach („Tannbach“) und Drehbuchautorin Britta Stöckle aus einem nun ja wirklich schon reichlich beackerten Feld sprießen lassen, ist großes Kino. Und das hängt in erster Linie an ihrer grandiosen Hauptdarstellerin: Petra Schmidt-Schaller fehlt als betrogener Jana Hansen nur „Ein Schritt zum Abgrund“, so der Titel der neuen Mini-Serie, die die ARD in ihrer Mediathek und am 1. April 2023 ab 20.15 Uhr komplett zeigt. Und natürlich binge-watcht man das in einem durch, wie die coolen Kids sagen. Weil man ab dem Moment, an dem Jana dieses verflixte lange blonde Haar an der Kleidung ihres Mannes entdeckt, bitte schön sofort wissen möchte, wer die Schlange ist, mit der er sich eingelassen hat.

An dieser Stelle haben wir ein Problem: Würde man jetzt mehr über die Handlung erzählen, nähme man der Serie ihren besonderen Reiz. Denn Alexander Dierbach versteht es, uns einige Zeit im Unklaren darüber zu lassen, ob Christian Hansen mit der Golden-Retriever-Unschuldsmiene (Florian Stetter) seine Frau Jana tatsächlich hintergeht. Mit großem Einfühlungsvermögen in die Perspektive seiner weiblichen Protagonistin inszeniert Dierbach deren innerliches Ringen. Vertraut sie auf ihr Bauchgefühl, das schreit „Betrug!“, oder auf die Beschwichtigungen ihrer Freundinnen („Der liebt nur dich!“)?
Angenehm übrigens, dass hier einmal eine Frau ihre Sorgen nicht mit sich allein ausmachen muss, wie sonst erstaunlich häufig in Film und Fernsehen. „Ein Schritt zum Abgrund“ trifft sehr genau die Lebenswirklichkeit einer Person wie Jana. Einer „starken Frau“, wie man heute so sagt. Auch: einer stolzen Frau. Jana ist diejenige, die das Geld nach Hause bringt, sie leitet in Husum die größte Arztpraxis im Landkreis Nordfriesland. Hat – als für ihre große Liebe Christian vor einigen Jahren Zugezogene – einen weiten Freundeskreis, die gemeinsame Tochter Lotta (Tilda Wunderlich). Und möchte sich ihr Familienglück nicht von irgendeiner dahergelaufenen Affäre kaputtmachen lassen. Wie geht jemand wie sie mit dem Gedanken um, belogen zu werden? Wohl nach dem Grönemeyer’schen Motto „Zu einer betrogenen Nacht/ hätt’ ich vielleicht nichts gesagt.“ Aber was, wenn der Gatte mehr hatte als nur ein einmaliges Abenteuer?
Petra Schmidt-Schaller glänzt als moderne Medea
Ein Gedicht wird zum roten Faden, der sich durch die vier immer stärker an Wucht gewinnenden Folgen zieht. „Zur Hölle, zur Hölle. Noch bleib ich ruhig“, heißt es darin. Wie Petra Schmidt-Schaller in der ersten Episode – „Der Verdacht“ – dieses „noch“ spielt, ist herausragend. Doch Folge für Folge („Die Lüge“, „Die Täuschung“, „Die Falle“) gerät das Herz ihrer Jana stärker ins Wanken, deren Verstand übernimmt stattdessen umso entschiedener. Jana ist keine kopflose, sondern eine kühl, klar agierende moderne Medea. „Der Himmel kennt keinen Zorn so mächtig wie in Hass umgeschlagene Liebe/ ebenso wenig wie die Hölle eine Rachegöttin ebenbürtig einer betrogenen Frau“, mahnt das Gedicht. Noch bleibt sie ruhig. Noch.