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Pinakothek der Moderne: Mit dem Chef durchs Architekturmuseum - erbauend!

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Von: Katja Kraft

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Andres Lepik, Leiter des Museums der TUM in München.
Er weiß, wie man für Architektur begeistert: Andres Lepik, Leiter des Museums der TUM in München. © Marcus Schlaf

Das Architekturmuseum der TUM in der Pinakothek der Moderne zeigt noch bis 5. Juni die Ausstellung „Neue Nachbar*innen. Einblicke ins Archiv“. Wir haben sie uns vom Chef persönlich, Andres Lepik, zeigen lassen.

Francis Kéré kam in den Neunzigern aus Burkina Faso nach Deutschland. Geplant war ein Austauschjahr. Kéré blieb. Lernte Deutsch, fuhr abends Taxi, um tagsüber das Abitur zu machen. Studierte an der TU Berlin Architektur. Als er seinem Professor seine Diplomarbeit vorlegte, war der angetan. Ein gutes Modell. „Wieso nur ein Modell? Ich werde das bauen“, verkündete der junge Mann. Sollte der Professor daran gezweifelt haben, kannte er Kérés Tatendrang noch nicht. Der gebürtige Afrikaner sammelte Geld, reiste zurück in die Heimat – und errichtete eine Schule, die die Welt ein bisschen besser macht. „Sie ist aus Lehmblöcken hergestellt, die die Menschen vor Ort selbst mit einer Handpresse fertigen können. Darauf ein Blechdach – eine Idee, so einfach wie genial“, findet Andres Lepik, Direktor des Architekturmuseums.

Das Operndorf in Burkina Faso plante Christoph Schlingensief mit Francis Kere
Das Operndorf in Burkina Faso plante Christoph Schlingensief (1960-2010, re.) mit Francis Kéré. © Michael Bogar

Er war schon mehrere Male in Burkina Faso und hat sich angeschaut, was Francis Kéré – inzwischen 57 und weltweit gefeierter und mit den wichtigsten Preisen der Branche ausgezeichneter Architekt – seither dort geschaffen hat. Einen ganzen Bildungscampus inklusive Bibliothek und Frauenhaus. Und nicht nur hier, überall in Afrika hilft er den Menschen, sich mit den eigenen Ressourcen selbst zu helfen. „Früher gab es dort nur überhitzte Betonklötze, bei Außentemperaturen von 40 Grad war es darin noch heißer als draußen. Jetzt können beispielsweise die Kinder den Schulunterricht dort in angenehmen Temperaturen verfolgen.“

Es sind Geschichten wie diese, die die aktuelle Schau „Neue Nachbar*innen. Einblicke ins Archiv“ des Architekturmuseums so spannend machen. Architekturmuseum, das klingt für fachfremde Gäste vielleicht erst einmal nach drögen Bauplänen und grauer Theorie. Dabei ist das, was es dort zu sehen gibt, unser Alltag. Das, worin wir uns täglich bewegen. Einfamilienhäuser, Kaufhauskomplexe, Kirchen, Parkanlagen – das nehmen wir so selbstverständlich hin, war aber alles viel kreative und handwerkliche Arbeit, es zu erschaffen.

So wohnt Jürgen Habermas: Modell des Hauses, in dem der Philosoph in Starnberg lebt.
So wohnt Jürgen Habermas: Modell des Hauses, in dem der Philosoph in Starnberg lebt. © kjk

Über mehr als 500 000 Planzeichnungen, 200 000 Fotografien und 1800 Modelle verfügt die Sammlung des Museums – damit ist sie eine der größten in diesem Bereich im deutschsprachigen Raum. Die Ausstellung zeigt wichtige Neuerwerbungen der vergangenen zehn Jahre. Jeder Präsentationstisch ist einem Themenbereich zugeordnet – von Landschaftsarchitektur über die gigantischen Baupläne der Nationalsozialisten bis zu heutigen, klimafreundlichen Lösungen für unsere Innenstädte. „Was Sie hier jeweils sehen, ist nur die Spitze des Eisbergs“, sagt Andres Lepik schmunzelnd. Er weiß ja, dass hinter jedem ausgestellten Modell im Archiv noch hunderte weitere Arbeiten des jeweiligen Architekten lagern. Bereit, von angehenden Konstrukteuren studiert zu werden.

Auch Studierende nutzen die gigantische Sammlung des Architekturmuseums

Wie aufs Stichwort kommt in dem Moment, in dem Andres Lepik davon bei unserem Rundgang durch die sehenswerte Schau erzählt, ein alter Bekannter vorbei. Christoph Sattler, Münchner Architekt und Mitbegründer des Büros Hilmer & Sattler und Albrecht. Er schaut sich privat die Ausstellung an. Seinen Vorlass hat er bereits an das Museum übergeben. Zu sehen ist nun beispielsweise das Modell des Hauses, das er einst für den Philosophen Jürgen Habermas in Starnberg geplant hat. Der lebt dort noch immer. Die beiden sind inzwischen gut befreundet.

Durchaus stolz schaut Christoph Sattler nun auf den Tisch mit einigen Ausschnitten seines Lebenswerkes. „Als ich studiert habe, habe ich das Archiv des Museums selbst zu Forschungszwecken genutzt. Dass ich jetzt selbst hier vertreten bin, inmitten vieler beeindruckender Nachbarn, das macht mich glücklich.“

Bis 5. Juni 2022 im Architekturmuseum der TUM, Pinakothek der Moderne; Di. bis So. 10 bis 18 Uhr, Do. bis 20 Uhr.

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