„Tatort“ heute aus Dresden: Dieser Krimi war ein echter Thriller!

Der neue „Tatort“ aus Dresden startet als öder Krimi und endet als Thriller. Unsere TV-Kritik.
Was beginnt wie ein stinknormaler und etwas öder Krimi, endet nach 90 Minuten als hoch spannender und dramatischer Thriller. Der Dank dafür geht in erster Linie an Autorin Kristin Derfler, die dieses packende Drehbuch zum gestrigen „Tatort“ aus Dresden geschrieben hat, das dann von Andreas Herzog gekonnt in Szene gesetzt wurde. Das Team aus Kommissar Schnabel (wie immer großartig: Martin Brambach), Karin Gorniak (Karin Hanczewski) und Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) nahm sich zugunsten der guten Geschichte zurück. Die Ereignisse um Schnabel, der am Ende der vergangenen Folge mit dem Tod rang, wurden kurz gestreift, aber nicht weiter ausgewalzt. Es gab ja auch genug anderes zu tun.
Schöne heile Familienwelt? Von wegen!
Aufzuklären war der Mord an Gärtnereibesitzerin Heike Teichmann (Tanja de Wendt), die – erschlagen mit einem Hammer – tot im Gewächshaus liegt. Schwiegersohn Patrick (Nico Rogner) macht schnell den geistig eingeschränkten Juri Novak (Alexander Schuster) als Täter aus, weil er ihn mit der Tatwaffe in der Hand vom Tatort hat wegrennen gesehen. Dass Juri es nicht gewesen sein kann, ist klar – zu einfach. Patrick Teichmann indes gerät zwar nicht wirklich ins Visier der Ermittler, als Zuschauer hat man ihn aber doch lange auf der Rechnung – nicht zuletzt weil er den Verdacht auf Juri lenkte und es selbst mit der Wahrheit (er hat eine Affäre mit der Arbeitskollegin!) nicht sonderlich ernst nimmt. Seine eigene Frau (Kristin Suckow) muss sich bei ihm vergewissern, ob er „Mutti“ wirklich nichts angetan hat. Derweil kommt auch sie, Nadine Teichmann, als Täterin infrage. Kurzum: Der ganze Familienbetrieb ist von einem friedlichen Zusammenleben der Generationen meilenweit entfernt.
Dieser „Tatort“ begeistert mit furiosem Finale
Dass der Krimi dann eine komplett andere Richtung einschlägt, ist so überraschend wie nötig und gut. Auf einmal geht es um Menschenraub nach der Geburt, um verletzte Gefühle, um Liebe und das traurige Gefühl, eben nicht geliebt zu werden – nicht einmal von der eigenen Mutter. Und schließlich erzählt „Totes Herz“, so der treffende Titel der Folge, von dem Rachefeldzug einer verstoßenen, verzweifelten und tief frustrierten Frau (ebenfalls Kristin Suckow), der in einem Finale an Bord eines Bootes gipfelt, das leicht hätte ins Lächerliche abrutschen können, die Kurve aber rechtzeitig bekommen hat.