„Tatort“ heute aus Saarbrücken: Gewaltig

Der neue „Tatort“ aus dem Saarland spart nicht an Gewalt. „Die Kälte der Erde“ ist trotzdem sehenswert. Unsere „Tatort“-Kritik.
Jörg Hartmann, der den Dortmunder „Tatort“-Kommissar Peter Faber spielt, hat es neulich in unserem Interview richtig gesagt: Viele Krimifans schauen die Folgen aus dem Pott auch deswegen so gern an, weil sie die Geschichten horizontal erzählen, Gedanken und Geschehnisse aus dem Leben der Kommissare immer wieder aufnehmen und weiterspinnen. (Lesen Sie hier: Unser ganzes Interview mit Jörg Hartmann.) Dieses Prinzip haben sich auch die Kollegen aus dem Saarland zu eigen gemacht – und in der jüngsten Folge, die gestern ausgestrahlt wurde (Titel: „Die Kälte der Erde“), funktioniert das einmal mehr ganz wunderbar. Allein der Fall als solcher schwächelt etwas.
Wieder spielt die Vergangenheit von Hölzer und Schürks eine Rolle
Seit Kindertagen kennen sich die Ermittler, und auch wenn sie einander über Jahre nicht gesehen haben – die Bindung ist geblieben. Nicht zuletzt, weil Leo Hölzer (Vladimir Burlakov) seinerzeit Adam Schürks (Daniel Sträßer) Vater ins Koma schlug, als er Zeuge wurde, wie der seinen Sohn grün und blau prügelte. Der Vater ist inzwischen tot, sein „Erbe“ aber macht Sohn Adam ordentlich zu schaffen. Auch und gerade in dieser Folge. Denn: Adam hortet bei sich daheim eine Sporttasche mit einer Millionenbeute aus einem Banküberfall seines Vaters – und verschweigt seinem Kollegen und Freund Hölzer nicht nur die Existenz des Geldes, sondern auch, dass er deswegen zu Hause überfallen wurde.
Die Ermittler stoßen auf eine Wand des Schweigens
Wer aber weiß überhaupt von der Kohle? Da kommt der aktuelle Fall ins buchstäbliche Spiel. Nach einer Fußballpartie zwischen Kaiserslautern und Saarbrücken (Derby!) treffen sich verfeindete Hooligans der beiden Vereine zur sogenannten dritten Halbzeit, einem „Ackermatch“, wie sie es nennen. Bedeutet: Dutzende Männer und einige wenige Frauen bekämpfen sich mit Fäusten. Wie die Tiere gehen sie aufeinander los. Blanke Gewalt bricht sich Bahn, völlig entfesselt. Bilder, die tatsächlich schwer zu ertragen sind. In der Notaufnahme dann stirbt der schwer verletzte Andreas Schneider (Nils Bannert) – allerdings nicht infolge von Schlägen, sondern weil ihm jemand treffsicher ein Messer in die Oberschenkelarterie gerammt hat. Hölzer und Schürk stoßen bei ihren Ermittlungen zunächst auf eine Wand des Schweigens (gegen die „Bullen“ halten Hooligans offensichtlich gemeinsam dicht) und tauchen dann ein in eine Welt von Menschen, für die Gewalt anscheinend normale Umgangsform ist. Menschen, die es nie gelernt haben, anders als mit Schlägen Antworten zu suchen auf die Fragen des Lebens.
Leider machen sich Melanie Waelde (Buch) und Kerstin Polte (Regie) hier nicht wirklich auf die Suche nach dem Warum. Woher kommt dieser Hass? Diese grenzenlose Wut? Vielleicht kann man es nicht erklären, das Böse im Menschen. Etwas tiefer hätte man in diese kaputten Charaktere aber schon eintauchen können. Was indes alle und alles vereint in diesem Krimi: Ohne Vertrauen ist am Ende alles – nichts.