Wie der Antisemitismus den Krieg überlebte – „Auerbach“ von Hans-Hermann Klare
Der „Fall Auerbach“ war ein großer Justizskandal in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg. Hans-Hermann Klare öffnet mit seinem Buch diese alte Akte und berichtet über den prominentesten Juden nach dem Krieg.
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Es liest sich wie ein Hollywood-Drehbuch, aber der „Fall Auerbach“ ist keine Fiktion. Es handelt sich um die Biographie des bekanntesten Juden Deutschlands. Der Autor Hans-Hermann Klare berichtet, in einem nüchternen Ton, vom Leben Auerbachs und dessen Schicksal. Jahrelange Recherche führen zu einer der emotionalsten Biografien, die ich jemals gelesen habe.
Hans-Hermann Klare „Auerbach“ : Über das Buch

Im April 1952 begann vor dem Landgericht München ein Sensationsprozess. Angeklagt war der prominenteste Jude in Deutschland nach dem Krieg: Philipp Auerbach. Er hatte Auschwitz überlebt und stritt wie kein anderer für die Überlebenden des Holocaust. Seine Richter, ehemalige Nazis, verurteilten ihn wegen geringer Vergehen. Auerbach nahm sich noch am gleichen Tag das Leben. Sein Schicksal steht symbolhaft dafür, dass es die »Stunde Null« nach dem Krieg so nicht gegeben hat. Dass alte Eliten zu neuen wurden und der Antisemitismus fortlebte. Hans-Hermann Klares fulminante Biographie taucht die Nachkriegszeit in neues Licht. Sie lässt eine Welt wieder auferstehen, in der Hundertausende Displaced Persons in Deutschland für ein Leben in Würde kämpfen mussten.
Auch wenn es sich um eine detaillierte, distanzierte Biografie handelt, sammelt Hans-Hermann Klare viele Emotionen ein. Die Geschichte von Philipp Auerbach wird spannend erzählt. Unzählige Diskussionen u.a. die Documenta oder die bis heute bestehende Polizeipräsenz vor deutschen Synagogen bezeichnet deutlich die Aktualität dieser Biografie.
Hans-Hermann Klare „Auerbach“ : Mein Fazit
„Auerbach“ ist in meinen Augen eine Biografie, die man gelesen haben muss. Teilweise verstehen zu können, warum der Antisemitismus den Krieg überstanden hat und auch heute anteilig „salonfähig“ ist. Eine wirkliche Aufarbeitung des Nationalsoziallismus in Deutschland gab es nie. Da reicht es auch nicht, wenn man das Thema kurzzeitig in Schulen bespricht. Das heutige jüdische Leben in Deutschland ist immer noch von Angst und Vorurteilen geprägt. Hans-Hermann Klare zeigt mit seinem Buch ganz klar die strukturellen Probleme auf, die heute immer noch existieren. Eine Biografie, die ich jedem ans Herz legen kann, der sich mit dieser Thematik auseinander setzen möchte.
Hans-Hermann Klare „Auerbach“
2022,Aufbau Verlag ISBN 13-978-3-351-03896-0
Preis: Hardcover 28 €, E-Book 19,99 €, Seitenzahl: 475 Seiten (abweichend vom Format)
Hans-Hermann Klare
Hans-Hermann Klare, geboren 1956, war lange Jahre Autor und leitender Redakteur beim »Stern«. Seine Reportagen handeln vom Ende der Apartheid in Südafrika, vom Völkermord in Ruanda und vom Aufstand der Indigenen in Mexiko. Sein Porträt des amerikanischen Kriegs-Fotografen James Nachtwey war die Grundlage für den Oscar nominierten Dokumentarfilm »War Photographer«. Er engagiert sich seit vielen Jahren für die UNO-Flüchtlingshilfe in Deutschland und ist seit 2016 Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung.