Interview mit Thriller-Autor Vincent Kliesch: In Fitzeks Fußstapfen
Thriller stehen bei den Lesern hoch im Kurs. Doch wie finden die Autoren ihre Ideen und wie schreiben sie? Vincent Kliesch im Interview.
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Vincent Kliesch lernte durch einen großen Zufall Thriller-Autor Sebastian Fitzek kennen. Nach ersten eigenen Büchern, sind sie mit einigen Titel gemeinsam am Werk und auf dem Weg, die Bestsellerliste zu erobern. Doch wo fallen einem Autor die besten Ideen ein und wie sieht ein typischer Schreibtag aus, wenn es den denn gibt. Grund genug, Thriller-Autor Vincent Kliesch auf einen Kaffee zu treffen.

Berlin gehört zweifelsohne zu den spannendsten Städten für Thriller und Krimis, wie auch Krimi-Autor Johannes Groschupf in einem Interview verrät. Kliesch, der zu Beginn in der Gastronomie tätig war und hier auch die ersten Ideen sammelte, veröffentlichte 2010 „Die Reinheit des Todes“, mit dem er seine Karriere startete. Mittlerweile kann Kliesch vom Schreiben leben und ist bei bestimmten Terminen auch zusammen mit Sebastian Fitzek auf Lesereise unterwegs.
Schreiben ist das, was ich immer wollte
Mit der „Auris“-Reihe um den forensischen Phonetiker Matthias Hegel gelang Vincent Kliesch der endgültige Durchbruch. Die Bücher, die nach einer Idee seines Freundes Fitzek entstehen, sorgen für Hochspannung. Kürzlich wurden zwei Bände auch erfolgreich verfilmt.
Seit wann können Sie vom Schreiben leben?
Schreiben wollte ich schon immer. Aber davon leben können? Ich hätte wahrscheinlich auch davon leben können, aber halt eher von der Hand im Mund. Seit “Auris” kann ich mich hauptberuflich ums Schreiben kümmern.
War Schreiben schon immer Ihr Traum?
Ja, tatsächlich. Ich habe als Kind immer schon Geschichten geschrieben und tagsüber auf Klassenfahrten Gruselgeschichten. Diese wurden gesammelt und abends von mir vorgetragen. Und jetzt, wenn ich auf Lesetour unterwegs bin, gibt es manches Mal als Bonus eine Gruselgeschichte, die ich als 12-Jähriger geschrieben habe. Das Lustige: Ich habe handwerklich damals alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. So konnte der Held beispielsweise gar nichts. Aber ich hatte diesen Drang, meine Freunde zu unterhalten. Mit 9 Jahren nahm ich an einem Geschichtswettbewerb der Stadtbücherei Zehlendorf teil. Und mit 15, genau zur Wendezeit, gab es einen Wettbewerb vom Berliner Senat für Ost-West-Liebesgeschichten. Auch hier war ich recht erfolgreich. Ich konnte das Schreiben nicht lassen.
Sie hatten mit den Geschichten damals schon einen Geschäftssinn entwickelt.
Die Geschichten sollten alle hören. Meine Oma war Sekretärin und hat die Gruselgeschichten abgetippt. Mein Vater hat sie kopiert und laminiert. Dann habe ich sie für eine Mark an meine Mitschüler verkauft. Auf Umwegen bin ich wieder an meine ersten Geschichten gekommen und lese ab und an welche auf der Tour vor.
Welcher Autor hatte Sie damals inspiriert?
Ehrlich gesagt „Der Geisterjäger“ von John Sinclair. Den habe ich stark adaptiert und dann einfach drauflos geschrieben. Alles völlig unlogisch. Hauptsache schreiben. Da gibt es beispielsweise Szenen, wo nichts zusammenpasst und auch die Entfernungen nicht stimmt.
Die „Auris“-Thriller in der richtigen Reihenfolge
- Auris (2019)
- Die Frequenz des Todes (2020)
- Todesrauschen (2021)
- Der Klang des Bösen (2022)
Wie kam es zur ersten großen Buchidee?
Ich arbeitete im Gastrobereich, was sehr anstrengend war. Irgendwann dachte ich, ich müsste ein Buch darüber schreiben, wie ein Kellner seine Gäste nach und nach umbringt. Und so hangelte ich mich mit der Buchidee während des Jobs entlang. Und spielte mit der Idee herum.
Das war neben dem Fulltime-Job sicher nicht so einfach?
Ich habe es probiert. Ich besorgte mir Sekundärliteratur. So was wie, „Wie schreibt man einen Roman“ und schaute mir an, was die Regeln des Schreiben sind. Dann habe ich es mehrere Male überarbeitet und wirklich lange und intensiv daran gearbeitet. Auch habe ich versucht zu verstehen, wie der Buchmarkt funktioniert und mich an Literaturagenten gewandt. Im Endeffekt hatte ich ein wahnsinnig großes Glück. Zwei Verlage wollten das Manuskript haben und überboten sich gegenseitig.
Sind Sebastian Fitzek und Sie Freunde seit Kindesbeinen?
Nein, auch wenn es so wirken mag. Ich habe ihn bei einem Radiosender getroffen. Ich hatte in Erfahrung gebracht, dass er dort ist. Mein Buch sollte bei einem großen Publikumsverlag erscheinen. Der Zufall wollte es, dass ich eine kurze Zeit mit ihm in der Kaffeeküche stand und plauderte. Seitdem sind wir uns immer wieder in Berlin begegnet und entwickeln Geschichten miteinander.
Wie sieht der Schreiballtag aus?
Das Positive vorweg: eine klassische Schreibblockade, bei der ich nicht weiß, was ich schreiben soll, kenne ich nicht. Derzeit schreibe ich von einem Buchprojekt zum nächsten. Das geht alles Hand in Hand. Ich schreibe zu Hause immer am Rechner. Lange Zeit hatte ich auch keinen Laptop, um unterwegs etwas aufzuschreiben. Mittlerweile ist es so, dass ich mir einen Schreibplan gemacht habe, an den ich mich halte. Als ich noch in der Gastro tätig war, hatte ich versucht, abends und nachts zu schreiben. Aber das hat nicht immer gut geklappt. Für ein Buchprojekt habe ich in der Regel jetzt sechs Monate Zeit. Da sieht man, dass auch Schreiben körperlich anstrengend sein kann.
Schreiben Sie und Sebastian Fitzek zusammen an den Büchern?
Bei den ersten vier Auris-Bänden hatte Sebastian die Kernidee. Daran haben wir dann immer stückweise gearbeitet. Wir telefonieren in der Woche miteinander und besprechen alles, was wir geschrieben haben. Wir halten einander den Rücken frei. Man könnte fast sagen, er hat die „Auris“-Reihe an mich ausgesourct, weil er dafür keine eigenen Kapazitäten hatte. Stück für Stück wird auch der Name Fitzek von den Titeln der „Auris“-Reihe verschwinden.
Wie viel Einfluss hatten Sie bei der „Auris“-Verfilmung
Bei der „Auris“-Verfilmung hatten wir mehr Mitspracherecht, als man normalerweise vielleicht hat. Wir konnten die Filmidee mit Regina Ziegler, einer Freundin von Sebastian, umsetzen. Und auch hier sorgte sein Name dafür, dass man nicht alle Ideen sofort über Bord geworfen hat. Seine guten Ratschläge haben uns allen bei dem Film weitergeholfen.
Wie wichtig ist ein Platz in der Bestsellerliste?
Der ist natürlich nicht unwichtig. Ein reiner Listenplatz sagt aber nicht unbedingt etwas über die Verkaufszahlen aus. Sind die Verkaufszahlen gut und lässt sich mit den Lizenzen, beispielsweise für Hörbücher oder Film, etwas machen, ist das ein mehr als schönes Nebenprodukt.
Vielen Dank für das Interview!