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Purer Luxus: Kochen wie die alten Römer

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Essen
Antikes Gastmahl: Sonja Gibis serviert römische Köstlichkeiten wie Honigwein, süßen Karottensalat und Käsebällchen. © Klaus Haag

Freitags schauen wir im Wechsel bei Hobbyköchen und Wirten über die Schulter. Heute sind wir zu Gast bei Wissenschaftsredakteurin Sonja Gibis. Die 36-Jährige kocht am liebsten alte römische Gerichte aus der Kaiserzeit.

Eine Einladung zum römischen Essen – das klingt verlockend. Den alten Römern eilt schließlich der Ruf voraus, auch in der Küche dekadent gewesen zu sein. Und überhaupt: Wer kann sich schon dem köstlichen Duft von Basilikum, Rosmarin und Knoblauch entziehen? Das schmeckt einfach nach Sommer. Herrlich.

„Aber nicht nach dem antiken Rom.“ Sonja Gibis (36) hat in ihrer kleinen Küche im Münchner Westend die Zutaten für ihr römisches Mahl aufgebaut: Was da auf dem Tisch steht, erinnert mehr an Asterix’ Zaubertrank als an feine Gourmetküche: Mastixharz für den Honigwein oder Weinraute für das Lamm. Oder gar das „edle Garum“, eine Fischsoße, die aus „dem ersten Blut einer noch nach Luft schnappenden Makrele“ gebraut wurde. Dieses ist heutzutage allerdings gar nicht mehr erhältlich.

Die Zutaten erinnern an Asterix’ Zaubertrank

Alternativ greift die Hobbyköchin zur Sardellenpaste oder Fischsoße aus dem Asialaden. Zweifelhafte Delikatessen der alten Römer wie Siebenschläfer und die gefüllte Gebärmutter von Jungsäuen kommen heute zum Glück nicht auf den Tisch.

Um es vorwegzunehmen: Die antike römische Küche schmeckt wirklich. Auch wenn man sich das bei Weinraute & Co. erst einmal nicht so recht vorstellen kann. Und sie macht vor allem satt: Wegen der Nüsse, den getrockneten Früchten und dem Honig sind antike Speisen auch recht nahrhaft. Das Frühstück am nächsten Morgen kann man getrost vom Speiseplan streichen.

Doch zurück zur Weinraute: „Sie ist ein Feinschmeckerkraut“, sagt Sonja Gibis. Einst war es sehr beliebt, heute ist es schier nicht aufzutreiben. Auf dem Viktualienmarkt wurde die Wissenschaftsredakteurin einmal fündig – damals fragte die Marktfrau prompt: „Für was brauchen Sie das denn?“

Mittlerweile baut eine Freundin von Sonja Gibis das Kraut im Garten an – die Hobbyköchin will auf Nummer sicher gehen, dass sie ihre Weinraute auch bekommt. Pur schmeckt das Kraut ziemlich bitter. „Aber es bildet einen interessanten Kontrast zum Honig, mit dem die Römer viel in der Küche arbeiteten.“ Dabei bevorzugten sie stark gewürzte Speisen mit vielen Zutaten. Neureich wie sie waren, stellten sie ihren Reichtum auch im Essen zur Schau. Und Gewürze waren teuer. Antike römische Küche arbeitet getreu dem Motto: Je mehr, desto besser. Vor über zehn Jahren hat die Münchnerin angefangen, wie die alten Römer zu kochen. Während ihres Lateinstudiums. Wenn sie in Hochform ist, kocht die Antiken-Liebhaberin für bis zu 200 Leute.

Die Rezepte stammen fast alle von Apicius. Die Hobbyköchin nennt eine Ausgabe von 1709 ihr Eigen. Die Rezepte sind allesamt auf Latein geschrieben. Mengenangaben fehlen. „Da braucht man viel Phantasie und Übung, um die Speisen schmackhaft nachkochen zu können.“ Inzwischen hat Sonja Gibis die richtigen Mengen erforscht und kocht alles aus dem Gedächtnis. 

Zur Einstimmung gibt es an diesem Abend erst einmal einen Honigwein – nicht zu verwechseln mit dem Met, den es auf Weihnachts- und Mittelaltermärkten gibt. Das Gebräu aus Weißwein, der mit Honig, Lorbeerblatt, Mastix, Pfeffer, Safran und Datteln gewürzt wird, haben die Römer gerne als Aperitif getrunken. Die Kräuter werden – das versteht sich von selbst – nicht in der Küchenmaschine püriert. Sonja Gibis verwendet dazu einen großen Mörser.

Als die Speisen auf der Platte angerichtet sind und das Lamm im Rohr vor sich hin schmort, ist für Sonja Gibis der Zeitpunkt gekommen, sich in Schale zu schmeißen: Die blaue Seidentunika hat sie sich eigens für solche Abende geschneidert. Für den Fotografen setzt sie sich auch einen Efeukranz auf. Schließlich trug man auch bei antiken Gastmählern gerne Kränze.

 Die Gäste nehmen unterdessen auf den Liegen Platz – so wie es schon Homer in seinem Epos „Odyssee“ beschrieben hat. Nur dass an diesem Abend die einst so begehrten hübschen Mundschenke fehlen.

Dafür gibt’s die sogenannte „Mappa“, das antike Doggybag, aus einem Leintuch. Um dem Gastgeber zu zeigen, dass die Speisen hervorragend mundeten, ließ man sich ein paar Häppchen für zuhause einpacken. Einen Brauch, den Sonja Gibis in die Neuzeit hinübergerettet hat. „So findet man raus, was den Gästen besonders geschmeckt hat“, sagt die Hobbyköchin. Der einzige Tribut an die Neuzeit: Die Gäste dürfen die Speisen auf einem Pappteller oder in Alufolie verpackt mit nach Hause nehmen. Und das tun sie gerne.

Stephanie Ebner

Luxus und Dekadenz

Die Ausstellung „Luxus und Dekadenz – Römisches Leben am Golf von Neapel“ läuft bis 30. August in der Archäologischen Staatssammlung, Lerchenfeldstraße 2, in 80538 München (Nahe U-Bahnhaltestelle Lehel).

Öffnungszeiten:

Dienstag bis Sonntag von 9.30 bis 18 Uhr. Sonntags jeweils bis 20 Uhr. Auch am Feiertag , 15. August, geöffnet.

Eintritt:
7 Euro pro Person, ermäßigt 5 Euro, Jugendliche/Studenten 2,50 Euro. Familienkarte (2 Erwachsene, maximal 4 Kinder: 15 Euro)

Führungen:
sonntags um 11 Uhr, Preis: 6 Euro plus ermäßigter Eintritt. Keine Anmeldung erforderlich.

Audioguides:
in deutscher und englischer Sprache: 4 Euro. Audiotour für Kinder: 2 Euro.

Antike Küchengeheimnisse nachgekocht von Sonja Gibis

Römischer Gewürzwein:

Zutaten:

1 Liter Wein, 1 Kilo Honig, ein paar Körnchen Mastixharz, je nach Geschmack etwa 50 frische Lorbeerblätter und 10 Gramm Pfeffer, eine Brise echter Safran, ein Dutzend Datteln mit Kernen.

Zubereitung:
Wein und Honig in einem Topf aufkochen lassen. Dabei sollte man den Topf keinen Augenblick aus dem Auge lassen. Denn die Mischung schäumt stärker auf als Milch. Wenn der Schaum zu steigen beginnt, mit etwas kaltem Wein ablöschen. Den Pfeffer in einem Mörser grob zerstoßen und die Lorbeerblätter mit den Händen etwas zerdrücken. So können die Aromastoffe besser entweichen. Die Datteln entkernen und die Kerne in einer Pfanne kurz rösten. Dann Pfeffer und Lorbeer zusammen mit Safran, Mastixharz, Datteln und den gerösteten Dattelkernen in den noch warmen Honig-Wein geben. Etwa einen Tag ziehen lassen und dann abseihen. Die süße Mischung beim Servieren je nach Geschmack mit trockenem Wein verdünnen.

Moretum (Kräuterkäse)

Zutaten:
200 Gramm Schafsfeta, 200 Gramm mittelalten Pecorino, 1 Knolle Knoblauch, ein Bund frischer Koriander, Blätter einer Sellerieknolle, einige Blättchen Weinraute (ersatzweise Rucola und Kresse), Essig, Öl.

Zubereitung:
Pecorino reiben und die Kräuter fein hacken. Dann in einer Schüssel mit Feta und einem Schuss Essig und Öl verkneten. Den gepressten Knoblauch dazugeben. Die gut durchgeknetete Käsemasse im Kühlschrank kühlen und kurz vor dem Servieren zu Bällchen formen.

Libum (Opferbrot):

Zutaten:
200 Gramm Feta, 1 Tasse Dinkel-Vollkornmehl, 1 Ei, nach Bedarf etwas Wasser und einen Schuss Öl. Lorbeerblätter.

Zubereitung:
Käse mit Mehl und Ei verkneten. Etwas Öl und Wasser dazugeben, bis der Teig geschmeidig ist. Lorbeerblätter auf einem Backblech auslegen. Den Teig zu einem Fladen formen, auf den Lorbeer setzen und mit einem Messer das Muster eindrücken. Mit einer Haube aus Alufolie abdecken. Bei etwa 200 Grad 40 Minuten lang backen. Die Aluhaube entfernen und bei Oberhitze backen, bis das Brot eine schöne braune Kruste erhält.

Lamm in Dattelsauce:

Zutaten:
Eine Lammkeule (etwa 1,5 Kilo), Rotwein, Sardellenpaste, Pfeffer, Senfsamen, Koriandersamen, 200 Gramm Datteln, frischer Oregano, Thymian und Weinraute.

Zubereitung:
Lammkeule mit Sardellenpaste einreiben und in eine Reine geben. Mit Rotwein und Wasser (etwa halb, halb) aufgießen, Datteln und zerstoßene Gewürze dazugeben. Auf 120 Grad etwa 5 Stunden lang garen. Sauce abgießen und die Keule warmstellen. Die Datteln pürieren und in den Lammfond geben. Aufkochen und mit Rotwein abschmecken. Am Ende die frischen Kräuter fein hacken, in die Sauce geben und zum Servieren über die heiße, in Scheiben geschnittene Keule gießen.

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