Zoonosen wie Coronavirus-Infektion als globales Problem - Biologe mit dringlicher Warnung

Es gibt viele Erreger, die Tiere auf Menschen übertragen können, etwa das Coronavirus. Zwei Wissenschaftler geben eine beunruhigende Prognose ab.
- Die neuartige Lungenkrankheit Covid-19 wird durch Coronaviren ausgelöst, die von Tier auf Mensch übertragen wurden.
- Zu den sogenannten Zoonosen zählen auch Krankheiten wie Tollwut oder Borreliose.
- Um in Zukunft die Entstehung und Verbreitung von Pandemien zu verhindern, müssen Regierungen ein wichtiges Verbot aussprechen, wie zwei Wissenschaftler fordern.
Fledermäuse oder Gürteltiere als Überträger? Um den Anbeginn der aktuellen Coronavirus-Pandemie ranken sich viele Erklärungsmodelle. Fakt ist, dass die zentralchinesische Provinz Hubei und die darin liegende Millionenmetropole Wuhan als Ausbruchsort gelten. Dort hatten sich die ersten Menschen auf einem Tiermarkt mit dem neuartigen Coronavirus infiziert. Hier fand Sars-CoV-2 "seinen Weg über dort angebotene Larvenroller, kleine fleischfressende Schleichkatzen, die sich zuvor bei Fledermäusen mit Sars infiziert hatten", schreiben Jared Diamond, Evolutionsbiologe und Professor für Geografie an der University of California (Los Angeles) und Virologe Nathan Wolfe, die gemeinsam Artikel über neu auftretende Krankheiten verfassen.
Nicht nur mit Larvenrollern, auch mit Fledermäusen oder Schuppentieren sollte der Mensch in ihren Augen nicht in Kontakt kommen. Zu groß sei hier die Gefahr, dass sogenannte Zoonosen auf den Menschen übertragen werden. Auch Covid-19 zählt zu diesen Infektionskrankheiten, die von Bakterien, Parasiten, Pilzen oder Viren verursacht und wechselseitig zwischen Tieren und Menschen übertragen werden können. Der Begriff Zoonose leitet sich aus den griechischen Wörtern zoon (Lebewesen) und nosos (Krankheit) ab. "Eine Übertragung kann durch einen direkten Kontakt*, über Vektoren wie z.B. Zecken und Mücken, aber auch über Milch, Eier, Fleisch oder andere Lebensmittel erfolgen. (...) Durch Faktoren wie ein schnelles Bevölkerungswachstum, zunehmende Mobilität, veränderte Tierzucht und -haltung sowie Klimaveränderungen gewinnen Zoonosen immer mehr an Bedeutung", informiert die Nationale Forschungsplattform für Zoonosen auf ihrer Website.
Chinesische Wissenschaftler finden Sars-CoV-2 in asiatischer Fledermaus
Vor Covid-19* gab es bereits mehrere Krankheiten, für die der Verzehr von Tieren verantwortlich gemacht wurde. Der Ausbruch der Sars-Pandemie im Jahr 2002 kostete hunderten Menschen das Leben und auch der Erreger Mers zählt zu den Coronaviren, die wahrscheinlich in Fledermäusen entstehen und über andere Tiere auf den Menschen übertragen werden können. Im Fall des neuartigen Erregers Sars-CoV-2 gehen Wissenschaftler aktuell davon aus, dass infizierte Larvenroller das Virus auf den Menschen übertragen haben.
Das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung meldete, dass chinesische Forscher das neuartige Coronavirus in fünf Wildtierarten gefunden hatten, darunter im Larvenroller, im Fleckenmusang (ebenfalls eine Schleichkatzenart), in der Asiatischen Zibetkatze und in Hufeinsennasen-Fledermäusen. Es war allerdings nicht immer dasselbe Virus, das im Menschen nachweisbar war. "Die größte genetische Übereinstimmung mit 96,2 % der DNA-Nukleotide liefert die Java-Hufeisennasen-Fledermaus. Diese Ergebnisse bedeuten nicht, dass SARS-CoV-2 aus diesen Wildtieren stammt. In Deutschland wurden bisher keine vergleichsweise hohen Übereinstimmungen mit dem SARS-CoV-2 Virus in heimischen Wildtieren nachgewiesen", heißt es in der Pressemitteilung des Leibniz-Instituts.
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Verbot von Wildtiermärkten soll zukünftige Pandemien verhindern
Virologe Wolfe und Biologe Diamond sehen im Verbot von Wildtiermärkten die wichtigste Möglichkeit, Zoonosen wie Covid-19 in Zukunft zu verhindern. China will neuen Zoonosen zwar durch das Verbot solcher Märkte vorbeugen, jedoch ist es in der chinesischen Kultur tief verwurzelt, dass Wildtiere gegessen werden und auch Bestandteile von Tieren wie Schuppen des Schuppentiers in traditioneller chinesischer Medizin Anwendung finden.
"Allen kulturellen Unterschieden zum Trotz müssen China und andere Regierungen jetzt schnell und bestimmt handeln und den Wildtierhandel beenden. Passiert das nicht, können wir mit einiger Sicherheit vorhersagen, dass Sars und Covid-19 nicht die letzten Epidemien gewesen sein werden, die sich global ausbreiten. Solange Wildtiere für den menschlichen Verzehr oder andere Zwecke verwendet werden - nicht nur in China, sondern auf der ganzen Welt -, wird es weitere Epidemien geben", stellen Wolfe und Diamond in ihrem Artikel fest.
Ihre Prognose: "Das Virus, das nach Covid-19 kommt, könnte uns noch viel schlimmer treffen. Die Vernetzung der Weltbevölkerung nimmt zu. Es gibt keinen biologischen Grund, warum zukünftige Epidemien nicht mehrere Hundert Millionen Menschen töten und den Planeten in eine jahrzehntelange Depression stürzen könnten, wie sie die Geschichte nie gekannt hat".
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jg
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