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Herz unter Druck: Bluthochdruck als "stiller Killer"

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Prof. Steffen Massberg ist Chefarzt für Kardiologie am Klinikum Großhadern in München.
Prof. Steffen Massberg ist Chefarzt für Kardiologie am Klinikum Großhadern in München.

Millionen Menschen leiden unter Bluthochdruck. Doch jeder Dritte weiß nicht, dass er betroffen ist – denn die Beschwerden bleiben zunächst aus. Lesen Sie hier, was Sie wissen müssen.

Das Risiko, Bluthochdruck zu entwickeln, steigt mit dem Alter: Bei den 70- bis 79-Jährigen haben fast drei Viertel eine „Hypertonie“, wie Bluthochdruck in der Fachsprache genannt wird. Doch auch bei den Jüngeren unter 50 Jahren steigt die Zahl derer, die zu hohe Werte aufweisen. Allein in Deutschland sollen der Deutschen Hochdruckliga zufolge 20 bis 30 Millionen Menschen betroffen sein. Weltweit sind es laut Weltgesundheitsorganisation WHO zwischen 15 und 25 Prozent aller Erwachsenen.

Dabei fällt der Verdacht auf eine Hypertonie oft zufällig – häufig bei einer Routineuntersuchung in der Arztpraxis. Eine einmalige Messung reiche für eine Diagnose allerdings nicht aus, erklärt Prof. Steffen Massberg, Chefarzt für Kardiologie am Klinikum Großhadern in München. Oft werde dann eine Langzeitmessung über 24 Stunden angeordnet. Die so gewonnenen Messwerte sind auch wichtig für die Therapie. Im Interview erklärt er, warum die so wichtig ist.

Herr Prof. Massberg, warum ist hoher Blutdruck so gefährlich?

Weil er auf Dauer die Gefäße schädigt. Diese verändern sich entzündlich, ohne dass hieran Bakterien beteiligt sind. Es kommt zu einem Prozess, den wir als Atherosklerose oder Gefäßverkalkung bezeichnen. Und der wird wiederum von hohem Blutdruck beschleunigt. Diese Gefäßverkalkung führt zu einer Schädigung an verschiedensten Organen. Sind die Gefäße im Herzen betroffen, kann das zum Herzinfarkt führen, beim Gehirn zum Schlaganfall, in der Niere zur Nierenschwäche.

Was hat eine Nierenschwäche mit Bluthochdruck zu tun?

Die Niere ist eine wichtige Quelle für Kreislauf-Hormone. Ist sie geschwächt, werden diese aufgrund der schlechteren Durchblutung und Gefäßverkalkung vermehrt freigesetzt – und dies führt wiederum dazu, dass der Blutdruck steigt. So entsteht gewissermaßen ein Teufelskreis. Hypertonie kann übrigens auch in den Beinen zu Engstellen in den Gefäßen führen – zur sogenannten Schaufensterkrankheit. Nicht zuletzt entstehen Schäden an den kleinen Gefäßen. Hier sind vor allem die Augen betroffen. Darum kann man durch eine Untersuchung des Augenhintergrunds auch das Risiko für Schlaganfall und Herzinfarkt abschätzen.

Welche Arten von Bluthochdruck gibt es?

Bluthochdruck kommt in zwei Formen vor: Die häufigere ist die primäre Form, seltener ist die sekundäre. Von primärem oder essenziellem Bluthochdruck spricht man, wenn keine Grunderkrankung als Ursache vorliegt. Sie entwickelt sich im Laufe des Lebens als Folge des Alterungsprozesses und ist grundsätzlich multifaktoriell. Es gibt also viele Ursachen.

Und was ist sekundärer Bluthochdruck?

Dieser entsteht als Folge einer anderen Erkrankung. Am häufigsten sind Erkrankungen der Niere, die zu einer Nierenschwäche führen. Hinzu kommen hormonelle Störungen bedingt etwa durch Tumore an der Nebenniere. Diese setzen unkontrolliert Kreislaufhormone frei, die zu einer Hypertonie führen. Nicht zu unterschätzen sind Erkrankungen der Schilddrüse, insbesondere eine Überfunktion.

Ab welchem Wert ist der Blutdruck zu hoch?

Bei dieser Einschätzung herrscht sehr viel Dynamik, aber inzwischen spricht man von Bluthochdruck, wenn der obere, systolische Wert bei wiederholtem Messen in Ruhe höher ist als 140 mmHg (Millimeter auf der Quecksilbersäule) und der untere, diastolische Wert über 90 mmHg liegt.

Was sind allgemeine Risikofaktoren?

Dazu gehören Übergewicht, mangelnde körperliche Bewegung, Stress über längere Zeit, Rauchen, hoher Alkoholkonsum, erhöhte Cholesterin-Werte, aber auch die Zuckerkrankheit Diabetes, wenn sie nicht gut behandelt wird. All diese Faktoren potenzieren die Gefahren des Bluthochdrucks noch. Sie führen dazu, dass sich Gefäße degenerativ verändern, schneller altern und dadurch an Elastizität verlieren. Bluthochdruck in Kombination mit den genannten Faktoren kann letztlich zu Herzinfarkt und Schlaganfall führen.

Wann ist eine medikamentöse Therapie nötig?

Prinzipiell ist die medikamentöse Therapie nicht immer der erste Schritt der Behandlung. Sie erfolgt erst dann, wenn Lebensstil-Veränderungen nicht ausreichen. Ein Beispiel: Hat jemand Bluthochdruck, der grenzwertig erhöht ist und er ist dazu noch übergewichtig, dann wird man ihm zunächst empfehlen, sein Gewicht zu reduzieren. In der Realität ist es aber meist so, dass man Patienten ergänzend zur Gewichtsreduktion eine milde medikamentöse Blutdrucktherapie verordnet.

Müssen Patienten die Tabletten dann dauerhaft einnehmen?

In der Regel ja. Es ist aber wichtig, dass man die Behandlung immer wieder hinterfragt, also den Blutdruck kontrolliert und schaut, ob es vielleicht mehr Therapie braucht – oder sogar weniger. Die medikamentöse Therapie ist dabei nur ein Teil der Behandlung. Ein weiterer, äußerst wichtiger Bestandteil ist es, Risikofaktoren abzubauen, also seinen Lebensstil zu ändern. Regelmäßige Blutdruckmessungen sind unumgänglich. Dabei ist es empfehlenswert, ein Protokoll zu führen.

Darf der Blutdruck im höheren Alter nicht ein bisschen höher sein?

Das stimmt! Ältere Menschen über 85 Jahren sind öfter von Gefäßverkalkungen an hirnversorgenden Arterien betroffen. Senkt man den Blutdruck dann zu stark, besteht die Sorge, dass die Durchblutung im Kopf nicht mehr gewährleistet ist. Deswegen senkt man bei diesen Patienten den Blutdruck weniger stark. Bei Jüngeren ist man bestrebt, den Blutdruck möglichst gut einzustellen. Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass Patienten davon profitieren, je intensiver der Blutdruck eingestellt wird: Setzt man sich wirklich das Ziel, 120 mmHg als oberen Wert anzustreben, ist die Prognose besser.

7 Tipps für Patienten mit Bluthochdruck

Um Bluthochdruck erfolgreich zu senken, müssen Patienten selbst etwas tun – dauerhaft. Bei dieser „Therapietreue“ hapert es aber oft. „Ich bleib mir treu!“ lautet darum das Motto des diesjährigen Welt-Hypertonie-Tages am Mittwoch, 17. Mai (Infos unter www.ich-bleib-mir-treu.de und bei der Deutschen Hochdruckliga unter www.hochdruckliga. de). Hier die wichtigsten Tipps für Betroffene.

1. Messen Sie Ihren Blutdruck morgens  (vor der Tabletten-Einnahme) und abends – immer zur gleichen Zeit! Zuvor fünf Minuten ausruhen; messen Sie im Sitzen, reden und bewegen Sie sich dabei nicht und lassen Sie den Arm auf dem Tisch ruhen. Nutzen Sie ein Messgerät fürs Handgelenk, positionieren Sie dieses auf Herzhöhe!

2. Protokollieren Sie Ihre Messwerte! So kann der Arzt sehen, ob die Behandlung optimal ist.

3. Aktiv werden! Besonders günstig ist Ausdauersport wie Radfahren, Schwimmen und Wandern oder auch mal eine Einheit auf dem Heimtrainer. Kraftsport ist für Patienten weniger geeignet.

4. Ernähren Sie sich herzgesund: Besonders empfehlenswert ist eine mediterrane Küche. Dazu gehört Olivenöl, viel Fisch, aber wenig Fleisch, dafür viel Gemüse und Obst. An Salz sollten Sie sparen – zu viel erhöht den Blutdruck.

5. Mit dem Rauchen aufhören! Das schädigt die Blutgefäße. Das enthaltene Nikotin verengt sie.

6. Trinken Sie nicht zu viel Alkohol! Sie müssen nicht abstinent leben, entscheidend ist das Maß.

7. Bauen Sie Stress ab! Dabei helfen Ihnen zum Beispiel Entspannungstechniken wie Yoga.

Von Neda Caktas

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