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Nico Seifert von Gotlands im Interview

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Nico Seifert mit seiner Ehefrau Ute Schmidt und seiner Mitarbeiterin Gülendam Abaci im Geschäft.
Im Gießener Fashion-Store „Gotlands“ präsentieren Nico Seifert mit Ehefrau Ute Schmidt und Mitarbeiterin Gülendam Abaci aktuelle Luxusmode, die selbst von Hollywood-Stars getragen wird. © Nico Seifert / gotlands.de

Der 50-jährige Nico Seifert hat es mit seinem Gießener Fashion-Store „Gotlands“, den es seit dem Jahr 2005 gibt, weit gebracht. Spezialisiert auf Luxusmode verschickt das dreiköpfige Team heute unter anderem Jacken, Schuhe sowie Taschen von Belstaff, Matchless und Co. in die ganze Welt – sogar nach Hollywood.

An seinem Erfolg lässt Seifert ebenso andere teilhaben, denn soziales Engagement und Nachhaltigkeit sind ihm wichtig. Im Interview spricht der Unternehmer über die Anfänge, die Verbindung nach Hollywood, seine Pläne für die Zukunft und die Projekte in Bangladesch.

Merkur: Hallo Herr Seifert, bitte stellen Sie sich den Lesern von Merkur.de zunächst einmal näher vor.

Nico Seifert: Hallo, mein Name ist Nico Seifert. Ich bin der Gründer sowie Geschäftsführer von Gotlands, einem Gießener Luxusmode-Geschäft in der Bismarckstr. 11. Dort präsentieren wir unter anderem Jacken, Schuhe und Taschen von namhaften britischen Herstellern wie Belstaff und Matchless. Wir sind lizenzierter Händler, und unsere Produkte werden unter anderem von Hollywood-Größen wie Daniel Craig oder Liam Neeson in bekannten Filmen getragen. Wir haben aber auch etwas exotischere Modelabels wie Ludwig Reiter Meindl im Sortiment. Beim Label Meindl konzentrieren wir uns momentan auf etwa 4 bis 5 Produkte, die wir vornehmlich nach Skandinavien verkaufen. Darüber hinaus haben wir seit ein paar Jahren eine Gotlands-Eigenmarke mit einer luxuriösen Taschenkollektion. Die Gotlands-Taschen bestehen aus hochwertigem, dickem Büffelleder, sind mit einem Schweizer Zahlenschloss versehen und werden in Offenbach handgefertigt.

Merkur: Wie sind Sie auf Ihre Geschäftsidee und den Namen gekommen?

Nico Seifert: Ursprünglich habe ich Jura studiert, doch danach wollte ich einen anderen Weg als den klassischen einschlagen. Von der Idee eines eigenen Ladens war ich immer fasziniert. Das Geschäft habe ich im Jahr 2005 nach meinem Studium eröffnet, als ich mir selbst etwas von Belstaff kaufen wollte. Dabei habe ich festgestellt, dass die Firmengründung in Deutschland gar nicht so einfach ist. Heute betreiben wir den Laden zu dritt. Was den Firmennamen betrifft: Darüber habe ich damals einige Monate lang nachgedacht und mich dann aus dem Bauch heraus für „Gotlands“ entschieden. Wer in Deutschland ein großes Sortiment an Belstaff- und Matchless-Mode sucht, der kommt an uns nur schwerlich vorbei. Hätten wir dieselben Kollektionen wie andere Geschäfte, könnten wir in einer Stadt wie Gießen nicht existieren.

Merkur: Warum kaufen Kunden aus aller Welt gerade bei Ihnen, und wie würden Sie den Käuferkreis beschreiben?

Nico Seifert: Von dem Tag an, als wir unseren Internet-Store eröffnet haben, sind wunderliche Dinge passiert. Wir sind in Gießen mit unserem Laden nur in B-Lage bzw. C-Lage angesiedelt. Dennoch haben wir mittlerweile 17.000 Kunden aus aller Welt. Wir haben in der ganzen Zeit viele persönliche Kontakte geknüpft, die wir bis heute pflegen. Bei uns kaufen internationale Kunden aus nahezu allen gesellschaftlichen Schichten ein – angefangen vom Studenten, über den Angestellten bis hin zum Geschäftsmann. Erst letztens hat mich ein Kunde aus Irland angerufen, der eine von Will Smith im Film „I am Legend“ getragene Jacke erwerben wollte. 2010 hatte sich bei uns sogar eine Vorzimmerdame aus Hollywood gemeldet, die für den Film „Amelia“ mit Richard Gere und Ewan McGregor 24 Jacken benötigte – die gingen dann direkt ans Set. Das war natürlich ein bisschen Glück, da waren wir einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Merkur: Dominiert im Vertrieb der Ladenverkauf oder der Versandhandel?

Nico Seifert: Weder noch – es hält sich in etwa die Waage. Wir haben viele Kunden, die eigens zu uns in den Laden kommen, um das individuelle Kauferlebnis zu haben und Sachen vor Ort anprobieren zu können. Wir hatten ja erst den kleinen Laden, haben uns dann vergrößert, und schließlich das Internet-Geschäft dazu genommen. Unser Store liegt direkt an der A5 bzw. an einem Knotenpunkt, sodass viele Durchreisende bei uns vorbeikommen.

Merkur: Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit bei Ihren Produkten?

Nico Seifert: Eine sehr große. Zum Beispiel hat Belstaff vor einigen Jahren auch Modelle aus Reptilleder angeboten. Davon haben wir uns aber schnell abgewendet, zumal diesbezüglich schon längst ein Umdenken beim Verbraucher stattgefunden hat. Gotlands Fashion vertreibt nur noch das, was wir ethisch, moralisch und unter Nachhaltigkeistaspekten verantworten können. Wir achten außerdem sehr darauf, dass wir ausschließlich hochwertige, langlebige Produkte anbieten, die unter fairen Bedingungen produziert worden sind. Wir wollen keine Wühltischecken oder dergleichen einführen, zumal das unserem Konzept widersprechen würde.

Kinder in Bangladesch vor der von Gotlands finanzierten Schule.
In Bangladesch hat Nico Seifert den Bau von zwei Schulen finanziert, damit dort Bildung für alle Kinder möglich ist. © Nico Seifert / gotlands.de

Merkur: Wie wichtig ist Ihnen persönlich soziales Engagement und was machen Sie?

Nico Seifert: Sehr wichtig. Wir haben in den Jahre 2009 und 2015 zwei Schulen in Bangladesch gebaut für mehr als 360 Kinder. Das konnten wir nur realisieren, weil wir unsere Produkte gut verkauften. Zunächst haben wir vor Ort das Land von den Bauern gekauft und die Menschen gefragt, ob sie ihre Kinder in die neuen Schulen schicken würden. Die Mentalität ist in diesen Ländern einfach eine andere als hier. Uns war und ist wichtig, dass auch Mädchen in die Schule gehen können, da es ihnen in manchen Dörfern untersagt ist. Ich bin schon damals als Student in Bangladesch in den großen Textilfabriken gewesen, wo Minderjährige arbeiteten und Frauen, die schlecht bezahlt wurden. Frauen haben in Bangladesch insgesamt sehr wenige Rechte. Dieser Situation treten wir aktiv entgegen. Ich bin überzeugt, dass Bildung der beste Weg aus der Armut ist, und zwar überall auf der Welt.

Merkur: Welche Ziele haben Sie sich mit Gotlands künftig gesetzt?

Nico Seifert: Zunächst freue ich mich, dass es uns noch gibt. Wir leben in einer Welt, in der alles relativ schnell entwertet wird. Deshalb sind wir stolz darauf, Produkte anzubieten, die ein Leben lang den Besitzer begleiten können. Wichtig ist für mich persönlich, sowohl geerdet als auch bescheiden zu bleiben. Insgesamt bin ich einfach froh über das, was wir erreicht haben, und sehe der Zukunft gelassen entgegen. Wir haben momentan keine konkreten Expansionspläne, selbst wenn das finanziell durchaus möglich und kaufmännisch sinnvoll wäre. Wir stehen allerdings unmittelbar vor dem Relaunch unserer neuen Webseite, die unter anderem das mobile Surferlebnis verbessern wird.

Merkur: Was würden Sie anderen Gründern raten, die genauso erfolgreich werden wollen?

Nico Seifert: Wir haben hier in Gießen einen Gründerstammtisch, wo ich schon den ein oder anderen Vortrag gehalten habe. Es kommt darauf an, das passende Produkt zu einem angemessenen Preis richtig zu platzieren und Promotion bzw. Kommunikation zu betreiben. Im Marketing ist das besser bekannt als die 4 Ps. Am Anfang steht natürlich immer eine gute Idee. Danach muss man hart arbeiten und darf sich als Gründer nicht jedes Jahr ein neues Auto kaufen wollen.

Merkur: Vielen Dank für das Interview, Herr Seifert und weiterhin viel Erfolg mit Ihrem Unternehmen!

Nico Seifert: Vielen Dank!

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