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Sinnvoll einsetzen: Weiterbildung für Arbeitslose

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Arbeitslose können mit Lehrgängen ihre Jobchancen durchaus verbessern – aber nicht jeder Kurs bringt sie wirklich weiter. © dpa

Bonn – Weiterbildung kostet Zeit und Geld. Letzteres können Arbeitslose selbst meist nicht aufbringen. Und Zeit geht auf Kosten der Stellensuche. Sie müssen deshalb gründlich überlegen, ob es für sie sinnvoll ist, sich weiterzubilden – und wenn ja, in welchen Bereichen.

Jörn Saß ist sich allerdings sicher: „Ohne die Weiterbildung, die ich gemacht habe, wäre ich noch immer arbeitslos. Die Anforderungen werden immer höher. Wer den Anschluss verpasst, hat auf dem Arbeitsmarkt keine Chance.“

Saß hat seit kurzem wieder eine Stelle. Zunächst hatte der gelernte Bankkaufmann verzweifelt versucht, einen Job zu finden: „Ich hab’ mich in München, Stuttgart, Berlin und sonst wo beworben – erfolglos.“ Wegen der Wirtschaftskrise sei die Stellensuche erheblich schwieriger geworden. Saß setzte alles darauf, eine Weiterbildung für den Umgang mit einer Software für Finanzen und Controlling finanziert zu bekommen – „ein Seminar mit dem Abschluss Berater externes Rechnungswesen mit SAP ERP 6.0 und Zusatzqualifikation Controlling“.

Dass die Arbeitsagentur dem zustimmt, ist nicht selbstverständlich – schon wegen der Kosten von mehr als 13 000 Euro. „Da gehört auch für den Arbeitsberater viel Mut dazu, dem zuzustimmen“, sagt Saß. „Aber ich habe sehr darauf gedrungen, nicht zu Hause rumzusitzen.“

Prinzipiell sei Weiterbildung für Empfänger von Arbeitslosengeld I und Arbeitslosengeld II möglich, erklärt Joachim Schade vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn. Einen Anspruch darauf gibt es allerdings nicht. Was das angeht, ist der Arbeitslose in der Position des Bittstellers: Er kann darauf hinweisen, dass er sich gerne weiterqualifizieren möchte, aber er kann nicht darauf pochen. Bevor er einen Kurs belegen darf, muss die Arbeitsagentur einen Bildungsgutschein ausstellen und damit eine Förderzusage geben.

„Das ist seit Juli 2004 so“, erklärt Schade. „Den Bildungsgutschein stellt der Arbeitsvermittler aus, den Weiterbildungsanbieter kann sich der Arbeitslose dann selbst suchen.“ Das neue System, das Arbeitslosen mehr Mitsprache einräumt, war die Konsequenz aus der Kritik am vorherigen Verfahren: „Davor hatte das Arbeitsamt Verträge mit Bildungsträgern geschlossen und bestimmte dann, welche Arbeitslosen in welchen Kurs müssen“, sagt Schade, der selbst beim Arbeitsamt gearbeitet hat.

„Weiterbildung, die nichts bringt, ist verschenkte Zeit und verschenktes Geld“, sagt Holger Schäfer vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. „Und sinnlose Weiterbildung hält Arbeitslose davon ab, sich eine Stelle zu suchen.“ Das kann mehr schaden als nützen: Je länger die Arbeitslosigkeit dauert, umso schlechter würden die Chancen auf dem Arbeitsmarkt, sagt Schäfer. „Man fördert heute deshalb wesentlich selektiver als früher. Die Arbeitsvermittler stehen immer vor der Frage, welche Weiterbildung sinnvoll ist.“

Weiterbildung sei auch effektiv – in der Regel verbessert sie die Chance von Arbeitslosen auf einen Job. „Eine andere Frage ist, ob sie auch effizient ist, also ob sie in einem guten Verhältnis zu dem Geld steht, das wir dafür ausgeben“, sagt Schäfer. „Wir gucken deshalb, welche Unternehmen Bedarf an welchen Arbeitskräften haben“, erklärt Knut Böhrnsen, Sprecher der Arbeitsagentur in Hamburg. „Da wird schon hingeschaut, mit welcher Qualifikation wir was erreichen können.“

Das Thema Weiterbildung werde meistens schon bei den ersten Kontakten mit dem Arbeitsvermittler angesprochen. „Prinzipiell könnte es gleich damit losgehen, sobald klar ist, dass eine bestimmte Qualifizierung sinnvoll ist.“ Praktisch gibt es aber Hürden, wenn der Arbeitsvermittler den Bildungsgutschein aushändigt – etwa wenn gerade kein passender Kurs beginnt.

„Man kann auch nicht immer zu dem Bildungsträger gehen, zu dem man am liebsten möchte, wenn dessen Kurse ausgebucht sind“, sagt Böhrnsen. Abwarten, bis das Passende im Angebot ist, geht nicht: „Die Gültigkeitsdauer des Bildungsgutscheins ist befristet.“

Mit der Weiterbildung allein ist aber noch nicht viel gewonnen. Entscheidend ist, damit anschließend zu punkten. Jörn Saß hat das geschafft. Während seines Seminars hat er neun weitere Teilnehmer kennengelernt, mit denen er die Stellensuche selbst in die Hand genommen hat – letztlich mit Erfolg.

ANDREAS HEIMANN

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