Online-Krankschreibungen: Darum sollten Sie mit einer Ferndiagnose vorsichtig sein

Online-Krankschreibungen als PDF sind mittlerweile kein Problem mehr. Über die Nutzung des Service sollten Sie aus einem Grund aber dennoch genau nachdenken.
- Das Hamburger Start-up AU-schein.de bietet eine Krankmeldung durch Ferndiagnose an.
- Nach dem Ausfüllen eines Fragebogens und der anschließenden Prüfung eines Arztes, erhalten Sie ein Attest als PDF oder per Post.
- Ein Gerichtsurteil könnte die Gültigkeit der Krankmeldung allerdings beeinträchtigen.
Wer aufgrund einer Krankheit nicht auf der Arbeit erscheinen kann, ist meist auch über den Gang zum Arzt alles andere als begeistert – denn schließlich überanstrengt das ebenfalls viele. Das Hamburger Start-up AU-schein.de erspart den beschwerlichen Weg zum Hausarzt, denn auf deren Website können sich Arbeitnehmer ganz einfach eine Online-Krankschreibung für Beschwerden wie eine Erkältung, Rückenschmerzen, Regelschmerzen, Blasenentzündungen, Stress oder Migräne ausstellen lassen.
Doch muss der Arbeitgeber das Attest tatsächlich anerkennen?
Online-Krankschreibung durch Ferndiagnose: Das sagt das Start-up
Ein Blick auf die Homepage des Start-ups wirkt zunächst vielversprechend. So sollen die dort ausgestellten Scheine zu 100 Prozent gültig sein*. 14 Euro kostet ein Attest als PDF, das man sich mit 8 Euro Aufpreis auch per Post zuschicken lassen kann.
Im ersten Moment scheint die Ferndiagnose also unbedenklich zu sein. Seit September 2019 könnte ein Gerichtsurteil des LG Hamburg die Gültigkeit des Scheins allerdings maßgeblich beeinträchtigen: So wurden laut dem Rechtsthemen-Blog CMS Verstöße gegen medizin- und wettbewerbsrechtliche Vorgaben angeprangert. Unter anderem kritisierte das Gericht, dass ein unmittelbarer Kontakt zwischen Arzt und Patient aus mehreren Gründen notwendig sei. Dazu zählen eine nötige Feststellung, ob ein Patient wirklich krank sei, unter welcher Krankheit er konkret leidet und wie schwerwiegend die Symptome sind.
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Kann der Arbeitgeber das Attest ablehnen?
Demnach sollen die Krankschreibungen* nicht der ärztlichen Sorgfalt genügen. Muss der Chef das Attest also akzeptieren? CMS weist darauf hin, dass Arbeitgeber dank des Gerichturteils eine Grundlage besitzen, gegen eine Online-Krankschreibung zu argumentieren. Strikt ablehnen müssen sie diese nicht, doch die Möglichkeit besteht.
Sollte man deshalb auf eine Online-Krankschreibung verzichten? Das liegt im eigenen Ermessen des Erkrankten. Vorteilhaft wäre es wohl, vor der Anschaffung des Attests mit den Vorgesetzten zu sprechen, ob dieses akzeptiert werde. So können Sie anschließende Konflikte besser vermeiden.
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