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Stiftung Warentest
Private Krankenversicherung: Das sollten Sie zum Krankentagegeld wissen
- vonAnne Hundschließen
Eine private Krankentagegeldversicherung ersetzt Verdienstausfall bei langer Krankheit. Für Selbstständige und privat versicherte Angestellte ist sie existenziell.
- Dass der Verdienstausfall bei langer Krankheit durch eine Versicherung ersetzt wird, ist für Betroffene existenziell.
- Nicht selten wird darum gestritten, in welchen Fällen die Versicherung greift.
- Stiftung Warentest nennt einige Beispiele, die vor Gericht landeten. Was Sie dazu wissen sollten.
Für Selbstständige und privat versicherte Angestellte ist die prviate Krankeversicherung* oft existenziell. Es geht um viel Geld - nicht selten wird darum vor Gericht gestritten. Die Experten von Stiftung Warentest erklären auf test.de, was Versicherten beim Krankentagegeld in vielen Fällen zusteht.
Versicherer darf nicht erst im Krankheitsfall kürzen
Test.de berichtet: "Versicherer dürfen vereinbarte Krankentagegeldsätze nicht kürzen, wenn der Versicherte bereits erkrankt ist und deswegen weniger verdient. Das entschied der Bundesgerichtshof. Ein selbstständiger Fliesenleger und Ofensetzer hatte 100 Euro Tagegeld vereinbart, zuletzt aber nur 62 Euro am Tag verdient (Az. IV ZR 44/15)."
Die entsprechende Klausel im Versicherungsvertrag sei unwirksam, heißt es weiter auf test.de: Sie sei intransparent und benachteilige Kunden unangemessen, so die obersten Richter. Es sei nicht zulässig, dass ein Versicherer bis zum Krankheitsfall die Beiträge für einen höheren Versicherungsschutz verlange und erst dann Leistungen und Beiträge herabsetze. Das Krankentagegeld solle ja gerade dazu dienen, Einkommensverluste bei Arbeitsunfähigkeit zu mildern.
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Pilot bekommt Nachzahlung von 10 700 Euro
"Zahlt eine Krankentagegeldversicherung zunächst anstandslos, kann sie nicht nachträglich die Erkrankung anzweifeln und die Zahlung verweigern", heißt es zudem auf test.de. Das hätten die Richter im Fall eines Hubschrauberpiloten im Rettungsdienst entschieden (Oberlandesgericht Köln, Az. 9 U 32/18).
Der Versicherer muss ihm demnach rund 10.700 Euro Krankentagegeld nachzahlen. Das Luftfahrtbundesamt hatte angeordnet, dass der Pilot nach einer erfolgreich behandelten Venenthrombose ein knappes Jahr ein blutverdünnendes Mittel nehmen muss und nicht fliegen darf, heißt es zu dem Fall auf test.de. "Der Versicherer zahlte zunächst, wollte dann aber den Vertrag beenden, weil der Pilot aus einer speziellen Lizenzverlustversicherung sechs Monate lang eine Rente bezog." Dies sei eine Berufsunfähigkeitsrente, der Mann sei also berufsunfähig.
Weiter habe der Versicherer angeführt, der Pilot sei nicht aus medizinischen, sondern formellen Gründen arbeitsunfähig. Ihm stehe kein Krankentagegeld zu. Das Gericht entschied jedoch: Der Schutz bei Lizenzverlust sei kein Schutz für Berufsunfähigkeit, sondern decke ein spezielles Risiko von Piloten ab.
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Police vergessen – trotzdem gibt es Geld
"Manchmal muss eine private Krankentagegeldversicherung sogar dann rückwirkend zahlen, wenn ein Kunde seine Arbeitsunfähigkeit viel zu spät gemeldet hat, wie die Experten auf test.de zudem berichten. Den Fall dahinter schildert Stiftung Warentest nämlich so: Ein im Außendienst tätiger Verkaufsleiter sei wegen eines Bandscheibenvorfalls fast ein Jahr lang nicht einsatzfähig gewesen. Seiner Versicherung habe er die Arbeitsunfähigkeit erst nach etwa zehn Monaten gemeldet. "Er war von den Krankheitsfolgen so belastet, dass er nicht mehr an die Versicherung gedacht hatte. Als er den Fall dann meldete, wollte ihm der Versicherer für die verspätet gemeldete Zeit nur den halben Tagessatz zahlen."
Das Urteil am Oberlandesgericht Saarbrücken fiel demnach so aus: Der Mann habe beweisen können, dass er die ganze Zeit über arbeitsunfähig war. "Die Patientenunterlagen hatte er dem Versicherer lückenlos zur Prüfung eingereicht, und dieser hatte seine Leistungspflicht auch anerkannt", berichtet test.de.
Der Kunde habe zwar seine Pflicht zur rechtzeitigen Meldung verletzt, "doch der Versicherer konnte aus den Unterlagen alle relevanten Informationen entnehmen. Die Kürzung war deshalb nicht rechtens, der Versicherer muss rund 10.000 Euro nachzahlen" (Az. 5 U 19/19).
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