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Quarantäne im Urlaub: Weder Symptome noch Attest? Jetzt muss EuGH entscheiden

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Frau mit Corona-Maske schaut aus dem Fenster
Frau mit Corona-Maske schaut aus dem Fenster © IMAGO / Westend61

Dürfen Arbeitnehmer Urlaub rückwirkend fordern, wenn sie in der Zeit in Corona-Isolation waren? Die Frage beschäftigt den Europäischen Gerichtshof.

Angesichts der fortwährenden Änderungen der Corona-Regelungen ist es gar nicht so einfach, einen Überblick zu bewahren. Wegen der anstehenden Herbst- und Wintermonate sind am 1. Oktober 2022 neue Beschlüsse in Kraft getreten, die bundesweit gelten. Diese dienen insbesondere dazu, gefährdete Personengruppen zu schützen und Deutschland zumindest hinsichtlich Corona einen möglichst sorgenfreien Winter zu bescheren. Den Europäischen Gerichtshof (EuGH) beschäftigt derweil eine ganz andere Frage. Dabei geht es darum, ob bereits genehmigter Urlaub bei einer plötzlichen Corona-Quarantäne gutgeschrieben werden muss.

Quarantäne im Urlaub: Regelungslücke sorgt für Wirbel am Europäischen Gerichtshof

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt leitete am 16. August 2022 ein entsprechendes Vorabentscheidungsverfahren ein, um diese strittige Frage zu klären. Verschiedene Landesarbeitsgerichte hatten davor unterschiedlich darüber geurteilt. Zentral ging es nun um den Fall eines Schlossers aus Nordrhein-Westfalen, der wegen seiner Corona-Isolation acht Urlaubstage verlor. Angeordnet wurde die häusliche Quarantäne durch die Stadt Hagen, da er davor mit einer infizierten Person Kontakt hatte. Der Schlosser selbst schien sich nicht infiziert zu haben, durfte seine Wohnung aber trotzdem nicht verlassen.

Nach dem Ende seiner Isolation wurden dem Arbeitnehmer acht reguläre Urlaubstage gestrichen. Daraufhin reichte er eine Klage ein und forderte die verlorenen Urlaubstage zurück. Laut seiner Argumentation habe er sich in der angeordneten Quarantäne nicht erholen können, weshalb ihm Urlaub gutgeschrieben werden müsse. Die Arbeitgeberin wiederum legte Revision ein.

Hintergrund des Rechtsstreits ist eine bis vor kurzem herrschende Gesetzeslücke. Normalerweise konnten Urlaubstage nur mit einer ärztlichen Krankschreibung zurückgefordert werden (§ 9 Bundesurlaubsgesetz). Gesetzliche Regelungen für die Corona-Quarantäne oder Isolation, die beispielsweise für Rückkehrer aus Virusvariantengebieten gelten, gab es dagegen nicht. Auch zu Arbeitnehmern, die ohne Krankheitssymptome oder ohne ärztliches Attest eine Quarantäne-Anordnung befolgen, gab es im Gesetz bisher keine Regelung. Verschiedene Arbeitsgerichte hatten sich in der Vergangenheit aufseiten des Arbeitgebers gestellt, während andere die Nachgewähr von Urlaub anordneten.

Übrigens: Mit Corona-Infektion können Sie auch im Homeoffice arbeiten. Nur, wenn dies bei Ihrer Arbeit nicht möglich ist, stellt ein Arzt Ihnen bei symptomfreier Infektion ein Attest aus.

Gesetzgeber fällt Entscheidung zugunsten der Arbeitnehmer in Sachen Corona-Quarantäne

Mittlerweile ist der Bundestag dem Europäischen Gerichtshof zuvorgekommen und hat eine eigenständige Entscheidung zu dem Streitthema getroffen. Am 17. September ist das „Gesetz zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und insbesondere vulnerabler Personengruppen vor COVID-19“ in Kraft getreten, das vom Bundesrat abgesegnet wurde. Dieses schlägt sich auf die Seite der Arbeitnehmer und spricht ihnen das Recht zu, Urlaubstage gutgeschrieben zu bekommen, wenn sie in ihrem Urlaub in Quarantäne mussten. In § 59 Infektionsschutzgesetz heißt es: „Wird ein Beschäftigter während seines Urlaubs (…) abgesondert oder hat er sich auf Grund einer (…) Rechtsverordnung abzusondern, so werden die Tage der Absonderung nicht auf den Jahresurlaub angerechnet.“

Dieses Gesetz gilt nicht nur für Corona-Verdachtsfälle, sondern für alle quarantänepflichtigen Infektionen oder im Falle eines Infektionsverdachts. Im Prinzip ist eine angeordnete Corona-Isolation während des Urlaubs also mit einer Erkrankung gleichzusetzen: In beiden Fällen dürfen die eingebüßten Urlaubstage zurückgefordert werden.

Während sich Arbeitnehmer also über gute Nachrichten freuen können, dürften Arbeitgeber angesichts des verabschiedeten Gesetzes schwer schlucken. Für Firmen bedeutet diese Regelung, dass es künftig noch mehr zu Personalausfällen und -knappheit kommen kann. Angesichts steigender Infektionszahlen haben Unternehmen bereits jetzt mit diesem Problem zu kämpfen. Die neue Rechtslage macht die Personalplanung für Arbeitgeber natürlich nicht einfacher.

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Neues Gesetz gilt nicht für Altfälle ohne Attest in Corona-Quarantäne

Das Verfahren beim Europäischen Gerichtshof läuft derweil weiter, um die Rechtslage für Fälle vor Inkrafttreten des Gesetzes zu klären. Die Neuregelung in § 59 IfSG gilt nämlich nur für den Zeitraum ab dem 17. September 2022. Eine Rückwirkung wurde in dem neuen Gesetz nicht angeordnet. Arbeitgeber müssen also selbst entscheiden, ob sie ihren Arbeitnehmern verlorene Urlaubstage wieder gutschreiben. Es bleibt also weiter interessant, was die Richterinnen und Richter in Luxemburg beschließen. Mit einer Entscheidung des EuGH dürfte allerdings erst im kommenden Jahr zu rechnen sein. In der Vergangenheit hatte sich das Rechtsorgan wiederholt urlaubsfreundlich gezeigt.

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