„Tölzer Kasladen“ ein Fall fürs Gericht

Vor knapp drei Jahren ist der „Tölzer Kasladen“ mit Verkaufsgeschäft, Lagerräumen und Auslieferung nach Bad Heilbrunn gezogen. Doch dort gibt es Probleme, und zwar mit rechtlichen Fragen und wegen Gerüchen. Mittlerweile laufen zwei Gerichtsverfahren.
Bad Heilbrunn – Seit April 2016 ist der „Tölzer Kasladen“ in den Räumen des ehemaligen Tengelmann-Markts in Bad Heilbrunn beheimatet. Darüber befinden sich drei Eigentumswohnungen. Nicht nur von deren Bewohnern, sondern auch in der angrenzenden Umgebung gibt es massive Beschwerden über Geruchsbelästigungen.
Zur Vorgeschichte: Der „Kasladen“, seit der Gründung 1972 in Bad Tölz an der Königsdorfer Straße beheimatet, brauchte mehr Platz. Deshalb waren die Geschwister Wolfgang und Susanne Hofmann auf der Suche nach passenden Geschäftsräumen. Fündig wurden sie in Bad Heilbrunn an der Bundesstraße. „Die Räume sind eigentlich ideal für uns, weil hier schon die Infrastruktur für einen Lebensmittelbetrieb vorhanden war“, sagt Wolfgang Hofmann und verweist unter anderem auf Kühlräume, geflieste Böden und Parkmöglichkeiten.
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Der „Tölzer Kasladen“ verfügt an dem Standort über eine Fläche von 700 Quadratmeter. Die Firma hat 200 Käsesorten im Sortiment, die in sechs Kühlräumen gelagert werden und reifen. „Das sind alles handwerklich hergestellte Käsesorten, die aus ganz Europa, von Almen und Bauernhöfen, kommen“, sagt der Geschäftsführer. Seinen Angaben zufolge wird der Käse in festverschlossenen Klimakammern per Spedition angeliefert, pro Tag kommen deshalb ein bis zwei Lkw. Der Käse wird im Ladengeschäft verkauft beziehungsweise von acht Mitarbeitern umverpackt und für die weitere Auslieferung vorbereitet.
Der „Tölzer Kasladen“ hat Standorte in Bad Tölz, Landshut, München, Landsberg, Augsburg und Rottach-Egern. Außerdem können ¦Kunden online bestellen. Zu den Kunden gehört auch der Koch der Bundeskanzlerin.
Das Areal, in dem der „Kasladen“ liegt, ist baujuristisch als allgemeines Wohngebiet definiert. Zulässig sind dort nicht störende Gewerbebetriebe sowie Läden, die der Versorgung des Gebiets dienen. Bei der Unterzeichnung des Mietvertrags setzte sich Hofmann nicht damit auseinander, dass es für die Umnutzung des ehemaligen Tengelmann-Markts (Supermarkt) einer Nutzungsänderung bedurft hätte. Dies war im Vorfeld nicht geschehen.
Schon wenige Monate nach Inbetriebnahme von Laden und Umverpackung begannen Beschwerden über Geruchsbelästigung. „Es gibt hier einen permanenten Grundgeruch, 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche“, sagt Manuela Kragler, eine der betroffenen Nachbarn. Ihre Familie wohnt über dem Unternehmen. Der säuerliche Geruch würde innen über alle möglichen Leitungen nach oben steigen. „Der Geruch ist so stark, dass man ihn weder ignorieren kann, noch wird man ihm mit irgendetwas Herr“, schildert Kragler. Im Sommer könne man den Balkon nicht nutzen. „Es stinkt immer wieder entsetzlich.“
Die Berichte von Nachbarn gingen auch bei der Gemeinde ein. Als Hofmann eine Nutzungsänderung beantragte, kam der Bauausschuss zum Ortstermin. „Die Geruchsbelästigungen durch die Gärprozesse sind massiv“, sagt Bürgermeister Thomas Gründl. Die Nachbarn hätten unter erheblichen Einschränkungen zu leiden. In der Folge lehnte der Gemeinderat die von Hofmann beantragte Nutzungsänderung ab. Dieser zog daraufhin den Antrag zurück. Die Konsequenz ist jedoch, dass das Landratsamt Hofmann jetzt mangels Genehmigung die Nutzung untersagt. Dagegen hat der Geschäftsführer Klage eingereicht.
Hofmann macht keinen Hehl daraus, dass er sich von der Gemeinde verschaukelt fühlt. Er sei 2016 „mit offenen Armen“ willkommen geheißen worden. Bürgermeister Gründl wiederum betont, dass die Gemeinde froh sei, ein bekanntes regionales Unternehmen am Ort zu haben. Die Geruchsbelästigungen seien früher jedoch nicht absehbar gewesen. Die Gemeinde rät Hofmann, baulich Abhilfe zu schaffen. „Wir haben auch angeboten, dass das Unternehmen ins Gewerbegebiet umziehen kann“, sagt Gründl.
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Für Hofmann geht es hier jedoch um erhebliche Investitionskosten. Bauliche Veränderungen, etwa zur Luftumwälzung, seien nicht erforderlich, sagt der Geschäftsführer„Es gibt keine gerichtsverwertbaren Beweise, dass Gerüche im und um das Haus massiv verbreitet werden.“ Auch dem Vorwurf, dass der bei Käsereifung anfallende Ammoniak-Grenzwert überschritten werde, tritt er entgegen: „Es wurden Messungen durchgeführt. Die Ergebnisse liegen weit unter dem Grenzwert.“
Nicht nur das Landratsamt, auch Familie Kragler geht gegen den „Tölzer Kasladen“ juristisch vor. Die Nachbarn berichten neben wohnlichen auch von gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Die Richter gaben der Familie im Sommer vergangenen Jahres Recht und untersagten Wolfgang Hofmann den Betrieb. Auch hier ging der Geschäftsführer in Revision.
Die Situation vor Ort ist mittlerweile nicht mehr freundlich. Nachbarn berichten von verbalen Entgleisungen, Wolfgang Hofmann spricht von Mobbing und Stalking. Laut Hofmann wurden Gemeinderäte und Richter bei Ortsterminen bewusst mit üblen Gerüchen in die Irre geführt, die Nachbarn wiederum weisen das mit Empörung zurück. Sowohl der Geschäftsführer als auch die Nachbarn sagen, dass sie die Entwicklung der Angelegenheit emotional stark belaste. Wolfgang Hofmann macht sich zudem Sorgen um die Zukunft seines Betriebs: „Es geht um unsere Existenz.“
Die Frage liegt jetzt in den Händen von Richtern. „Ein Betrieb stört dann nicht, wenn die Auswirkungen, welche von ihm ausgehen, das gebietsadäquate Maß akzeptabler Störungen nicht übersteigen“, erklärt Sabine Schmid, Pressesprecherin des Tölzer Landratsamts und fügt hinzu: „Es ist immer eine Einzelfallentscheidung.“ Wann die Gerichte zu einer Entscheidung kommen, ist offen.
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