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DDR-Zeitzeuge in Tölz: Als es das Abitur nur mit FDJ-Mitgliedschaft gab

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Erzählte von seinem Leben in der DDR: Thomas Lukow, einst Stasi-Häftling, heute Stadtführer in Berlin. © arp

Abi nur mit Parteibuch? So war das einst in der DDR. Und die Tölzer Schüler erfuhren bei einem Vortrag noch einiges mehr über das SED-Regime.

Bad Tölz – In eine Partei eintreten müssen, um Abitur machen zu dürfen: Das ist für viele Jugendliche heute kaum mehr vorstellbar. Um den Schülern der Tölzer Fach- und Berufsoberschule (FOS/BOS) einen Einblick in die Zeit der DDR zu ermöglichen, hatte Geschichtslehrer Markus Theil in Kooperation mit der Hanns-Seidel-Stiftung jüngst zu einem Vormittag voller DDR-Geschichte geladen.

Der ehemalige Stasi-Häftling Thomas Lukow gewährte rund 150 FOS/BOS-Schülern einen detaillierten Einblick in sein Leben in der DDR. Das geteilte Deutschland ist ein wichtiger Teil des Oberstufen-Lehrplans.

Zu Beginn der Präsentation erzählte Lukow von seiner Kindheit. Der sozialistische Staat versuchte auch die Jüngsten vom System der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) zu überzeugen. So wurde der gebürtige Potsdamer bereits im Grundschulalter Jungpionier bei der Sozialistischen Einheitspartei (SED) der DDR. „Wenn man kein Pionier war, wurde man ausgegrenzt“, erzählte Lukow. Auch seine Eltern waren SED-Parteifunktionäre. Schulbücher waren laut Lukow von Krieg und Gewalt geprägt. „Im Friedensstaat DDR wurde im Sport mit Handgranaten geübt.“

Wer die Abiturprüfung machen wollte, musste FDJ-Mitglied sein

Wer zur Abiturprüfung in der DDR zugelassen werden wollte, musste sich bei der Freien Deutschen Jugend (FDJ) – einem kommunistischer Jugendverband – verpflichten. So auch Lukow: „Mit 14 Jahren wurde auch ich FDJ-Mitglied.“

Doch dann hatte er ein einschneidendes Erlebnis: Am 7. Oktober 1977 kam es auf dem Berliner Alexanderplatz zu Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Besuchern eines Rock-Konzerts. Vom Verhalten der Polizei erschüttert, trat Lukow aus der FDJ aus und durfte sein Musikstudium nicht fortsetzen. 1981 wurde er wegen Verdachts auf Republikflucht zu 20 Monaten Haft im Stasi-Gefängnis Bautzen verurteilt. Nach der Entlassung ging Lukow mit Frau und zwei Kindern nach Westberlin.

Im zweiten Teil seines Vortrags sprach Lukow über die Rolle der Musik in der DDR. Auftritte waren beispielsweise nur DDR-konformen Musikern gestattet. Songs, Texte und Bands wurden verboten, wenn sie nicht der sozialistischen Ideologie entsprachen. „Eine jämmerliche Antwort eines Systems, das Angst hat vor systemkritischen Texten“, sagte Lukow.

Die Schüler der FOS/BOS schienen begeistert und verabschiedeten ihn mit großem Applaus. „Ganz schön erschreckend zu sehen wie schlimm die Stasi-Zeit war“, sagte Leonhard Güntner. Auch Schülerin Melina Exinger fand den Vortrag hochinteressant. „Die DDR durch das Thema Musik darzustellen, hat es sehr anschaulich gemacht.“ Zu den diktatorischen Strukturen sagte Lisa Krahe: „Krass, dass die SED alles bestimmt hat.“

sew/als

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