Der Gründer des Tölzer Knabenchors, Gerhard Schmidt-Gaden, wird 85

Gerhard Schmidt-Gaden gründete 1958 den mittlerweile weltbekannten Tölzer Knabenchor. Am Sonntag feiert er seinen 85. Geburtstag.
Bad Tölz/Benediktbeuern – 150 Buben werden an diesem Sonntag zu einem stimmgewaltigen Geburtstagsständchen ansetzen – und es wird von erstklassiger Qualität sein: Gerhard Schmidt-Gaden, der Gründer des Tölzer Knabenchors, wird am 19. Juni 85 Jahre alt. Die Musik wird am Nachmittag in der Stadthalle in Germering erklingen, denn dort lädt der Knabenchor – in einer geschlossenen Veranstaltung – zum Elternkonzert ein. Die Buben und das Team wollen ihren Gründer zudem mit etwas Besonderem überraschen.
Gerhard Schmidt-Gaden zeigt sich in der Öffentlichkeit nur noch selten. Beim Knabenchorfestival in Bad Tölz verfolgte er Ende Mai aber noch jedes Konzert, berichtet seine Tochter Barbara. „Auch wenn es ihn angestrengt hat: Musik ist etwas, was ihn mit Leben erfüllt.“ Noch jeden Tag spiele ihr Vater zwei Stunden Klavier und singe. „Das hilft ihm auch sehr gut, mit der Parkinson-Erkrankung umzugehen.“ Es sei bewundernswert, mit welcher positiven Einstellung ihr Vater das Älterwerden annehme.
Täglich singen und Klavier spielen
„Er kommt schon durchaus mal in die Proben“, berichtet die Tochter, die seit einigen Jahren die Geschäfte des Chores führt. Außerdem sei ihr Vater gerne noch in Südtirol oder in der Toskana unterwegs. Lächelnd sagt sie: „Er ist ein Sonnen-Mensch.“
Gerhard Schmidt-Gaden wurde 1937 in Karlsbad im Egerland, heute Tschechien, geboren. Als Flüchtlingskind kam er mit seinen Eltern an den Starnberger See. „Da habe ich das erste Mal Berge gesehen und den ganzen Tag nur geheult. Ich hatte Angst, die Berge fallen auf mich herunter“, erzählte er vor fünf Jahren beim Geburtstagsgespräch mit unserer Zeitung. Weil sein Vater zwei Jahre später eine Arbeitsstelle in Bad Tölz fand, zog die Familie in die Kurstadt. Seine Frau Helga lernte Gerhard Schmidt-Gaden 1965 am Orff-Institut in Salzburg kennen. Drei Jahre später wurde geheiratet, dann kam Tochter Barbara auf die Welt. Die Familie lebt seit Jahrzehnten in Benediktbeuern.
Den Tölzer Knabenchor gründete Schmidt-Gaden 1956, und zwar bei den Pfadfindern. Die Gruppe nannte sich zuerst „Singkreis Bad Tölz im Kreisjugendring“, erst 1958 entstand der heutige Name. Und es gab viele glückliche Zufälle. Zum Beispiel, dass kurz nach der Gründung ein deutsch-deutsches Chorleitertreffen in Bad Tölz stattfand, zu dem auch der Leipziger Thomaskantor Kurt Thomas angereist war. Er lud den „netten Chor“ von Schmidt-Gaden ein, den Gästen etwas vorzusingen – und dann sagte er zu dem jungen Leiter: „Sie sind sehr begabt und haben Talent. Wenn Sie zu mir nach Leipzig kommen, habe ich ein Stipendium für Sie.“
Besondere Freundschaft zu Carl Orff
Gerhard Schmidt-Gaden ließ sich das nicht zweimal sagen. In Leipzig studierte er Bachs Originalnoten und bildete anschließend die Tölzer Solisten zu Spezialisten für historische Aufführungspraxis aus. So gelangte der Chor zu Weltruhm. Jahrzehntelang arbeitete Schmidt-Gaden mit den größten Dirigenten seiner Zeit zusammen. Zu Carl Orff beispielsweise unterhielt Schmidt-Gaden eine besondere Freundschaft: Von 1963 bis 1974 kam Orff alle zwei Wochen nach Bad Tölz, um den Knabenchor zu unterrichten. Schmidt-Gaden schrieb außerdem das Kapitel zur Stimmbildung in Orffs „Schulwerk“, das heute als sein großes pädagogisches Vermächtnis gilt.
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Konzertreisen führten den Chor auf alle großen Bühnen dieser Welt. Im Laufe seiner Karriere wurde Schmidt-Gaden mit zahlreichen Auszeichnungen gewürdigt. Vor rund sechs Jahren zog er sich aus dem Tagesgeschäft zurück. Bis heute ist er die „graue Eminenz“, zu der die meisten Schüler und Ehemaligen ein gutes Verhältnis haben.
Zu Hause in Benediktbeuern liebt der 85-Jährige Natur und Garten. Nicht nur heimische Pflanzen, sondern auch japanische Ziergärten und ihre Gestaltungsmöglichkeiten findet Schmidt-Gaden faszinierend. Selbst die Musik aus dem Fernen Osten hat es ihm angetan – genauer gesagt das Spiel auf einer Meditationsflöte. Aufgrund der besonderen Atemtechnik komme selbst er hier an seine Grenzen, erzählte er 2017. Heute aber darf er einfach nur zuhören, wenn 150 Buben ihrem langjährigen Chorleiter, auch gerne „da Schmidä“ genannt, ein musikalisches Konzert der Extraklasse zu seinem Ehrentag bieten.
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