Einst belächelt, jetzt ausgezeichnet: Vorbildliche Unternehmen und Initiativen

Im Tölzer Kurhaus wurden jetzt die Nachhaltigkeits-Preise 2018 verliehen. Die Preisträger stammen aus den Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen und Miebach.
Bad Tölz-Wolfratshausen – Als im Jahr 1994 einige Enthusiasten auf die Idee kamen, ein Erzeuger-Netzwerk zu gründen, wurden sie belächelt. „Niemand hat sich vorstellen können, dass das Netzwerk lange besteht“, erinnert sich Adriane Schua, Vorsitzende des Dachvereins „Unser Land“. Doch der Funke zündete. Mittlerweile besteht das Netzwerk seit 24 Jahren, ihm gehören Erzeuger von Weilheim bis Ebersberg und von Bad Tölz bis Augsburg an. Belächelt wird die Gemeinschaft schon lange nicht mehr. Am Montagabend wurde die Gemeinschaft im Tölzer Kurhaus mit dem Nachhaltigkeitspreis 2018 ausgezeichnet. Ebenso wie der Tannerhof in Bayrischzell, Roche Diagnostics in Penzberg und die Raiffeisenbank Holzkirchen-Otterfing.
„Unser Land“ ist inzwischen weit mehr als nur eine Erzeuger-Gemeinschaft: „Wir möchten die Menschen für regionale Kreisläufe sensibilisieren“, sagte Schua. Gartenfreunde können beispielsweise Sommeräcker pachten und zusehen, wie das eigene Gemüse und Obst wachsen: „Da bekommt man eine ganz andere Wertschätzung für Lebensmittel“, sagt Schua. Grundschüler bekommen die Möglichkeit, zu erkunden, welche Tiere und Pflanzen es auf Streuobstwiesen gibt. „Sehr fasziniert“ seien die Kinder immer auch vom Besuch beim Imker. Schua habe eindruckvoll dargelegt, wie sich die Solidargemeinschaft für ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeit einsetzt, befand Jury-Mitglied Andreas Roß vom Wirtschaftsforum Oberland, das den Preis gemeinsam mit der Standortmarketinggesellschaft (SMG) Miesbach verlieh.

Ebenfalls auf Nachhaltigkeit setzt die Raiffeisenbank Holzkirchen-Otterfing. Entstanden sei das Konzept während der Finanzkrise 2008, erläuterte Vorstandsvorsitzender Konrad Buckel. Die Bank habe überlegt, wie sie das Vertrauen der Kunden zurückgewinnen könne: „Das war bei uns die Geburtsstunde der Nachhaltigkeit.“ Als einzige Raiffeisenbank in Oberbayern beschäftigen die Holzkirchner vier Berater für nachhaltiges Investment. Kunden haben die Möglichkeit, ihr Geld in mehreren nachhaltigen Fonds anzulegen oder in Mikrofinanzfonds, die Klein-Kredite in Schwellen- und Entwicklungsländer vergeben. „Mit dem Geld soll die Hilfe zur Selbsthilfe gefördert werden“, sagte Buckel. Auch ihr eigenes freies Geld – um die 100 Millionen Euro – legen die Holzkirchner in nachhaltigen Fonds an. Ziel sei es, „die nachhaltigste Bank der Region zu sein“. Alexander Schmid lobte in seiner Laudatio vor allem den Fonds für Entwicklungsländer: „Der ist besonders interessant.“
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Nachhaltigkeit spielt auch beim Tannerhof in Bayrischzell eine große Rolle. Schon ihr Großvater sei ein Pionier der „Zurück-zur-Natur-Bewegung“ gewesen, sagt Geschäftsführerin Burgi von Mengershausen. Der Tannerhof ist nun das einzige zertifizierte Biohotel im Landkreis Miesbach. Nahezu alle verwendeten Lebensmittel sind „bio“, das Haus wird mit Ökostrom geheizt, die in den Gästezimmern angebotenen Seifen und Shampoos sind biozertifiziert, und geputzt wird mit ökologischen Reinigungsmitteln. „Wenn man in das Haus reinkommt, fühlt man sich entschleunigt“, sagte Alexander Schmid.
Eine Vielzahl von nachhaltigen Projekten bietet auch Roche Diagnostics in Penzberg an. Beispielsweise gibt es die Möglichkeit, das Wunsch-Fahrrad zu leasen. Auf dem Gelände stehen 800 Werks-Fahrräder. Seit Juni 2016 pendelt ein Shuttlebus vom Münchner Süden nach Penzberg. Die Mitarbeiter haben so die Möglichkeit, ihr Auto stehen zu lassen. Besonders stolz sei er auf die „maximal effiziente“ Abwasser-Reinigung, sagte der stellvertretende Werksleiter Josef Sturm. „Die Messlatte liegt bei einem international tätigen Konzern höher“, sagte Andreas Roß in seiner Laudatio. „Roche leistet aber sehr viel – auch dort, wo es nicht selbstverständlich ist.“
Zum ersten Mal vergaben die SMG Miesbach und das Wirtschaftsforum auch einen „Nachwuchspreis Nachhaltigkeit“. Ein Preis ging an die Azubis der Egerner Höfe in Rottach-Egern. „Unsere Vision ist, Plastikmüll so gut wie möglich zu verringern“, sagte Leopold Schiller. Eine der Ideen: Satt Trinkhalmen aus Plastik werden nun Strohhalme aus Bambus, Papier, Edelstahl oder Glas verwendet. „Das kommt gut an“, sagt Schiller. Darüber hinaus gab es noch viele weitere Vorschläge zur Plastik-Vermeidung. So gibt es nun Seifenspender statt kleine Duschgel-Päckchen, Getränke aus Zapfanlagen und Milch aus Mehrweg-Kannen. Von Andreas Roß und Alexander Schmid gab es eine Urkunde und einen Gutschein. |
Die zweite Preisträgerin ist Veronika Steinle von der Foundation Medicine in Penzberg, einer Tochtergesellschaft des Roche-Konzers. Die Firma erhält und verschickt pro Jahr etwa 10 000 Pakete mit Tumorproben. Steinle schlug vor, für den Versand Pakete zu verwenden, die zu 40 Prozent aus Gras bestehen. „Das Material ist einen Ticken teurer, spart aber Energie und Transportwege“, sagte Steinle. „Ein tolles Beispiel“, lobte Andreas Roß. „Wir wollen junge Leute ermuntern, mit guten Ideen an das Management heranzutreten. |