Hoteldebatte: Mehner zieht die Notbremse

Wer sich im Vorfeld bei den Tölzer Stadträten umgehört hatte, wusste, dass das zur Hälfte neu besetzte Gremium die Hotelplanung Wackersberger Höhe so nicht durchwinken würde. Genau so kam es. Bürgermeister Ingo Mehner musste die Notbremse ziehen und vertagen, um das Projekt zu retten.
Bad Tölz – Über 40 Seiten umfassten die Einwände, Stellungnahmen und ihre Prüfung, die das Bauamt des Rathauses nach der ersten Auslegung des Bebauungsplans Wackersberger Höhe gesammelt hatte. Naturschutz, Immissionsschutz, Höhere Landesplanung, Kanalanschluss und viele andere Themen waren darin thematisiert worden. Bauamtsleiter Christian Fürstberger gab Einwendern Recht, die moniert hatten, dass einige Gutachten (Artenschutz, Immissionsschutz, Oberflächenwasser) noch gar nicht eingeflossen seien. In dem Stadium des Bebauungsplans sei dies aber auch nicht erforderlich. Die entscheidende Abwägung folge ohnehin erst nach der zweiten Auslegung. „Sie beschließen hier nur den nächsten Verfahrensschritt. Wenn sie dort dann etwas lesen und nicht überzeugt sind, können wir immer noch eine Ehrenrunde drehen.“
Beschwichtigungs-Versuche vom Bauamtsleiter waren vergebens
Die Beschwichtigung half nichts. Zahlreiche vor allem neue Räte aus der Fraktion der Grünen und der CSU hatten Nachfragen und übten zum Teil massive und grundlegende Kritik an dem Hotel- Projekt. Wohin solle der Wanderparkplatz denn nun verlegt werden, wollte Moritz Saumweber (Grüne) wissen: „Wirklich rechts der Kurve nach der Steigung, sodass Eltern ihre Kinder über die Straße zum Waldkindergartens bringen müssen?“ Soweit er das sehe, parkten die Eltern doch sowieso eher auf dem Grünstreifen an der Straße, antwortete Fürstberger launig. Aber ja, es gebe wirklich 50 Meter weiter weg ein Grundstück, auf dem man einen Parkplatz schaffen könne.
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Den ersten Frontalangriff startete Doris Bigos (Grüne), die schlicht und einfach erklärte, sie könne keinen Beschluss fassen, wenn wichtige Punkte ungeklärt seien. Derzeit sei wohl eine zentrale Versickerung geplant. Bei so einem großen Komplex habe sie Sorge, dass der Hang in Richtung Tölz ins Rutschen kommt. Die Hangkante sei nahe. Sie wolle das Geologie-Gutachten gerne vor einem Beschluss sehen. Die Zeiten, wo Regenwasser einfach in den Graben abgeleitet werde, seien vorbei, versicherte Fürstberger. Dennoch, so Johanna Pfund (Grüne), fühle sie sich „uninformiert“. Boden und Wasser bereiteten ja wohl große Probleme. Ihr erschien auch das Baufenster nahe am Waldrand sehr „groß und riegelartig“.
Viele Räte aus Reihen der Grünen und der CSU übten massive Kritik
Dann trat Gabriele Frei (CSU) ans Mikrofon und stellte das geplante Hotelprojekt grundsätzlich in Frage. „Mir fehlt ein aktuelles Betreiberkonzept. Ich möchte Zahlen, Daten und Fakten haben.“ Keiner könne ihr sagen, wie viele Stockwerke der Bau habe, wie viele Zimmer, wie die Restauration geplant und wie groß die Betreiberwohnung sei. Schließlich gehe die Stadt dafür mit 1,2 bis 1,4 Millionen Euro beim Kanalbau in Vorleistung. „Da müssen wir doch wissen, was da passiert.“ Ein Hotel, so Fürstberger, „muss an den Kanal angeschlossen sein“. Auch sei es langfristig sinnvoll, dass dort oben ein Kanal liege. Nur weil Tölz eine hohe Anschlussquote besitze, sei es überhaupt möglich, dass einzelne Anwesen noch mit Kleinkläranlagen arbeiten. Es werde aber Übergangsfristen für den Anschluss der Nachbarn geben. Auch zinslose Stundungen der Kanalherstellungsbeiträge, die übrigens auch das Hotel zahlen müsse, seien angedacht.
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Anton Mayer (CSU), von Anfang an erklärter Hotelgegner, „stank es gewaltig“, dass immer nur von einer Betriebswohnung die Rede war, nun aber zwei im Bebauungsplan vorgesehen seien. Wie lange übe Bauherr Johannes Tien wohl seinen Hotelberuf dort oben aus, zweifelte der Landwirt an der Nachhaltigkeit. Er sprach bei der Diskussion im Stadtrat von „Überrumpelungstaktik“ des Rathauses und einer „Entscheidung ins Blinde hinein“.
Bürgermeister Ingo Mehner zog die Notbremse - Stimmung drohte zu kippen
Julia Dostthaler (CSU) ergänzte Mayers Ausführungen um die Frage, welchen Nutzen Tölz von dem Hotel als Garni haben werde. „Da entstehen keine qualifizierten Arbeitsplätze.“
Spannend wurde es, als Dritter Bürgermeister Christof Botzenhart (CSU), auch er stets ein Kritiker des Hotelprojekts, das Wort ergriff. Er könne schon verstehen, dass der zur Hälfte neue Stadtrat nicht in Mithaftung für Entscheidungen des alten Gremiums genommen werden wolle. Die neuen Räte, „die etwas anspruchsvoller als die alten sind“, könnten sich nur ein Bild von dem Projekt machen, wenn ihre Fragen wie etwa nach dem Betreiberkonzept, beantwortet würden. Johannes Tien soll das Vorhaben bitte im Stadtrat noch einmal vorstellen.
Bevor die Stimmung im Kurhaus ganz aus dem Ruder lief, zog Bürgermeister Ingo Mehner die Notbremse. Der alte Stadtrat sei zu 100 Prozent informiert gewesen, aber er könne verstehen, dass sich ein zur Hälfte neues Gremium nicht gut informiert fühle. Er wolle dem neuem Stadtrat keine Entscheidung aufdrücken, mit der er sich unwohl fühle. Der Bebauungsplanprozess werde nicht verzögert, da parallel einige Gutachten erstellt würden. Es wurde beschlossen, dass Tien das Projekt noch einmal, möglichst in der nächsten Sitzung Ende Juli, vorstellt und Fragen beantwortet.
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